Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Geisterroß.
Durch den dreigetheilten Bogen,
Des Triumphes prangend Thor,
Durch die lauten Menschenwogen
Dort zum Capitol empor
Lenkt den Tanz der weißen Pferde
Cäsar's lässige Geberde.
Hinter des Triumphes Wagen
Duldend oder grollend gehn
Ueberwundne. Ketten tragen
Cäsar's lebende Trophä'n.
"Dieser!" höhnt es im Gedränge,
"Dieser Trotz'ge!" zischt die Menge.
Unberührt vom Hohn der Stunde,
Starren, traumgefüllten Blicks,
Geht, ein Singen auf dem Munde,
Ruhig Vexcingetorix --
Fremde Weise, fremde Worte,
Mit dem Geist an fremdem Orte:
"Cäsar, blendend weiße Rosse
Hat Hispanien dir gebracht!
Ellid, edler Ahnen Sprosse,
Dunkel ist er wie die Nacht --
Deine Schimmel, deine viere,
Tauscht' ich nicht mit meinem Thiere ...
Das Geiſterroß.
Durch den dreigetheilten Bogen,
Des Triumphes prangend Thor,
Durch die lauten Menſchenwogen
Dort zum Capitol empor
Lenkt den Tanz der weißen Pferde
Cäſar's läſſige Geberde.
Hinter des Triumphes Wagen
Duldend oder grollend gehn
Ueberwundne. Ketten tragen
Cäſar's lebende Trophä'n.
„Dieſer!“ höhnt es im Gedränge,
„Dieſer Trotz'ge!“ ziſcht die Menge.
Unberührt vom Hohn der Stunde,
Starren, traumgefüllten Blicks,
Geht, ein Singen auf dem Munde,
Ruhig Vexcingetorix —
Fremde Weiſe, fremde Worte,
Mit dem Geiſt an fremdem Orte:
„Cäſar, blendend weiße Roſſe
Hat Hiſpanien dir gebracht!
Ellid, edler Ahnen Sproſſe,
Dunkel iſt er wie die Nacht —
Deine Schimmel, deine viere,
Tauſcht' ich nicht mit meinem Thiere ...
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0220" n="206"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Das Gei&#x017F;terroß.<lb/></head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Durch den dreigetheilten Bogen,</l><lb/>
              <l>Des Triumphes prangend Thor,</l><lb/>
              <l>Durch die lauten Men&#x017F;chenwogen</l><lb/>
              <l>Dort zum Capitol empor</l><lb/>
              <l>Lenkt den Tanz der weißen Pferde</l><lb/>
              <l>&#x017F;ar's lä&#x017F;&#x017F;ige Geberde.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Hinter des Triumphes Wagen</l><lb/>
              <l>Duldend oder grollend gehn</l><lb/>
              <l>Ueberwundne. Ketten tragen</l><lb/>
              <l>&#x017F;ar's lebende Trophä'n.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die&#x017F;er!&#x201C; höhnt es im Gedränge,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die&#x017F;er Trotz'ge!&#x201C; zi&#x017F;cht die Menge.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Unberührt vom Hohn der Stunde,</l><lb/>
              <l>Starren, traumgefüllten Blicks,</l><lb/>
              <l>Geht, ein Singen auf dem Munde,</l><lb/>
              <l>Ruhig Vexcingetorix &#x2014;</l><lb/>
              <l>Fremde Wei&#x017F;e, fremde Worte,</l><lb/>
              <l>Mit dem Gei&#x017F;t an fremdem Orte:</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>&#x201E;&#x017F;ar, blendend weiße Ro&#x017F;&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Hat Hi&#x017F;panien dir gebracht!</l><lb/>
              <l>Ellid, edler Ahnen Spro&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
              <l>Dunkel i&#x017F;t er wie die Nacht &#x2014;</l><lb/>
              <l>Deine Schimmel, deine viere,</l><lb/>
              <l>Tau&#x017F;cht' ich nicht mit meinem Thiere ...</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0220] Das Geiſterroß. Durch den dreigetheilten Bogen, Des Triumphes prangend Thor, Durch die lauten Menſchenwogen Dort zum Capitol empor Lenkt den Tanz der weißen Pferde Cäſar's läſſige Geberde. Hinter des Triumphes Wagen Duldend oder grollend gehn Ueberwundne. Ketten tragen Cäſar's lebende Trophä'n. „Dieſer!“ höhnt es im Gedränge, „Dieſer Trotz'ge!“ ziſcht die Menge. Unberührt vom Hohn der Stunde, Starren, traumgefüllten Blicks, Geht, ein Singen auf dem Munde, Ruhig Vexcingetorix — Fremde Weiſe, fremde Worte, Mit dem Geiſt an fremdem Orte: „Cäſar, blendend weiße Roſſe Hat Hiſpanien dir gebracht! Ellid, edler Ahnen Sproſſe, Dunkel iſt er wie die Nacht — Deine Schimmel, deine viere, Tauſcht' ich nicht mit meinem Thiere ...

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/220
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/220>, abgerufen am 22.11.2024.