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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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in ihn gedrungen, doch der Stadt Chur, welche ihm,
wie das ganze Land, so unendlich viel zu danken habe
und deren Ergebenheit gegen seine verehrte Person trotz
allen bösen Scheines immer dieselbe geblieben sei, doch
ja diese unaustilgliche Schmach nicht anzuthun, und
der Herzog fügte sich diesem aus einer wunderlichen
Gefühlsverwirrung hervorgehenden Wunsche, den er im
Stillen ironisch belächelte.

Als Lecques von dem Kammerdiener eingeführt
wurde, trat ihm Heinrich Rohan mit vornehmer Ruhe
entgegen und sprach ihm seine Anerkennung aus für
die Umsicht und Raschheit, womit er seinem Befehle
gemäß das Heer aus dem Veltlin zurückgeführt habe.

"Da das Unausweichliche geschehen mußte," fügte
er bei, "so war es ehrenhafter, daß es schnell geschah
-- und ich danke es Euch, daß Ihr meinen mir pein¬
lich werdenden Aufenthalt in Chur durch Euern schnellen
Marsch gekürzt habt."

Baron Lecques sah seinem General forschend in
das bleiche Angesicht und sagte mit einiger Schärfe:
"Meinerseits, erlauchter Herr, fürchtete ich durch meinen
schnellen Gehorsam die Interessen Frankreichs bloß ge¬
stellt zu haben. Es kann Euch nicht unbekannt sein,
daß Euer Sekretär aus Paris Gegenbefehl gebracht
hat; doch er ist, weil Ihr mir Eile befahlt, zu spät

in ihn gedrungen, doch der Stadt Chur, welche ihm,
wie das ganze Land, ſo unendlich viel zu danken habe
und deren Ergebenheit gegen ſeine verehrte Perſon trotz
allen böſen Scheines immer dieſelbe geblieben ſei, doch
ja dieſe unaustilgliche Schmach nicht anzuthun, und
der Herzog fügte ſich dieſem aus einer wunderlichen
Gefühlsverwirrung hervorgehenden Wunſche, den er im
Stillen ironiſch belächelte.

Als Lecques von dem Kammerdiener eingeführt
wurde, trat ihm Heinrich Rohan mit vornehmer Ruhe
entgegen und ſprach ihm ſeine Anerkennung aus für
die Umſicht und Raſchheit, womit er ſeinem Befehle
gemäß das Heer aus dem Veltlin zurückgeführt habe.

„Da das Unausweichliche geſchehen mußte,“ fügte
er bei, „ſo war es ehrenhafter, daß es ſchnell geſchah
— und ich danke es Euch, daß Ihr meinen mir pein¬
lich werdenden Aufenthalt in Chur durch Euern ſchnellen
Marſch gekürzt habt.“

Baron Lecques ſah ſeinem General forſchend in
das bleiche Angeſicht und ſagte mit einiger Schärfe:
„Meinerſeits, erlauchter Herr, fürchtete ich durch meinen
ſchnellen Gehorſam die Intereſſen Frankreichs bloß ge¬
ſtellt zu haben. Es kann Euch nicht unbekannt ſein,
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[331/0341] in ihn gedrungen, doch der Stadt Chur, welche ihm, wie das ganze Land, ſo unendlich viel zu danken habe und deren Ergebenheit gegen ſeine verehrte Perſon trotz allen böſen Scheines immer dieſelbe geblieben ſei, doch ja dieſe unaustilgliche Schmach nicht anzuthun, und der Herzog fügte ſich dieſem aus einer wunderlichen Gefühlsverwirrung hervorgehenden Wunſche, den er im Stillen ironiſch belächelte. Als Lecques von dem Kammerdiener eingeführt wurde, trat ihm Heinrich Rohan mit vornehmer Ruhe entgegen und ſprach ihm ſeine Anerkennung aus für die Umſicht und Raſchheit, womit er ſeinem Befehle gemäß das Heer aus dem Veltlin zurückgeführt habe. „Da das Unausweichliche geſchehen mußte,“ fügte er bei, „ſo war es ehrenhafter, daß es ſchnell geſchah — und ich danke es Euch, daß Ihr meinen mir pein¬ lich werdenden Aufenthalt in Chur durch Euern ſchnellen Marſch gekürzt habt.“ Baron Lecques ſah ſeinem General forſchend in das bleiche Angeſicht und ſagte mit einiger Schärfe: „Meinerſeits, erlauchter Herr, fürchtete ich durch meinen ſchnellen Gehorſam die Intereſſen Frankreichs bloß ge¬ ſtellt zu haben. Es kann Euch nicht unbekannt ſein, daß Euer Sekretär aus Paris Gegenbefehl gebracht hat; doch er iſt, weil Ihr mir Eile befahlt, zu ſpät

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/341>, abgerufen am 22.11.2024.