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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Jenatsch sei. Ich hatte nun, wie ich Euch, mein edler
Herr, schon gestern andeutete, auf die Dienste des selben
Mannes für meinen bevorstehenden Feldzug in Bünden
gezählt und mir davon bei seinem militärischen Talent
und seiner mir höchst werthvollen Kenntniß seines Vater¬
landes großen Vortheil versprochen. Ihr seht ein, wie
sehr mir daran liegen muß, zu erfahren, welcher Ueber¬
tretung des Gesetzes er sich schuldig gemacht, und, wenn
sein Verbrechen kein schweres und schmachvolles ist, mein
Fürwort für ihn einzulegen."

"Niemand ist williger Euch zu dienen als ich,
erlauchter Herr," antwortete Grimani, "und in Wahr¬
heit glaubte ich gerade Euch einen nicht geringen Dienst
zu leisten, wenn ich diesen mir schon längst verdächtigen
Menschen, in dem die Keime vieler Gefahren liegen,
jetzt da er sich durch eine blutige That in meine Hand
gegeben hat, auf die Seite räumte. Er ist, wie Ihr
aus der aktenmäßigen Darstellung erfahren werdet, dem
Wortlaute unseres Gesetzes nach der Todesstrafe ver¬
fallen. Ob ich ihn, mildernde Umstände annehmend,
begnadigen will, das steht vollkommen in meiner Will¬
kür. Ist dies Euer Verlangen an mich, so werdet Ihr
keine Weigerung erfahren; aber höret vorher gütig an,
was ich von dieser Persönlichkeit denke. -- Den Vorfall
selbst bitte ich meinen würdigen Freund Waser Euch zu

Jenatſch ſei. Ich hatte nun, wie ich Euch, mein edler
Herr, ſchon geſtern andeutete, auf die Dienſte des ſelben
Mannes für meinen bevorſtehenden Feldzug in Bünden
gezählt und mir davon bei ſeinem militäriſchen Talent
und ſeiner mir höchſt werthvollen Kenntniß ſeines Vater¬
landes großen Vortheil verſprochen. Ihr ſeht ein, wie
ſehr mir daran liegen muß, zu erfahren, welcher Ueber¬
tretung des Geſetzes er ſich ſchuldig gemacht, und, wenn
ſein Verbrechen kein ſchweres und ſchmachvolles iſt, mein
Fürwort für ihn einzulegen.“

„Niemand iſt williger Euch zu dienen als ich,
erlauchter Herr,“ antwortete Grimani, „und in Wahr¬
heit glaubte ich gerade Euch einen nicht geringen Dienſt
zu leiſten, wenn ich dieſen mir ſchon längſt verdächtigen
Menſchen, in dem die Keime vieler Gefahren liegen,
jetzt da er ſich durch eine blutige That in meine Hand
gegeben hat, auf die Seite räumte. Er iſt, wie Ihr
aus der aktenmäßigen Darſtellung erfahren werdet, dem
Wortlaute unſeres Geſetzes nach der Todesſtrafe ver¬
fallen. Ob ich ihn, mildernde Umſtände annehmend,
begnadigen will, das ſteht vollkommen in meiner Will¬
kür. Iſt dies Euer Verlangen an mich, ſo werdet Ihr
keine Weigerung erfahren; aber höret vorher gütig an,
was ich von dieſer Perſönlichkeit denke. — Den Vorfall
ſelbſt bitte ich meinen würdigen Freund Waſer Euch zu

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[198/0208] Jenatſch ſei. Ich hatte nun, wie ich Euch, mein edler Herr, ſchon geſtern andeutete, auf die Dienſte des ſelben Mannes für meinen bevorſtehenden Feldzug in Bünden gezählt und mir davon bei ſeinem militäriſchen Talent und ſeiner mir höchſt werthvollen Kenntniß ſeines Vater¬ landes großen Vortheil verſprochen. Ihr ſeht ein, wie ſehr mir daran liegen muß, zu erfahren, welcher Ueber¬ tretung des Geſetzes er ſich ſchuldig gemacht, und, wenn ſein Verbrechen kein ſchweres und ſchmachvolles iſt, mein Fürwort für ihn einzulegen.“ „Niemand iſt williger Euch zu dienen als ich, erlauchter Herr,“ antwortete Grimani, „und in Wahr¬ heit glaubte ich gerade Euch einen nicht geringen Dienſt zu leiſten, wenn ich dieſen mir ſchon längſt verdächtigen Menſchen, in dem die Keime vieler Gefahren liegen, jetzt da er ſich durch eine blutige That in meine Hand gegeben hat, auf die Seite räumte. Er iſt, wie Ihr aus der aktenmäßigen Darſtellung erfahren werdet, dem Wortlaute unſeres Geſetzes nach der Todesſtrafe ver¬ fallen. Ob ich ihn, mildernde Umſtände annehmend, begnadigen will, das ſteht vollkommen in meiner Will¬ kür. Iſt dies Euer Verlangen an mich, ſo werdet Ihr keine Weigerung erfahren; aber höret vorher gütig an, was ich von dieſer Perſönlichkeit denke. — Den Vorfall ſelbſt bitte ich meinen würdigen Freund Waſer Euch zu

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/208>, abgerufen am 21.11.2024.