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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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lichen Zahlen und nach den bekannten Gesetzen. Frank¬
reich und Schweden verschaffen den deutschen Protestan¬
ten die von ihnen so heftig begehrte evangelische Frei¬
heit, aber die beiden Gönner werden sich diesen Liebes¬
dienst mit fetten Stücken deutschen Landes nach Gebühr
bezahlen lassen."

"Wie, junger Freund," sprach der Bündner auf¬
merksam werdend, "von schmählichem Länderraube muß
ich Euch reden hören wie von alltäglichem Schacher?
Euch, einen Schweizer! -- Schämt Euch, Wertmüller,
. . . müßt' ich sagen, wenn ich es für Euren Ernst hielte! --
Und das nennt Ihr den geregelten Lauf der Dinge?
Ihr anerkennt das Recht des Stärkern in seiner rohe¬
sten seelenlosesten Gestalt und leugnet seine göttliche
Erscheinung in der Macht der Persönlichkeit?"

Hier blickte Wertmüller mit einem unmerklichen
Zuge des Hohns zu ihm auf und ließ einen leisen
Pfiff hören. Die vor ihm sitzende nach seinen Be¬
griffen immerhin schwankende und zweideutige Persön¬
lichkeit schien ihm wenig berufen, in die Weltgeschicke
einzugreifen.

Der andere aber maß ihn mit einem zornigen
Blicke. "Ihr mißversteht mich kläglich," sagte er, "wenn
Ihr meint, ich denke an die vom Boden abgelöste Per¬
sönlichkeit des einzelnen Mannes, wie sie entwurzelt

lichen Zahlen und nach den bekannten Geſetzen. Frank¬
reich und Schweden verſchaffen den deutſchen Proteſtan¬
ten die von ihnen ſo heftig begehrte evangeliſche Frei¬
heit, aber die beiden Gönner werden ſich dieſen Liebes¬
dienſt mit fetten Stücken deutſchen Landes nach Gebühr
bezahlen laſſen.“

„Wie, junger Freund,“ ſprach der Bündner auf¬
merkſam werdend, „von ſchmählichem Länderraube muß
ich Euch reden hören wie von alltäglichem Schacher?
Euch, einen Schweizer! — Schämt Euch, Wertmüller,
. . . müßt' ich ſagen, wenn ich es für Euren Ernſt hielte! —
Und das nennt Ihr den geregelten Lauf der Dinge?
Ihr anerkennt das Recht des Stärkern in ſeiner rohe¬
ſten ſeelenloſeſten Geſtalt und leugnet ſeine göttliche
Erſcheinung in der Macht der Perſönlichkeit?“

Hier blickte Wertmüller mit einem unmerklichen
Zuge des Hohns zu ihm auf und ließ einen leiſen
Pfiff hören. Die vor ihm ſitzende nach ſeinen Be¬
griffen immerhin ſchwankende und zweideutige Perſön¬
lichkeit ſchien ihm wenig berufen, in die Weltgeſchicke
einzugreifen.

Der andere aber maß ihn mit einem zornigen
Blicke. „Ihr mißverſteht mich kläglich,“ ſagte er, „wenn
Ihr meint, ich denke an die vom Boden abgelöſte Per¬
ſönlichkeit des einzelnen Mannes, wie ſie entwurzelt

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[154/0164] lichen Zahlen und nach den bekannten Geſetzen. Frank¬ reich und Schweden verſchaffen den deutſchen Proteſtan¬ ten die von ihnen ſo heftig begehrte evangeliſche Frei¬ heit, aber die beiden Gönner werden ſich dieſen Liebes¬ dienſt mit fetten Stücken deutſchen Landes nach Gebühr bezahlen laſſen.“ „Wie, junger Freund,“ ſprach der Bündner auf¬ merkſam werdend, „von ſchmählichem Länderraube muß ich Euch reden hören wie von alltäglichem Schacher? Euch, einen Schweizer! — Schämt Euch, Wertmüller, . . . müßt' ich ſagen, wenn ich es für Euren Ernſt hielte! — Und das nennt Ihr den geregelten Lauf der Dinge? Ihr anerkennt das Recht des Stärkern in ſeiner rohe¬ ſten ſeelenloſeſten Geſtalt und leugnet ſeine göttliche Erſcheinung in der Macht der Perſönlichkeit?“ Hier blickte Wertmüller mit einem unmerklichen Zuge des Hohns zu ihm auf und ließ einen leiſen Pfiff hören. Die vor ihm ſitzende nach ſeinen Be¬ griffen immerhin ſchwankende und zweideutige Perſön¬ lichkeit ſchien ihm wenig berufen, in die Weltgeſchicke einzugreifen. Der andere aber maß ihn mit einem zornigen Blicke. „Ihr mißverſteht mich kläglich,“ ſagte er, „wenn Ihr meint, ich denke an die vom Boden abgelöſte Per¬ ſönlichkeit des einzelnen Mannes, wie ſie entwurzelt

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/164>, abgerufen am 21.11.2024.