Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Weib des Admirals.
Auf mondenhellem Lager wälzt ein Weib,
Ein schlummerloses, sich: "O banger Pfühl!
Auch du, mein sorgender Gemahl, du wachst!
Wer dürfte schlafen? Horch, die Folter stöhnt ...
Erwürgte modern ohne Leichentuch,
Sieh unser Linnen, Chatillon, wie fein!
Gen Himmel schreit der Märtrer frommes Blut,
Ich schreie, Herr, in deinen Armen mit!
Mein Held, ich rede Zeugniß gegen dich
Vor Gott, entrollest du dein Banner nicht!"
Sie schweigt in düstrer Glut. Er sinnt und sagt:
"Erwäge, Weib, die Schrecken die du wählst!
Dies Haus in Rauch und Trümmern! Dies mein Haupt
Verfehmt, dem Meuchelmord gezeigt -- geraubt!
Entehrt dies Wappen von des Henkers Hand!
Du mit den Knaben bettelnd auf der Flucht!
Wählst du dir Solches? Nimm drei Tage Frist!"
-- "Drei Tage Frist? Sie sind vorbei. Brich auf!"

Das Weib des Admirals.
Auf mondenhellem Lager wälzt ein Weib,
Ein ſchlummerloſes, ſich: „O banger Pfühl!
Auch du, mein ſorgender Gemahl, du wachſt!
Wer dürfte ſchlafen? Horch, die Folter ſtöhnt ...
Erwürgte modern ohne Leichentuch,
Sieh unſer Linnen, Chatillon, wie fein!
Gen Himmel ſchreit der Märtrer frommes Blut,
Ich ſchreie, Herr, in deinen Armen mit!
Mein Held, ich rede Zeugniß gegen dich
Vor Gott, entrolleſt du dein Banner nicht!“
Sie ſchweigt in düſtrer Glut. Er ſinnt und ſagt:
„Erwäge, Weib, die Schrecken die du wählſt!
Dies Haus in Rauch und Trümmern! Dies mein Haupt
Verfehmt, dem Meuchelmord gezeigt — geraubt!
Entehrt dies Wappen von des Henkers Hand!
Du mit den Knaben bettelnd auf der Flucht!
Wählſt du dir Solches? Nimm drei Tage Friſt!“
— „Drei Tage Friſt? Sie ſind vorbei. Brich auf!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0332" n="318"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das Weib des Admirals.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <l>Auf mondenhellem Lager wälzt ein Weib,</l><lb/>
            <l>Ein &#x017F;chlummerlo&#x017F;es, &#x017F;ich: &#x201E;O banger Pfühl!</l><lb/>
            <l>Auch du, mein &#x017F;orgender Gemahl, du wach&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Wer dürfte &#x017F;chlafen? Horch, die Folter &#x017F;töhnt ...</l><lb/>
            <l>Erwürgte modern ohne Leichentuch,</l><lb/>
            <l>Sieh un&#x017F;er Linnen, Chatillon, wie fein!</l><lb/>
            <l>Gen Himmel &#x017F;chreit der Märtrer frommes Blut,</l><lb/>
            <l>Ich &#x017F;chreie, Herr, in deinen Armen mit!</l><lb/>
            <l>Mein Held, ich rede Zeugniß gegen dich</l><lb/>
            <l>Vor Gott, entrolle&#x017F;t du dein Banner nicht!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;chweigt in dü&#x017F;trer Glut. Er &#x017F;innt und &#x017F;agt:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Erwäge, Weib, die Schrecken die du wähl&#x017F;t!</l><lb/>
            <l>Dies Haus in Rauch und Trümmern! Dies mein Haupt</l><lb/>
            <l>Verfehmt, dem Meuchelmord gezeigt &#x2014; geraubt!</l><lb/>
            <l>Entehrt dies Wappen von des Henkers Hand!</l><lb/>
            <l>Du mit den Knaben bettelnd auf der Flucht!</l><lb/>
            <l>Wähl&#x017F;t du dir Solches? Nimm drei Tage Fri&#x017F;t!&#x201C;</l><lb/>
            <l>&#x2014; &#x201E;Drei Tage Fri&#x017F;t? Sie &#x017F;ind vorbei. Brich auf!&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0332] Das Weib des Admirals. Auf mondenhellem Lager wälzt ein Weib, Ein ſchlummerloſes, ſich: „O banger Pfühl! Auch du, mein ſorgender Gemahl, du wachſt! Wer dürfte ſchlafen? Horch, die Folter ſtöhnt ... Erwürgte modern ohne Leichentuch, Sieh unſer Linnen, Chatillon, wie fein! Gen Himmel ſchreit der Märtrer frommes Blut, Ich ſchreie, Herr, in deinen Armen mit! Mein Held, ich rede Zeugniß gegen dich Vor Gott, entrolleſt du dein Banner nicht!“ Sie ſchweigt in düſtrer Glut. Er ſinnt und ſagt: „Erwäge, Weib, die Schrecken die du wählſt! Dies Haus in Rauch und Trümmern! Dies mein Haupt Verfehmt, dem Meuchelmord gezeigt — geraubt! Entehrt dies Wappen von des Henkers Hand! Du mit den Knaben bettelnd auf der Flucht! Wählſt du dir Solches? Nimm drei Tage Friſt!“ — „Drei Tage Friſt? Sie ſind vorbei. Brich auf!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/332
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/332>, abgerufen am 23.11.2024.