Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
-- "Welchen dampfenden Altares
Freust du auf der Erde dich?
Bist du die Gewalt des Ares,
Helmumflattert, fürchterlich?
Herr, bevor den niedern Thalen
Du dich nahtest ohne Strahlen,
Welches war dein himmlisch Amt?
Bist du Zeus? Bist du ein Andrer?
Bist du Helios, der Wandrer,
Dessen Stirne sonnig flammt?" --
Traulich neigt der graue Fechter
Sich zum Ohr des Gottes hin,
Mit unseligem Gelächter
Rührt er an der Schulter ihn:
"Gast des Himmels, merklich sinken
Haupt und Schulter dir zur Linken*,
Lastet dir der Erde Raub?
Macht der Knabe dich zum Gotte,
Dein Gebrechen schreit mit Spotte:
Alexander, du bist Staub!"
* Alexander war schief, seine rechte Schulter etwas höher
als die schwächere linke.
— „Welchen dampfenden Altares
Freuſt du auf der Erde dich?
Biſt du die Gewalt des Ares,
Helmumflattert, fürchterlich?
Herr, bevor den niedern Thalen
Du dich nahteſt ohne Strahlen,
Welches war dein himmliſch Amt?
Biſt du Zeus? Biſt du ein Andrer?
Biſt du Helios, der Wandrer,
Deſſen Stirne ſonnig flammt?“ —
Traulich neigt der graue Fechter
Sich zum Ohr des Gottes hin,
Mit unſeligem Gelächter
Rührt er an der Schulter ihn:
„Gaſt des Himmels, merklich ſinken
Haupt und Schulter dir zur Linken*,
Laſtet dir der Erde Raub?
Macht der Knabe dich zum Gotte,
Dein Gebrechen ſchreit mit Spotte:
Alexander, du biſt Staub!“
* Alexander war ſchief, ſeine rechte Schulter etwas höher
als die ſchwächere linke.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0211" n="197"/>
            <lg n="5">
              <l>&#x2014; &#x201E;Welchen dampfenden Altares</l><lb/>
              <l>Freu&#x017F;t du auf der Erde dich?</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du die Gewalt des Ares,</l><lb/>
              <l>Helmumflattert, fürchterlich?</l><lb/>
              <l>Herr, bevor den niedern Thalen</l><lb/>
              <l>Du dich nahte&#x017F;t ohne Strahlen,</l><lb/>
              <l>Welches war dein himmli&#x017F;ch Amt?</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du Zeus? Bi&#x017F;t du ein Andrer?</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du Helios, der Wandrer,</l><lb/>
              <l>De&#x017F;&#x017F;en Stirne &#x017F;onnig flammt?&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Traulich neigt der graue Fechter</l><lb/>
              <l>Sich zum Ohr des Gottes hin,</l><lb/>
              <l>Mit un&#x017F;eligem Gelächter</l><lb/>
              <l>Rührt er an der Schulter ihn:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ga&#x017F;t des Himmels, merklich &#x017F;inken</l><lb/>
              <l>Haupt und Schulter dir zur Linken<note place="foot" n="*">Alexander war &#x017F;chief, &#x017F;eine rechte Schulter etwas höher<lb/>
als die &#x017F;chwächere linke.</note>,</l><lb/>
              <l>La&#x017F;tet dir der Erde Raub?</l><lb/>
              <l>Macht der Knabe dich zum Gotte,</l><lb/>
              <l>Dein Gebrechen &#x017F;chreit mit Spotte:</l><lb/>
              <l>Alexander, du bi&#x017F;t Staub!&#x201C;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0211] — „Welchen dampfenden Altares Freuſt du auf der Erde dich? Biſt du die Gewalt des Ares, Helmumflattert, fürchterlich? Herr, bevor den niedern Thalen Du dich nahteſt ohne Strahlen, Welches war dein himmliſch Amt? Biſt du Zeus? Biſt du ein Andrer? Biſt du Helios, der Wandrer, Deſſen Stirne ſonnig flammt?“ — Traulich neigt der graue Fechter Sich zum Ohr des Gottes hin, Mit unſeligem Gelächter Rührt er an der Schulter ihn: „Gaſt des Himmels, merklich ſinken Haupt und Schulter dir zur Linken *, Laſtet dir der Erde Raub? Macht der Knabe dich zum Gotte, Dein Gebrechen ſchreit mit Spotte: Alexander, du biſt Staub!“ * Alexander war ſchief, ſeine rechte Schulter etwas höher als die ſchwächere linke.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/211
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/211>, abgerufen am 28.04.2024.