Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.ist aufs festeste in der Gesinnung und Gesittung, in Daß Göthe den Kindern dieser Zeit in allen ih¬ Die Poesie eines jeden Dichters hat einen ei¬ iſt aufs feſteſte in der Geſinnung und Geſittung, in Daß Goͤthe den Kindern dieſer Zeit in allen ih¬ Die Poeſie eines jeden Dichters hat einen ei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0218" n="208"/> iſt aufs feſteſte in der Geſinnung und Geſittung, in<lb/> dem Zuge der Natur begruͤndet, die ſie mit Goͤthe<lb/> theilen. Alle Kinder dieſer Zeit, die dem Inſtinkt<lb/> folgend, das moderne Leben als ihre einzige geliebte<lb/> Heimath betrachten und ſich darin ſo wohl ſeyn laſ¬<lb/> ſen, als ſey es wie ein gluͤckſeliges Eiland in die<lb/> Ewigkeit geſetzt, als gaͤb' es ruͤckwaͤrts und vorwaͤrts<lb/> kein andres, ſchoͤnres, wuͤrdigeres Leben, alle die<lb/> Ephemeriden der Gegenwart muͤſſen an Goͤthe's Dich¬<lb/> tungen mit derſelben Innigkeit haͤngen, wie an ihrer<lb/> eignen Wirklichkeit.</p><lb/> <p>Daß Goͤthe den Kindern dieſer Zeit in allen ih¬<lb/> ren Vorurtheilen und Eitelkeiten geſchmeichelt hat,<lb/> iſt wohl der naͤchſte Grund zu der außerordentlichen<lb/> Anerkennung, die er bei denſelben gefunden. Seine<lb/> Modernitaͤt aber hat einen noch tiefern Grund. Von<lb/> einem ſichern Gefuͤhl geleitet, hat die <hi rendition="#aq">vox populi</hi><lb/> ſchon darauf hingewieſen, indem ſie Goͤthen zum Dich¬<lb/> ter aller Dichter gemacht hat. In der Übertreibung,<lb/> welche Goͤthen zum Ideal eines vollkommnen Poe¬<lb/> ten macht, liegt wirklich die Ahnung von etwas Wah¬<lb/> rem. Gerade dieſen Glauben, den ſeine Poeſie ſo<lb/> allgemein bei der Menge hervorgebracht hat, muͤſſen<lb/> wir feſt halten. Mag die Übertreibung auf ſich be¬<lb/> ruhen; der Grund, warum man gerade auf dieſe<lb/> Weiſe uͤbertrieben hat, iſt deſto wichtiger.</p><lb/> <p>Die Poeſie eines jeden Dichters hat einen ei¬<lb/> genthuͤmlichen Charakter; dieſer aber entſpricht alle¬<lb/> mal einer innern Eigenſchaft oder Richtung der Poeſie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0218]
iſt aufs feſteſte in der Geſinnung und Geſittung, in
dem Zuge der Natur begruͤndet, die ſie mit Goͤthe
theilen. Alle Kinder dieſer Zeit, die dem Inſtinkt
folgend, das moderne Leben als ihre einzige geliebte
Heimath betrachten und ſich darin ſo wohl ſeyn laſ¬
ſen, als ſey es wie ein gluͤckſeliges Eiland in die
Ewigkeit geſetzt, als gaͤb' es ruͤckwaͤrts und vorwaͤrts
kein andres, ſchoͤnres, wuͤrdigeres Leben, alle die
Ephemeriden der Gegenwart muͤſſen an Goͤthe's Dich¬
tungen mit derſelben Innigkeit haͤngen, wie an ihrer
eignen Wirklichkeit.
Daß Goͤthe den Kindern dieſer Zeit in allen ih¬
ren Vorurtheilen und Eitelkeiten geſchmeichelt hat,
iſt wohl der naͤchſte Grund zu der außerordentlichen
Anerkennung, die er bei denſelben gefunden. Seine
Modernitaͤt aber hat einen noch tiefern Grund. Von
einem ſichern Gefuͤhl geleitet, hat die vox populi
ſchon darauf hingewieſen, indem ſie Goͤthen zum Dich¬
ter aller Dichter gemacht hat. In der Übertreibung,
welche Goͤthen zum Ideal eines vollkommnen Poe¬
ten macht, liegt wirklich die Ahnung von etwas Wah¬
rem. Gerade dieſen Glauben, den ſeine Poeſie ſo
allgemein bei der Menge hervorgebracht hat, muͤſſen
wir feſt halten. Mag die Übertreibung auf ſich be¬
ruhen; der Grund, warum man gerade auf dieſe
Weiſe uͤbertrieben hat, iſt deſto wichtiger.
Die Poeſie eines jeden Dichters hat einen ei¬
genthuͤmlichen Charakter; dieſer aber entſpricht alle¬
mal einer innern Eigenſchaft oder Richtung der Poeſie
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