wo die Trägersteine auf den Umfassungsmauern ruhten, und sämmt- liche Stoßfugen senkrecht waren.
Wurde der zu bedeckende Raum zu breit befunden, oder hatte man nicht so großes Gestein, um Träger von einer Mauer bis zur andern daraus bilden zu können, so stellte man Pfeiler oder Säulen im Jnnern des Raumes auf und lagerte hierauf die Trägersteine, worauf diese oberhalb mit kleineren Stücken wieder überdeckt wurden.
Auf diese Weise entstanden die Tempeldecken des Alterthums, und wenn man ihre mehr als 3000jährige Dauer, wie bei den ägyp- tischen Tempeln, in Erwägung zieht: so zeigt sich wohl, daß diese Art der Deckung abgesehen von allen übrigen Umständen, die festeste von allen ist.
War man in damaliger Zeit genöthigt einen großen Raum zu überdecken, ohne daß man Säulen oder Pfeiler darin aufstellen wollte oder konnte, so ließ man jede Steinschicht zweier einander gegenüber- stehender Mauern, um ein Weniges vor der nächstuntern vorstehen, so daß der Raum nach oben hin immer enger wurde, bis die Oeff- nung so klein geworden war, daß man sie mit einem Steine zudecken konnte. Man nennt dieses Vorstehen jeder nächstobern Schicht, die Ueberkragung, und einzelne solche vorstehende Steine Tragsteine, auch Kragsteine.
Waren die Mauern gleichlaufend mit einander, so bildete sich eine gleichmäßig fortlaufende Decke, welche unten breit, nach oben spitz zulief.
War der Grundriß der Mauern ein Kreis, so bildete das Ganze einen nach oben zugespitzten Kegel, dessen Steinschichten alle wagerecht lagen, sich nach oben verengten und zuletzt mit einem ebenfalls wage- recht liegenden Steine, welcher die oberste Oeffnung schloß, be- deckt waren.
Es sind solche Rundbauten, die man unter dem Namen der Thesauren (Schatzhäuser) kennt, bis zu 70 und mehreren Fußen lich- tem Durchmesser vorhanden.
Zu bemerken ist, daß hierbei die wagerechten Schichten so geschnitten sind, daß ihre Stoßfugen jedesmal nach dem Mittelpunkte des zugehörigen Kreises gehen; also in diesen Gebäuden die Erfin- dung des Fugenschnittes für aufrecht stehende Gewölbe schon sehr nahe lag.
Ebenso mußte man sich sehr bald überzeugt haben, daß wenn die Ueberkragung nach einer einfachen geraden Linie (bei großer Länge) geschah, diese gerade Linie leicht zusammenbrach, daß aber die
wo die Trägerſteine auf den Umfaſſungsmauern ruhten, und ſämmt- liche Stoßfugen ſenkrecht waren.
Wurde der zu bedeckende Raum zu breit befunden, oder hatte man nicht ſo großes Geſtein, um Träger von einer Mauer bis zur andern daraus bilden zu können, ſo ſtellte man Pfeiler oder Säulen im Jnnern des Raumes auf und lagerte hierauf die Trägerſteine, worauf dieſe oberhalb mit kleineren Stücken wieder überdeckt wurden.
Auf dieſe Weiſe entſtanden die Tempeldecken des Alterthums, und wenn man ihre mehr als 3000jährige Dauer, wie bei den ägyp- tiſchen Tempeln, in Erwägung zieht: ſo zeigt ſich wohl, daß dieſe Art der Deckung abgeſehen von allen übrigen Umſtänden, die feſteſte von allen iſt.
War man in damaliger Zeit genöthigt einen großen Raum zu überdecken, ohne daß man Säulen oder Pfeiler darin aufſtellen wollte oder konnte, ſo ließ man jede Steinſchicht zweier einander gegenüber- ſtehender Mauern, um ein Weniges vor der nächſtuntern vorſtehen, ſo daß der Raum nach oben hin immer enger wurde, bis die Oeff- nung ſo klein geworden war, daß man ſie mit einem Steine zudecken konnte. Man nennt dieſes Vorſtehen jeder nächſtobern Schicht, die Ueberkragung, und einzelne ſolche vorſtehende Steine Tragſteine, auch Kragſteine.
Waren die Mauern gleichlaufend mit einander, ſo bildete ſich eine gleichmäßig fortlaufende Decke, welche unten breit, nach oben ſpitz zulief.
War der Grundriß der Mauern ein Kreis, ſo bildete das Ganze einen nach oben zugeſpitzten Kegel, deſſen Steinſchichten alle wagerecht lagen, ſich nach oben verengten und zuletzt mit einem ebenfalls wage- recht liegenden Steine, welcher die oberſte Oeffnung ſchloß, be- deckt waren.
Es ſind ſolche Rundbauten, die man unter dem Namen der Theſauren (Schatzhäuſer) kennt, bis zu 70 und mehreren Fußen lich- tem Durchmeſſer vorhanden.
Zu bemerken iſt, daß hierbei die wagerechten Schichten ſo geſchnitten ſind, daß ihre Stoßfugen jedesmal nach dem Mittelpunkte des zugehörigen Kreiſes gehen; alſo in dieſen Gebäuden die Erfin- dung des Fugenſchnittes für aufrecht ſtehende Gewölbe ſchon ſehr nahe lag.
Ebenſo mußte man ſich ſehr bald überzeugt haben, daß wenn die Ueberkragung nach einer einfachen geraden Linie (bei großer Länge) geſchah, dieſe gerade Linie leicht zuſammenbrach, daß aber die
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wo die Trägerſteine auf den Umfaſſungsmauern ruhten, und ſämmt-
liche Stoßfugen ſenkrecht waren.
Wurde der zu bedeckende Raum zu breit befunden, oder hatte
man nicht ſo großes Geſtein, um Träger von einer Mauer bis zur
andern daraus bilden zu können, ſo ſtellte man Pfeiler oder Säulen
im Jnnern des Raumes auf und lagerte hierauf die Trägerſteine,
worauf dieſe oberhalb mit kleineren Stücken wieder überdeckt wurden.
Auf dieſe Weiſe entſtanden die Tempeldecken des Alterthums,
und wenn man ihre mehr als 3000jährige Dauer, wie bei den ägyp-
tiſchen Tempeln, in Erwägung zieht: ſo zeigt ſich wohl, daß dieſe Art
der Deckung abgeſehen von allen übrigen Umſtänden, die feſteſte von
allen iſt.
War man in damaliger Zeit genöthigt einen großen Raum zu
überdecken, ohne daß man Säulen oder Pfeiler darin aufſtellen wollte
oder konnte, ſo ließ man jede Steinſchicht zweier einander gegenüber-
ſtehender Mauern, um ein Weniges vor der nächſtuntern vorſtehen,
ſo daß der Raum nach oben hin immer enger wurde, bis die Oeff-
nung ſo klein geworden war, daß man ſie mit einem Steine zudecken
konnte. Man nennt dieſes Vorſtehen jeder nächſtobern Schicht, die
Ueberkragung, und einzelne ſolche vorſtehende Steine Tragſteine,
auch Kragſteine.
Waren die Mauern gleichlaufend mit einander, ſo bildete ſich
eine gleichmäßig fortlaufende Decke, welche unten breit, nach oben
ſpitz zulief.
War der Grundriß der Mauern ein Kreis, ſo bildete das Ganze
einen nach oben zugeſpitzten Kegel, deſſen Steinſchichten alle wagerecht
lagen, ſich nach oben verengten und zuletzt mit einem ebenfalls wage-
recht liegenden Steine, welcher die oberſte Oeffnung ſchloß, be-
deckt waren.
Es ſind ſolche Rundbauten, die man unter dem Namen der
Theſauren (Schatzhäuſer) kennt, bis zu 70 und mehreren Fußen lich-
tem Durchmeſſer vorhanden.
Zu bemerken iſt, daß hierbei die wagerechten Schichten ſo
geſchnitten ſind, daß ihre Stoßfugen jedesmal nach dem Mittelpunkte
des zugehörigen Kreiſes gehen; alſo in dieſen Gebäuden die Erfin-
dung des Fugenſchnittes für aufrecht ſtehende Gewölbe ſchon ſehr
nahe lag.
Ebenſo mußte man ſich ſehr bald überzeugt haben, daß wenn
die Ueberkragung nach einer einfachen geraden Linie (bei großer
Länge) geſchah, dieſe gerade Linie leicht zuſammenbrach, daß aber die
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/167>, abgerufen am 28.07.2024.
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