Elfte Abtheilung. Reparatur von Mauerarbeiten und Einwirkungen, welche zerstörenden Einfluß auf Bauwerke äußern.
§. 83. Reparaturen.
a) Will man neues Mauerwerk an altes anbauen, z. B. einen neuen Anbau an ein altes massives Gebäude, so ist das gewöhn- liche Verfahren, eine sogenannte Verzahnung (oder Straub) in dem alten Gebäude einzuhauen oder zu bilden, höchst nachtheilig, und zwar aus folgenden Gründen: Das alte vorhandene Mauerwerk setzt sich nicht mehr, wohl aber das neue. Die Setzung des neuen Mauer- werks aber bricht entweder die vorgestreckten Steine der Verzahnung herunter, oder wenn dies nicht geschieht, so drückt das neue Mauer- werk durch sein Setzen die alte Mauer mit herunter, wodurch sehr ge- fährliche Senkungen entstehen können. Es ist deshalb das Beste, wenn man neue Mauern gegen alte aufführen will: beide ohne alle Verbindung senkrecht neben einander aufzuführen und nur zwi- schen beiden eine möglichst kleine Fuge zu belassen, so daß sie sich gar nicht berühren.
Jst man genöthigt den neuen Anbau auf ein Stück des alten Fundaments mit aufzusetzen, so muß man bei dem neuen Mauerwerk so kleine Fugen als möglich machen (dasselbe auch wenn es sein kann mit Cement mauern), damit es sich so wenig als möglich setze.
b) Wird ein Haus zwischen zwei andern, wie es namentlich in Städten vorkommt, weggerissen, so müssen beide Nachbarhäuser mit Balken, welche man unten in sogenannte Treibladen stellt und oben gegen ein an die Mauer gelegtes Langholz gespreizt sind, abgesteift werden, so lange bis der neue Bau so hoch heraufgeführt worden ist, daß man keine Seiteneinbiegung der anstoßenden alten Giebel zu be- fürchten hat. Ganz besonders ist diese Vorsicht zu beobachten, wenn die Fundamente des neuen Baues tiefer gehen, als die Fundamente der beiden nebenstehenden alten Bauten. Jst das neu zu erbauende Ge- bäude nur schmal, so pflegt man die Absteifung der Nachbargiebel
Elfte Abtheilung. Reparatur von Mauerarbeiten und Einwirkungen, welche zerſtörenden Einfluß auf Bauwerke äußern.
§. 83. Reparaturen.
a) Will man neues Mauerwerk an altes anbauen, z. B. einen neuen Anbau an ein altes maſſives Gebäude, ſo iſt das gewöhn- liche Verfahren, eine ſogenannte Verzahnung (oder Straub) in dem alten Gebäude einzuhauen oder zu bilden, höchſt nachtheilig, und zwar aus folgenden Gründen: Das alte vorhandene Mauerwerk ſetzt ſich nicht mehr, wohl aber das neue. Die Setzung des neuen Mauer- werks aber bricht entweder die vorgeſtreckten Steine der Verzahnung herunter, oder wenn dies nicht geſchieht, ſo drückt das neue Mauer- werk durch ſein Setzen die alte Mauer mit herunter, wodurch ſehr ge- fährliche Senkungen entſtehen können. Es iſt deshalb das Beſte, wenn man neue Mauern gegen alte aufführen will: beide ohne alle Verbindung ſenkrecht neben einander aufzuführen und nur zwi- ſchen beiden eine möglichſt kleine Fuge zu belaſſen, ſo daß ſie ſich gar nicht berühren.
Jſt man genöthigt den neuen Anbau auf ein Stück des alten Fundaments mit aufzuſetzen, ſo muß man bei dem neuen Mauerwerk ſo kleine Fugen als möglich machen (daſſelbe auch wenn es ſein kann mit Cement mauern), damit es ſich ſo wenig als möglich ſetze.
b) Wird ein Haus zwiſchen zwei andern, wie es namentlich in Städten vorkommt, weggeriſſen, ſo müſſen beide Nachbarhäuſer mit Balken, welche man unten in ſogenannte Treibladen ſtellt und oben gegen ein an die Mauer gelegtes Langholz geſpreizt ſind, abgeſteift werden, ſo lange bis der neue Bau ſo hoch heraufgeführt worden iſt, daß man keine Seiteneinbiegung der anſtoßenden alten Giebel zu be- fürchten hat. Ganz beſonders iſt dieſe Vorſicht zu beobachten, wenn die Fundamente des neuen Baues tiefer gehen, als die Fundamente der beiden nebenſtehenden alten Bauten. Jſt das neu zu erbauende Ge- bäude nur ſchmal, ſo pflegt man die Abſteifung der Nachbargiebel
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Elfte Abtheilung.
Reparatur von Mauerarbeiten und Einwirkungen, welche
zerſtörenden Einfluß auf Bauwerke äußern.
§. 83. Reparaturen.
a) Will man neues Mauerwerk an altes anbauen, z. B. einen
neuen Anbau an ein altes maſſives Gebäude, ſo iſt das gewöhn-
liche Verfahren, eine ſogenannte Verzahnung (oder Straub) in dem
alten Gebäude einzuhauen oder zu bilden, höchſt nachtheilig, und
zwar aus folgenden Gründen: Das alte vorhandene Mauerwerk ſetzt
ſich nicht mehr, wohl aber das neue. Die Setzung des neuen Mauer-
werks aber bricht entweder die vorgeſtreckten Steine der Verzahnung
herunter, oder wenn dies nicht geſchieht, ſo drückt das neue Mauer-
werk durch ſein Setzen die alte Mauer mit herunter, wodurch ſehr ge-
fährliche Senkungen entſtehen können. Es iſt deshalb das Beſte,
wenn man neue Mauern gegen alte aufführen will: beide ohne
alle Verbindung ſenkrecht neben einander aufzuführen und nur zwi-
ſchen beiden eine möglichſt kleine Fuge zu belaſſen, ſo daß ſie ſich
gar nicht berühren.
Jſt man genöthigt den neuen Anbau auf ein Stück des alten
Fundaments mit aufzuſetzen, ſo muß man bei dem neuen Mauerwerk
ſo kleine Fugen als möglich machen (daſſelbe auch wenn es ſein kann
mit Cement mauern), damit es ſich ſo wenig als möglich ſetze.
b) Wird ein Haus zwiſchen zwei andern, wie es namentlich in
Städten vorkommt, weggeriſſen, ſo müſſen beide Nachbarhäuſer mit
Balken, welche man unten in ſogenannte Treibladen ſtellt und oben
gegen ein an die Mauer gelegtes Langholz geſpreizt ſind, abgeſteift
werden, ſo lange bis der neue Bau ſo hoch heraufgeführt worden iſt,
daß man keine Seiteneinbiegung der anſtoßenden alten Giebel zu be-
fürchten hat. Ganz beſonders iſt dieſe Vorſicht zu beobachten, wenn
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/351>, abgerufen am 24.11.2024.
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