Jugendfreunde. Zum Glück ist es noch Zeit. Der Herzog ist noch da und krank dazu, wie man mir er¬ zählte. Es wird einem Diplomaten von Eurer Ge¬ wandtheit nicht an einem Vorwande fehlen, den unter Eurem Zauber stehenden Herrn noch einige Zeit freund¬ schaftlich in Chur zurück zu halten. Kann er doch nicht in Person sein Heer nach Frankreich zurückführen! Schließen wir den Handel? Fuentes gegen den Herzog? Ihr schweigt? . . . . . Das gilt wohl bei Euch, wie bei gemalten Heiligen und schönen Frauen, als Ja."
Jenatsch hatte ihn mit wortloser, zorniger Verach¬ tung angehört: "Hebet Euch von dannen, Rudolf Planta," sagte er jetzt mit gedämpfter aber heftiger Stimme, "noch seid Ihr in Bünden vervehmt, und wer Euch hier betrifft, hat das Recht Euch niederzustoßen. Serbelloni weiß, daß ich mit Leuten Eures Schlages nicht unterhandle. Er kennt meine Bedingungen, von denen ich nicht um die Breite einer Degenklinge ab¬ weiche. Ich bin mit Spanien in Unterhandlung ge¬ treten, um die Freiheit und Würde meines Heimat¬ landes zu sichern; Ihr aber habt Euch darum nie ge¬ kümmert, sonst würdet Ihr mir eine solche Niedertracht nicht zumuthen. Serbelloni weiß nicht darum -- das schlägt in Euer Fach und ist ein Geschäft zu Eurem Vortheile. Ist es doch nicht das erste Mal, daß Ihr
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Jugendfreunde. Zum Glück iſt es noch Zeit. Der Herzog iſt noch da und krank dazu, wie man mir er¬ zählte. Es wird einem Diplomaten von Eurer Ge¬ wandtheit nicht an einem Vorwande fehlen, den unter Eurem Zauber ſtehenden Herrn noch einige Zeit freund¬ ſchaftlich in Chur zurück zu halten. Kann er doch nicht in Perſon ſein Heer nach Frankreich zurückführen! Schließen wir den Handel? Fuentes gegen den Herzog? Ihr ſchweigt? . . . . . Das gilt wohl bei Euch, wie bei gemalten Heiligen und ſchönen Frauen, als Ja.“
Jenatſch hatte ihn mit wortloſer, zorniger Verach¬ tung angehört: „Hebet Euch von dannen, Rudolf Planta,“ ſagte er jetzt mit gedämpfter aber heftiger Stimme, „noch ſeid Ihr in Bünden vervehmt, und wer Euch hier betrifft, hat das Recht Euch niederzuſtoßen. Serbelloni weiß, daß ich mit Leuten Eures Schlages nicht unterhandle. Er kennt meine Bedingungen, von denen ich nicht um die Breite einer Degenklinge ab¬ weiche. Ich bin mit Spanien in Unterhandlung ge¬ treten, um die Freiheit und Würde meines Heimat¬ landes zu ſichern; Ihr aber habt Euch darum nie ge¬ kümmert, ſonſt würdet Ihr mir eine ſolche Niedertracht nicht zumuthen. Serbelloni weiß nicht darum — das ſchlägt in Euer Fach und iſt ein Geſchäft zu Eurem Vortheile. Iſt es doch nicht das erſte Mal, daß Ihr
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Jugendfreunde. Zum Glück iſt es noch Zeit. Der
Herzog iſt noch da und krank dazu, wie man mir er¬
zählte. Es wird einem Diplomaten von Eurer Ge¬
wandtheit nicht an einem Vorwande fehlen, den unter
Eurem Zauber ſtehenden Herrn noch einige Zeit freund¬
ſchaftlich in Chur zurück zu halten. Kann er doch nicht
in Perſon ſein Heer nach Frankreich zurückführen!
Schließen wir den Handel? Fuentes gegen den Herzog?
Ihr ſchweigt? . . . . . Das gilt wohl bei Euch, wie
bei gemalten Heiligen und ſchönen Frauen, als Ja.“
Jenatſch hatte ihn mit wortloſer, zorniger Verach¬
tung angehört: „Hebet Euch von dannen, Rudolf
Planta,“ ſagte er jetzt mit gedämpfter aber heftiger
Stimme, „noch ſeid Ihr in Bünden vervehmt, und wer
Euch hier betrifft, hat das Recht Euch niederzuſtoßen.
Serbelloni weiß, daß ich mit Leuten Eures Schlages
nicht unterhandle. Er kennt meine Bedingungen, von
denen ich nicht um die Breite einer Degenklinge ab¬
weiche. Ich bin mit Spanien in Unterhandlung ge¬
treten, um die Freiheit und Würde meines Heimat¬
landes zu ſichern; Ihr aber habt Euch darum nie ge¬
kümmert, ſonſt würdet Ihr mir eine ſolche Niedertracht
nicht zumuthen. Serbelloni weiß nicht darum — das
ſchlägt in Euer Fach und iſt ein Geſchäft zu Eurem
Vortheile. Iſt es doch nicht das erſte Mal, daß Ihr
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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