hat Euch das aufgebunden, Wertmüller," pflegte er zu scherzen, "um Euerm Argwohne gleich das stärkste Ge¬ würz vorzusetzen! Und gesteht nur, Ihr verdient etwas für Eure böse Zunge."
Am Verdächtigsten war dem Locotenenten die Keck¬ heit, mit der Jenatsch den Herzog über dessen eigene Stellung am französischen Hofe mit schmeichelnden Worten zu täuschen versuchte. Darüber mußte sich Heinrich Rohan doch selber im Klaren sein. Was konnte den Bündner dazu bewegen, fragte sich Wertmüller, wenn nicht die teuflische Absicht, den guten Herzog von allen Seiten mit Netzen der Täuschung und dämonischen Irrsals zu umspinnen, um den Sichergewordenen um so gewisser zu verderben? Und sein Haß gegen den Obersten stei¬ gerte sich ins Unglaubliche.
Priolo war unverrichteter Dinge von Paris zurück¬ gekommen -- Wertmüller nahm an, er sei in das Zö¬ gerungssystem des Kardinals eingeweiht und von diesem gewonnen -- und wurde mit neuen Briefen wieder weggesandt, welche die dringendsten Vorstellungen ent¬ hielten, doch ja die Unterzeichnung des für Frankreich verhältnißmäßig günstigen Vertrags nicht länger zu ver¬ zögern und die Bündner dadurch spanischen Anerbie¬ tungen zugänglich zu machen.
Kaum war Priolo abgereist, so berichtete der tapfere
hat Euch das aufgebunden, Wertmüller,“ pflegte er zu ſcherzen, „um Euerm Argwohne gleich das ſtärkſte Ge¬ würz vorzuſetzen! Und geſteht nur, Ihr verdient etwas für Eure böſe Zunge.“
Am Verdächtigſten war dem Locotenenten die Keck¬ heit, mit der Jenatſch den Herzog über deſſen eigene Stellung am franzöſiſchen Hofe mit ſchmeichelnden Worten zu täuſchen verſuchte. Darüber mußte ſich Heinrich Rohan doch ſelber im Klaren ſein. Was konnte den Bündner dazu bewegen, fragte ſich Wertmüller, wenn nicht die teufliſche Abſicht, den guten Herzog von allen Seiten mit Netzen der Täuſchung und dämoniſchen Irrſals zu umſpinnen, um den Sichergewordenen um ſo gewiſſer zu verderben? Und ſein Haß gegen den Oberſten ſtei¬ gerte ſich ins Unglaubliche.
Priolo war unverrichteter Dinge von Paris zurück¬ gekommen — Wertmüller nahm an, er ſei in das Zö¬ gerungsſyſtem des Kardinals eingeweiht und von dieſem gewonnen — und wurde mit neuen Briefen wieder weggeſandt, welche die dringendſten Vorſtellungen ent¬ hielten, doch ja die Unterzeichnung des für Frankreich verhältnißmäßig günſtigen Vertrags nicht länger zu ver¬ zögern und die Bündner dadurch ſpaniſchen Anerbie¬ tungen zugänglich zu machen.
Kaum war Priolo abgereiſt, ſo berichtete der tapfere
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hat Euch das aufgebunden, Wertmüller,“ pflegte er zu
ſcherzen, „um Euerm Argwohne gleich das ſtärkſte Ge¬
würz vorzuſetzen! Und geſteht nur, Ihr verdient etwas
für Eure böſe Zunge.“
Am Verdächtigſten war dem Locotenenten die Keck¬
heit, mit der Jenatſch den Herzog über deſſen eigene
Stellung am franzöſiſchen Hofe mit ſchmeichelnden Worten
zu täuſchen verſuchte. Darüber mußte ſich Heinrich Rohan
doch ſelber im Klaren ſein. Was konnte den Bündner
dazu bewegen, fragte ſich Wertmüller, wenn nicht die
teufliſche Abſicht, den guten Herzog von allen Seiten
mit Netzen der Täuſchung und dämoniſchen Irrſals zu
umſpinnen, um den Sichergewordenen um ſo gewiſſer
zu verderben? Und ſein Haß gegen den Oberſten ſtei¬
gerte ſich ins Unglaubliche.
Priolo war unverrichteter Dinge von Paris zurück¬
gekommen — Wertmüller nahm an, er ſei in das Zö¬
gerungsſyſtem des Kardinals eingeweiht und von dieſem
gewonnen — und wurde mit neuen Briefen wieder
weggeſandt, welche die dringendſten Vorſtellungen ent¬
hielten, doch ja die Unterzeichnung des für Frankreich
verhältnißmäßig günſtigen Vertrags nicht länger zu ver¬
zögern und die Bündner dadurch ſpaniſchen Anerbie¬
tungen zugänglich zu machen.
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/313>, abgerufen am 22.11.2024.
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