Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Eng hält den Bruder er umfaßt, Bang stöhnend senkt er Blick in Blick, Küsst, küsst ihn noch einmal in Hast -- Und stößt den Dolch ihm durchs Genick. Er hält den Bruder lang im Arm, Mit unerschöpften Thränen netzt Und badet er den Todten warm: "Noch starbest als ein Christ du jetzt!" Eng hält den Bruder er umfaßt, Bang ſtöhnend ſenkt er Blick in Blick, Küſſt, küſſt ihn noch einmal in Haſt — Und ſtößt den Dolch ihm durchs Genick. Er hält den Bruder lang im Arm, Mit unerſchöpften Thränen netzt Und badet er den Todten warm: „Noch ſtarbeſt als ein Chriſt du jetzt!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0325" n="311"/> <lg n="12"> <l>Eng hält den Bruder er umfaßt,</l><lb/> <l>Bang ſtöhnend ſenkt er Blick in Blick,</l><lb/> <l>Küſſt, küſſt ihn noch einmal in Haſt —</l><lb/> <l>Und ſtößt den Dolch ihm durchs Genick.</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>Er hält den Bruder lang im Arm,</l><lb/> <l>Mit unerſchöpften Thränen netzt</l><lb/> <l>Und badet er den Todten warm:</l><lb/> <l>„Noch ſtarbeſt als ein Chriſt du jetzt!“</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0325]
Eng hält den Bruder er umfaßt,
Bang ſtöhnend ſenkt er Blick in Blick,
Küſſt, küſſt ihn noch einmal in Haſt —
Und ſtößt den Dolch ihm durchs Genick.
Er hält den Bruder lang im Arm,
Mit unerſchöpften Thränen netzt
Und badet er den Todten warm:
„Noch ſtarbeſt als ein Chriſt du jetzt!“
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/325>, abgerufen am 16.02.2025. |