Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Horch! Ein Ton, ein feurig greller, Schlägt empor wie eine Flamme! Jach erhitzen sich die Bleche Und die Geige streicht ein Dämon! Mir zur Rechten, mir zur Linken, Mir zu Häupten, mir zu Füßen, Ungezügelt, ungebändigt, Erderschütternd stampft der Reigen, Immer lauter, wilder, toller Tobt und rast und dröhnt und tritt er, Daß erbeben alle Balken, Tosend sausten durch die Lüfte Berghaus, Hengert, Folterkammer, Wie voreinst die hochgelobte Casa santa durch die Lüfte Fuhr von Istrien nach Loretto, Doch von Engeln sie getragen, Ich von höllischen Gewalten An den Sabbat auf dem Blocksberg .. Also ging es bis zum Morgen,
Da die heil'ge Frühe löschte Stern an Stern am ew'gen Leuchter Ueber schwarzen Tannenbergen. Lechzend öffnet' ich das Fenster, Einzuschlürfen Morgenlüfte, Abzukühlen die zertanzte Fieberschwüle Stirn im Winde .... Horch! Ein Ton, ein feurig greller, Schlägt empor wie eine Flamme! Jach erhitzen ſich die Bleche Und die Geige ſtreicht ein Dämon! Mir zur Rechten, mir zur Linken, Mir zu Häupten, mir zu Füßen, Ungezügelt, ungebändigt, Erderſchütternd ſtampft der Reigen, Immer lauter, wilder, toller Tobt und rast und dröhnt und tritt er, Daß erbeben alle Balken, Toſend ſauſten durch die Lüfte Berghaus, Hengert, Folterkammer, Wie voreinſt die hochgelobte Caſa ſanta durch die Lüfte Fuhr von Iſtrien nach Loretto, Doch von Engeln ſie getragen, Ich von hölliſchen Gewalten An den Sabbat auf dem Blocksberg .. Alſo ging es bis zum Morgen,
Da die heil'ge Frühe löſchte Stern an Stern am ew'gen Leuchter Ueber ſchwarzen Tannenbergen. Lechzend öffnet' ich das Fenſter, Einzuſchlürfen Morgenlüfte, Abzukühlen die zertanzte Fieberſchwüle Stirn im Winde .... <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0105" n="91"/> <lg n="6"> <l>Horch! Ein Ton, ein feurig greller,</l><lb/> <l>Schlägt empor wie eine Flamme!</l><lb/> <l>Jach erhitzen ſich die Bleche</l><lb/> <l>Und die Geige ſtreicht ein Dämon!</l><lb/> <l>Mir zur Rechten, mir zur Linken,</l><lb/> <l>Mir zu Häupten, mir zu Füßen,</l><lb/> <l>Ungezügelt, ungebändigt,</l><lb/> <l>Erderſchütternd ſtampft der Reigen,</l><lb/> <l>Immer lauter, wilder, toller</l><lb/> <l>Tobt und rast und dröhnt und tritt er,</l><lb/> <l>Daß erbeben alle Balken,</l><lb/> <l>Toſend ſauſten durch die Lüfte</l><lb/> <l>Berghaus, Hengert, Folterkammer,</l><lb/> <l>Wie voreinſt die hochgelobte</l><lb/> <l>Caſa ſanta durch die Lüfte</l><lb/> <l>Fuhr von Iſtrien nach Loretto,</l><lb/> <l>Doch von Engeln ſie getragen,</l><lb/> <l>Ich von hölliſchen Gewalten</l><lb/> <l>An den Sabbat auf dem Blocksberg ..</l><lb/> </lg> <lg n="7"> <l>Alſo ging es bis zum Morgen,</l><lb/> <l>Da die heil'ge Frühe löſchte</l><lb/> <l>Stern an Stern am ew'gen Leuchter</l><lb/> <l>Ueber ſchwarzen Tannenbergen.</l><lb/> <l>Lechzend öffnet' ich das Fenſter,</l><lb/> <l>Einzuſchlürfen Morgenlüfte,</l><lb/> <l>Abzukühlen die zertanzte</l><lb/> <l>Fieberſchwüle Stirn im Winde ....</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0105]
Horch! Ein Ton, ein feurig greller,
Schlägt empor wie eine Flamme!
Jach erhitzen ſich die Bleche
Und die Geige ſtreicht ein Dämon!
Mir zur Rechten, mir zur Linken,
Mir zu Häupten, mir zu Füßen,
Ungezügelt, ungebändigt,
Erderſchütternd ſtampft der Reigen,
Immer lauter, wilder, toller
Tobt und rast und dröhnt und tritt er,
Daß erbeben alle Balken,
Toſend ſauſten durch die Lüfte
Berghaus, Hengert, Folterkammer,
Wie voreinſt die hochgelobte
Caſa ſanta durch die Lüfte
Fuhr von Iſtrien nach Loretto,
Doch von Engeln ſie getragen,
Ich von hölliſchen Gewalten
An den Sabbat auf dem Blocksberg ..
Alſo ging es bis zum Morgen,
Da die heil'ge Frühe löſchte
Stern an Stern am ew'gen Leuchter
Ueber ſchwarzen Tannenbergen.
Lechzend öffnet' ich das Fenſter,
Einzuſchlürfen Morgenlüfte,
Abzukühlen die zertanzte
Fieberſchwüle Stirn im Winde ....
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/105 |
Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/105>, abgerufen am 16.07.2024. |