noch andere in den herzoglichen Gemächern nicht ver¬ wendbare, geheime Wissenschaften, die er seinen gründ¬ lich getriebenen mathematischen und physikalischen Studien verdankte. Es waren Kartenkünste und Zauberstücke, die dem Locotenenten in den untersten Schichten seines Wirkungskreises den ernstgemeinten Ruf eines Hexen¬ meisters eintrugen, eine Auszeichnung, die ihm behagte, die aber in Regionen, wo der Weg aus dem erschreck¬ ten Kopfe in die derbe Faust ein kurzer ist, mit man¬ cher Leibesgefahr verbunden war.
Diese nächtlichen Anfälle und Handgemenge reizten übrigens die kaltblütige Tapferkeit des Locotenenten mehr, als daß sie ihn von seiner tollen Kurzweil ab¬ gebracht hätten. Auch wußte er sich immer glücklich daraus zu ziehen, und so rasch, daß seine militärische Ehre nie Schaden litt und die Verwirrung der Geister und die Arbeit der Fäuste erst dann ihren Höhepunkt erreichte, wenn er schon in den stillen Räumen des Sprecherschen Hauses an den herzoglichen Gemächern vorüber auf den Zehen seiner Kammer zuschritt.
Der Herzog, welchem Wertmüller mit unbedingter Treue und rastlosem Diensteifer ergeben war, und der ihm deshalb vieles nachsah, beunruhigte er ohne Unter¬ laß durch seine scharfsinnigen Entdeckungen und war¬ nenden Berichte. Wahrlich, er schien es darauf anzu¬
noch andere in den herzoglichen Gemächern nicht ver¬ wendbare, geheime Wiſſenſchaften, die er ſeinen gründ¬ lich getriebenen mathematiſchen und phyſikaliſchen Studien verdankte. Es waren Kartenkünſte und Zauberſtücke, die dem Locotenenten in den unterſten Schichten ſeines Wirkungskreiſes den ernſtgemeinten Ruf eines Hexen¬ meiſters eintrugen, eine Auszeichnung, die ihm behagte, die aber in Regionen, wo der Weg aus dem erſchreck¬ ten Kopfe in die derbe Fauſt ein kurzer iſt, mit man¬ cher Leibesgefahr verbunden war.
Dieſe nächtlichen Anfälle und Handgemenge reizten übrigens die kaltblütige Tapferkeit des Locotenenten mehr, als daß ſie ihn von ſeiner tollen Kurzweil ab¬ gebracht hätten. Auch wußte er ſich immer glücklich daraus zu ziehen, und ſo raſch, daß ſeine militäriſche Ehre nie Schaden litt und die Verwirrung der Geiſter und die Arbeit der Fäuſte erſt dann ihren Höhepunkt erreichte, wenn er ſchon in den ſtillen Räumen des Sprecherſchen Hauſes an den herzoglichen Gemächern vorüber auf den Zehen ſeiner Kammer zuſchritt.
Der Herzog, welchem Wertmüller mit unbedingter Treue und raſtloſem Dienſteifer ergeben war, und der ihm deshalb vieles nachſah, beunruhigte er ohne Unter¬ laß durch ſeine ſcharfſinnigen Entdeckungen und war¬ nenden Berichte. Wahrlich, er ſchien es darauf anzu¬
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noch andere in den herzoglichen Gemächern nicht ver¬
wendbare, geheime Wiſſenſchaften, die er ſeinen gründ¬
lich getriebenen mathematiſchen und phyſikaliſchen Studien
verdankte. Es waren Kartenkünſte und Zauberſtücke,
die dem Locotenenten in den unterſten Schichten ſeines
Wirkungskreiſes den ernſtgemeinten Ruf eines Hexen¬
meiſters eintrugen, eine Auszeichnung, die ihm behagte,
die aber in Regionen, wo der Weg aus dem erſchreck¬
ten Kopfe in die derbe Fauſt ein kurzer iſt, mit man¬
cher Leibesgefahr verbunden war.
Dieſe nächtlichen Anfälle und Handgemenge reizten
übrigens die kaltblütige Tapferkeit des Locotenenten
mehr, als daß ſie ihn von ſeiner tollen Kurzweil ab¬
gebracht hätten. Auch wußte er ſich immer glücklich
daraus zu ziehen, und ſo raſch, daß ſeine militäriſche
Ehre nie Schaden litt und die Verwirrung der Geiſter
und die Arbeit der Fäuſte erſt dann ihren Höhepunkt
erreichte, wenn er ſchon in den ſtillen Räumen des
Sprecherſchen Hauſes an den herzoglichen Gemächern
vorüber auf den Zehen ſeiner Kammer zuſchritt.
Der Herzog, welchem Wertmüller mit unbedingter
Treue und raſtloſem Dienſteifer ergeben war, und der
ihm deshalb vieles nachſah, beunruhigte er ohne Unter¬
laß durch ſeine ſcharfſinnigen Entdeckungen und war¬
nenden Berichte. Wahrlich, er ſchien es darauf anzu¬
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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