Das Talent gefällt sich besonders in der Copie der Natur, des Wirklichen. Es fehlt ihm die innere Bestimmung durch das Genie, durch Begeisterung, durch innern schöpferischen Drang, darum hält es sich an das Vorhandene, Wirkliche. Das Genie kann sich nur in neuen Schöpfungen offenbaren, das Talent offenbart sich schon in der bloßen Copie, in der künstlerischen Darstellung des Wirklichen. Das Talent liebt sogar die Darstellung des Gemeinen und Alltäglichen vorzugsweise, weil ihm dasselbe als Folie dienen muß. Je geringfügiger der dargestellte Gegenstand an sich, ausserhalb der Darstellung in der Natur ist, desto glänzender hebt sich die Darstellung als solche hervor. Endlich bedarf das Talent überall der äussern Anerkennung, denn wie es ihm an innerer Selbstbestimmung fehlt, so auch an innerer Selbstzu¬ friedenheit. Es strebt nach Ruhm. Das ist das Charak¬ teristische aller Virtuosen. Darum aber schmiegt es sich auch den Neigungen derer an, von denen es be¬ wundert seyn will. Es ist schmeichelhaft, es begün¬ stigt die, von welchen es begünstigt seyn will. Es stellt vorzugsweise dasjenige dar, was seinem Pu¬ blikum gefällt. Aus allen diesen Umständen zusammen¬ genommen erklärt sich das Phänomen, daß ein vor¬ herrschendes Talent sich vorzugsweise in der Dar¬ stellung und Beschönigung des gegenwärtigen Lebens gefällt, und sich durchaus nicht an das Unpoetische und Gemeine desselben stößt.
Das Talent gefaͤllt ſich beſonders in der Copie der Natur, des Wirklichen. Es fehlt ihm die innere Beſtimmung durch das Genie, durch Begeiſterung, durch innern ſchoͤpferiſchen Drang, darum haͤlt es ſich an das Vorhandene, Wirkliche. Das Genie kann ſich nur in neuen Schoͤpfungen offenbaren, das Talent offenbart ſich ſchon in der bloßen Copie, in der kuͤnſtleriſchen Darſtellung des Wirklichen. Das Talent liebt ſogar die Darſtellung des Gemeinen und Alltaͤglichen vorzugsweiſe, weil ihm daſſelbe als Folie dienen muß. Je geringfuͤgiger der dargeſtellte Gegenſtand an ſich, auſſerhalb der Darſtellung in der Natur iſt, deſto glaͤnzender hebt ſich die Darſtellung als ſolche hervor. Endlich bedarf das Talent uͤberall der aͤuſſern Anerkennung, denn wie es ihm an innerer Selbſtbeſtimmung fehlt, ſo auch an innerer Selbſtzu¬ friedenheit. Es ſtrebt nach Ruhm. Das iſt das Charak¬ teriſtiſche aller Virtuoſen. Darum aber ſchmiegt es ſich auch den Neigungen derer an, von denen es be¬ wundert ſeyn will. Es iſt ſchmeichelhaft, es beguͤn¬ ſtigt die, von welchen es beguͤnſtigt ſeyn will. Es ſtellt vorzugsweiſe dasjenige dar, was ſeinem Pu¬ blikum gefaͤllt. Aus allen dieſen Umſtaͤnden zuſammen¬ genommen erklaͤrt ſich das Phaͤnomen, daß ein vor¬ herrſchendes Talent ſich vorzugsweiſe in der Dar¬ ſtellung und Beſchoͤnigung des gegenwaͤrtigen Lebens gefaͤllt, und ſich durchaus nicht an das Unpoetiſche und Gemeine deſſelben ſtoͤßt.
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Das Talent gefaͤllt ſich beſonders in der Copie
der Natur, des Wirklichen. Es fehlt ihm die innere
Beſtimmung durch das Genie, durch Begeiſterung,
durch innern ſchoͤpferiſchen Drang, darum haͤlt es
ſich an das Vorhandene, Wirkliche. Das Genie
kann ſich nur in neuen Schoͤpfungen offenbaren, das
Talent offenbart ſich ſchon in der bloßen Copie, in
der kuͤnſtleriſchen Darſtellung des Wirklichen. Das
Talent liebt ſogar die Darſtellung des Gemeinen
und Alltaͤglichen vorzugsweiſe, weil ihm daſſelbe als
Folie dienen muß. Je geringfuͤgiger der dargeſtellte
Gegenſtand an ſich, auſſerhalb der Darſtellung in der
Natur iſt, deſto glaͤnzender hebt ſich die Darſtellung als
ſolche hervor. Endlich bedarf das Talent uͤberall der
aͤuſſern Anerkennung, denn wie es ihm an innerer
Selbſtbeſtimmung fehlt, ſo auch an innerer Selbſtzu¬
friedenheit. Es ſtrebt nach Ruhm. Das iſt das Charak¬
teriſtiſche aller Virtuoſen. Darum aber ſchmiegt es
ſich auch den Neigungen derer an, von denen es be¬
wundert ſeyn will. Es iſt ſchmeichelhaft, es beguͤn¬
ſtigt die, von welchen es beguͤnſtigt ſeyn will. Es
ſtellt vorzugsweiſe dasjenige dar, was ſeinem Pu¬
blikum gefaͤllt. Aus allen dieſen Umſtaͤnden zuſammen¬
genommen erklaͤrt ſich das Phaͤnomen, daß ein vor¬
herrſchendes Talent ſich vorzugsweiſe in der Dar¬
ſtellung und Beſchoͤnigung des gegenwaͤrtigen Lebens
gefaͤllt, und ſich durchaus nicht an das Unpoetiſche
und Gemeine deſſelben ſtoͤßt.
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/226>, abgerufen am 22.11.2024.
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