Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.sie dem Alten, der sie fragend ansah und nur zögernd Die Nonne hatte sich erhoben und eine still be¬ Rasche Schritte näherten sich und Georg Jenatsch Schwester Perpetua betrachtete mit einem Ausdrucke Kein Kainszeichen war auf der hohen offenen Das von Perpetua sehnlich erwartete Gespräch ſie dem Alten, der ſie fragend anſah und nur zögernd Die Nonne hatte ſich erhoben und eine ſtill be¬ Raſche Schritte näherten ſich und Georg Jenatſch Schweſter Perpetua betrachtete mit einem Ausdrucke Kein Kainszeichen war auf der hohen offenen Das von Perpetua ſehnlich erwartete Geſpräch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0297" n="287"/> ſie dem Alten, der ſie fragend anſah und nur zögernd<lb/> gehorchte.</p><lb/> <p>Die Nonne hatte ſich erhoben und eine ſtill be¬<lb/> obachtende Stellung in der tiefen Fenſterniſche ein¬<lb/> genommen. Dort lag auf der Bank ihr Nachtmantel;<lb/> ſie ſtrich ihn zurecht, aber legte ihn nicht um.</p><lb/> <p>Raſche Schritte näherten ſich und Georg Jenatſch<lb/> ſtand vor Lucretia mit entſchloſſenem freudigen Antlitz<lb/> und grüßte ſie als Bekannte, doch mit großer Ehrer¬<lb/> bietung.</p><lb/> <p>Schweſter Perpetua betrachtete mit einem Ausdrucke<lb/> frommer Einfalt, aber den ſchärfſten Blicken ihrer halb¬<lb/> geſchloſſenen Augen die beiden großen Geſtalten — und<lb/> ſie wunderte ſich.</p><lb/> <p>Kein Kainszeichen war auf der hohen offenen<lb/> Stirn des Oberſten zu entdecken, und — merkwürdig<lb/> — das Fräulein ſtand neben ihm mit ſtrahlenden<lb/> Augen, kühn und trotzig, wie einſt Herr Pompejus<lb/> geblickt, und ſchien zur Höhe ihres gewaltigen Feindes<lb/> emporzuwachſen.</p><lb/> <p>Das von Perpetua ſehnlich erwartete Geſpräch<lb/> jedoch begann nicht. Die Schloßherrin richtete das<lb/> Wort an Lucas, der mit drohender Miene an der<lb/> Thüre ſtehen geblieben war: „Die fromme Schweſter<lb/> begehrt nach Haus. Die Nacht iſt dunkel und der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [287/0297]
ſie dem Alten, der ſie fragend anſah und nur zögernd
gehorchte.
Die Nonne hatte ſich erhoben und eine ſtill be¬
obachtende Stellung in der tiefen Fenſterniſche ein¬
genommen. Dort lag auf der Bank ihr Nachtmantel;
ſie ſtrich ihn zurecht, aber legte ihn nicht um.
Raſche Schritte näherten ſich und Georg Jenatſch
ſtand vor Lucretia mit entſchloſſenem freudigen Antlitz
und grüßte ſie als Bekannte, doch mit großer Ehrer¬
bietung.
Schweſter Perpetua betrachtete mit einem Ausdrucke
frommer Einfalt, aber den ſchärfſten Blicken ihrer halb¬
geſchloſſenen Augen die beiden großen Geſtalten — und
ſie wunderte ſich.
Kein Kainszeichen war auf der hohen offenen
Stirn des Oberſten zu entdecken, und — merkwürdig
— das Fräulein ſtand neben ihm mit ſtrahlenden
Augen, kühn und trotzig, wie einſt Herr Pompejus
geblickt, und ſchien zur Höhe ihres gewaltigen Feindes
emporzuwachſen.
Das von Perpetua ſehnlich erwartete Geſpräch
jedoch begann nicht. Die Schloßherrin richtete das
Wort an Lucas, der mit drohender Miene an der
Thüre ſtehen geblieben war: „Die fromme Schweſter
begehrt nach Haus. Die Nacht iſt dunkel und der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |