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Meyer, Edmund: Alte Geschichte. Berlin, 1890 (= Leitfaden der Geschichte in Tabellenform, Bd. 1)

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In letzterer hat sich die Erdrinde durch Ablagerungen oder Niederschläge
aus Wasser, d. h. durch sog. Sedimente, gebildet; sie weist daher eine An-
zahl deutlich unterschiedener Gesteinschichten auf, die horizontal gelagert sind,
wenn sie nicht durch vulkanische Eruptionen, die ältere (Ur-) Gesteinarten
emporhoben, durchbrochen sind und eine schräge Lage erhalten haben.
Diese sog. sedimentären Formationen der 2. geologischen Hauptperiode
zeigen die Spuren organischen Lebens in Versteinerungen von Pflanzen und
Tieren. Nach diesen sog. Petrefacten hat man 5 Perioden in der Bildung
der Erdrinde feststellen können:

1. die palaeozoische,
2. die mesozoische,
3. die tertiäre,
4. die quaternäre oder diluviale,1)
5. die recente oder alluviale, welche noch in der Bildung begriffen ist.

Die tertiäre Periode wird von der quaternären durch die sog. Eis- oder
Glacialzeit geschieden, in welcher durch noch nicht aufgeklärte Ursachen
eine Veränderung des Klimas in der Art eintrat, dass die früher tropisch
warmen nördlichen Zonen sich in Europa und Nordamerika mit gewaltigen
Gletschern bedeckten, die in dem damals noch anders gestalteten Europa von
den Alpen, von Skandinavien, den Gebirgen Englands und Schottlands sowie
in geringerem Masse von den Vogesen, dem Schwarzwalde und dem Harze
ausgingen und z. t. weit nach Süden reichten.2) Diese Vergletscherung erfuhr
einen Rückgang, um dann von neuem wieder vorzudringen, bis sie auf ihre
heutige Grenze zurückgedrängt wurde. Diese kann den früheren Veränderungen
gegenüber als beständig gelten, wenn auch noch in historischer Zeit so er-
hebliche Änderungen eintraten, dass mehrfach früher begangene Alpenstrassen
jetzt von Gletschern bedeckt sind.

§ 5.

Dass der Mensch in der diluvialen Zeit bereits existiert hat, ist aus
Funden unzweifelhaft; fraglich ist nur, ob er auch schon in der Tertiär-
zeit vorhanden war. Eine Anzahl angesehener Forscher nehmen das letztere
an, und einer der bedeutendsten, der auch in Deutschland geschätzte Franzose
A. de Quatrefages, löst auf Grund dieser Annahme die drei in § 3 auf-
gestellten Fragen folgendermassen.3)

1. Unsere Rassen haben sich aus der gelben entwickelt: der Urmensch
würde schwerlich als solcher im Gegensatz zu dem jetzt lebenden zu erkennen
sein, nur dass er vermutlich rote Haare hatte und sich durch ein starkes
Hervortreten der Unterkiefer auszeichnete. Seine Sprache war wahrscheinlich
eine monosyllabe.

2. Sein Erscheinungsgebiet ist demnach etwa im Mittelpunkt des Verbrei-
tungsgebietes der mongolischen Rasse anzunehmen, wohl in Nordsibirien,
none
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none 1) Man setzte früher in diese die Sündflut (eigentl. Sint- d. h. allgemeine, grosse Flut), lat.
diluvium, die nach neueren Forschungen vielleicht nur eine partielle Überschwemmung der
Euphrat- und Tigrisniederung -war.
none 2) Eine Karte dieser Gletscher in Petermanns Mitteil. a. d. Geogr. 1878, Taf. 6.
none 3) S. dessen "Hommes fossiles et hommes sauvages". Paris, 1884.
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In letzterer hat sich die Erdrinde durch Ablagerungen oder Niederschläge
aus Wasser, d. h. durch sog. Sedimente, gebildet; sie weist daher eine An-
zahl deutlich unterschiedener Gesteinschichten auf, die horizontal gelagert sind,
wenn sie nicht durch vulkanische Eruptionen, die ältere (Ur-) Gesteinarten
emporhoben, durchbrochen sind und eine schräge Lage erhalten haben.
Diese sog. sedimentären Formationen der 2. geologischen Hauptperiode
zeigen die Spuren organischen Lebens in Versteinerungen von Pflanzen und
Tieren. Nach diesen sog. Petrefacten hat man 5 Perioden in der Bildung
der Erdrinde feststellen können:

1. die palaeozoïsche,
2. die mesozoïsche,
3. die tertiäre,
4. die quaternäre oder diluviale,1)
5. die recente oder alluviale, welche noch in der Bildung begriffen ist.

Die tertiäre Periode wird von der quaternären durch die sog. Eis- oder
Glacialzeit geschieden, in welcher durch noch nicht aufgeklärte Ursachen
eine Veränderung des Klimas in der Art eintrat, daſs die früher tropisch
warmen nördlichen Zonen sich in Europa und Nordamerika mit gewaltigen
Gletschern bedeckten, die in dem damals noch anders gestalteten Europa von
den Alpen, von Skandinavien, den Gebirgen Englands und Schottlands sowie
in geringerem Maſse von den Vogesen, dem Schwarzwalde und dem Harze
ausgingen und z. t. weit nach Süden reichten.2) Diese Vergletscherung erfuhr
einen Rückgang, um dann von neuem wieder vorzudringen, bis sie auf ihre
heutige Grenze zurückgedrängt wurde. Diese kann den früheren Veränderungen
gegenüber als beständig gelten, wenn auch noch in historischer Zeit so er-
hebliche Änderungen eintraten, daſs mehrfach früher begangene Alpenstraſsen
jetzt von Gletschern bedeckt sind.

§ 5.

Daſs der Mensch in der diluvialen Zeit bereits existiert hat, ist aus
Funden unzweifelhaft; fraglich ist nur, ob er auch schon in der Tertiär-
zeit vorhanden war. Eine Anzahl angesehener Forscher nehmen das letztere
an, und einer der bedeutendsten, der auch in Deutschland geschätzte Franzose
A. de Quatrefages, löst auf Grund dieser Annahme die drei in § 3 auf-
gestellten Fragen folgendermaſsen.3)

1. Unsere Rassen haben sich aus der gelben entwickelt: der Urmensch
würde schwerlich als solcher im Gegensatz zu dem jetzt lebenden zu erkennen
sein, nur daſs er vermutlich rote Haare hatte und sich durch ein starkes
Hervortreten der Unterkiefer auszeichnete. Seine Sprache war wahrscheinlich
eine monosyllabe.

2. Sein Erscheinungsgebiet ist demnach etwa im Mittelpunkt des Verbrei-
tungsgebietes der mongolischen Rasse anzunehmen, wohl in Nordsibirien,
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none 1) Man setzte früher in diese die Sündflut (eigentl. Sint- d. h. allgemeine, groſse Flut), lat.
diluvium, die nach neueren Forschungen vielleicht nur eine partielle Überschwemmung der
Euphrat- und Tigrisniederung -war.
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none 3) S. dessen „Hommes fossiles et hommes sauvages“. Paris, 1884.
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[— 3 —/0013] In letzterer hat sich die Erdrinde durch Ablagerungen oder Niederschläge aus Wasser, d. h. durch sog. Sedimente, gebildet; sie weist daher eine An- zahl deutlich unterschiedener Gesteinschichten auf, die horizontal gelagert sind, wenn sie nicht durch vulkanische Eruptionen, die ältere (Ur-) Gesteinarten emporhoben, durchbrochen sind und eine schräge Lage erhalten haben. Diese sog. sedimentären Formationen der 2. geologischen Hauptperiode zeigen die Spuren organischen Lebens in Versteinerungen von Pflanzen und Tieren. Nach diesen sog. Petrefacten hat man 5 Perioden in der Bildung der Erdrinde feststellen können: 1. die palaeozoïsche, 2. die mesozoïsche, 3. die tertiäre, 4. die quaternäre oder diluviale,1) 5. die recente oder alluviale, welche noch in der Bildung begriffen ist. Die tertiäre Periode wird von der quaternären durch die sog. Eis- oder Glacialzeit geschieden, in welcher durch noch nicht aufgeklärte Ursachen eine Veränderung des Klimas in der Art eintrat, daſs die früher tropisch warmen nördlichen Zonen sich in Europa und Nordamerika mit gewaltigen Gletschern bedeckten, die in dem damals noch anders gestalteten Europa von den Alpen, von Skandinavien, den Gebirgen Englands und Schottlands sowie in geringerem Maſse von den Vogesen, dem Schwarzwalde und dem Harze ausgingen und z. t. weit nach Süden reichten.2) Diese Vergletscherung erfuhr einen Rückgang, um dann von neuem wieder vorzudringen, bis sie auf ihre heutige Grenze zurückgedrängt wurde. Diese kann den früheren Veränderungen gegenüber als beständig gelten, wenn auch noch in historischer Zeit so er- hebliche Änderungen eintraten, daſs mehrfach früher begangene Alpenstraſsen jetzt von Gletschern bedeckt sind. § 5. Daſs der Mensch in der diluvialen Zeit bereits existiert hat, ist aus Funden unzweifelhaft; fraglich ist nur, ob er auch schon in der Tertiär- zeit vorhanden war. Eine Anzahl angesehener Forscher nehmen das letztere an, und einer der bedeutendsten, der auch in Deutschland geschätzte Franzose A. de Quatrefages, löst auf Grund dieser Annahme die drei in § 3 auf- gestellten Fragen folgendermaſsen.3) 1. Unsere Rassen haben sich aus der gelben entwickelt: der Urmensch würde schwerlich als solcher im Gegensatz zu dem jetzt lebenden zu erkennen sein, nur daſs er vermutlich rote Haare hatte und sich durch ein starkes Hervortreten der Unterkiefer auszeichnete. Seine Sprache war wahrscheinlich eine monosyllabe. 2. Sein Erscheinungsgebiet ist demnach etwa im Mittelpunkt des Verbrei- tungsgebietes der mongolischen Rasse anzunehmen, wohl in Nordsibirien, none none none none 1) Man setzte früher in diese die Sündflut (eigentl. Sint- d. h. allgemeine, groſse Flut), lat. diluvium, die nach neueren Forschungen vielleicht nur eine partielle Überschwemmung der Euphrat- und Tigrisniederung -war. none 2) Eine Karte dieser Gletscher in Petermanns Mitteil. a. d. Geogr. 1878, Taf. 6. none 3) S. dessen „Hommes fossiles et hommes sauvages“. Paris, 1884. 1*

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Zitationshilfe: Meyer, Edmund: Alte Geschichte. Berlin, 1890 (= Leitfaden der Geschichte in Tabellenform, Bd. 1), S. — 3 —. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_geschichte_1890/13>, abgerufen am 06.06.2024.