sich ewig neu verjüngt. Ohne die Gluth edler Lei¬ denschaften kann nichts Großes gedeihen im Leben und im Gedichte. Jeder Genius trägt dieses himm¬ lische Feuer, und alle seine Schöpfungen sind davon durchdrungen. Schiller's Poesie ist ein starker und feuriger Wein; alle seine Worte sind Flammen der edelsten Empfindung. Die Ideale, die er uns ge¬ schaffen, sind echte Kinder seines glühenden Herzens, und getheilte Strahlen seines eigenen Feuers. Vor allen Dichtern behauptet Schiller aber den Vorzug der reinsten und zugleich der stärksten Leidenschaft. Keiner von so reinem Herzen trug dieses Feuer, kei¬ ner von solchem Feuer besaß diese Reinheit. So sehn wir den reinsten unter den irdischen Stoffen, den Diamant, wenn er entzündet wird, auch in ei¬ nem Glanz und einer innern Gluthkraft brennen, ge¬ gen die jedes andre Feuer matt und trüb erscheint.
Fragen wir uns, ob es eine keuschere, heiligere Liebe geben mag, als sie Schiller empfunden, und seinen Liebenden in die Seele gehaucht? Und wo finden wir sie wieder so feurig und gewaltig, un¬ überwindlich gegen eine Welt voll Feinde, die höchste Seelenstärke weckend, die ungeheuersten Opfer freu¬ dig duldend? Von ihrem sanftesten Reiz, vom ersten Begegnen des Auges, vom ersten leisen Herzschlag bis zum erschütternden Sturm aller Gefühle, bis zur überraschenden Heldenthat des jungfräulichen Mu¬ thes, bis zum erhabenen Opfertod der Liebenden ent¬ faltet die Liebe hier den unermeßlichen Reichthum
ſich ewig neu verjuͤngt. Ohne die Gluth edler Lei¬ denſchaften kann nichts Großes gedeihen im Leben und im Gedichte. Jeder Genius traͤgt dieſes himm¬ liſche Feuer, und alle ſeine Schoͤpfungen ſind davon durchdrungen. Schiller's Poeſie iſt ein ſtarker und feuriger Wein; alle ſeine Worte ſind Flammen der edelſten Empfindung. Die Ideale, die er uns ge¬ ſchaffen, ſind echte Kinder ſeines gluͤhenden Herzens, und getheilte Strahlen ſeines eigenen Feuers. Vor allen Dichtern behauptet Schiller aber den Vorzug der reinſten und zugleich der ſtaͤrkſten Leidenſchaft. Keiner von ſo reinem Herzen trug dieſes Feuer, kei¬ ner von ſolchem Feuer beſaß dieſe Reinheit. So ſehn wir den reinſten unter den irdiſchen Stoffen, den Diamant, wenn er entzuͤndet wird, auch in ei¬ nem Glanz und einer innern Gluthkraft brennen, ge¬ gen die jedes andre Feuer matt und truͤb erſcheint.
Fragen wir uns, ob es eine keuſchere, heiligere Liebe geben mag, als ſie Schiller empfunden, und ſeinen Liebenden in die Seele gehaucht? Und wo finden wir ſie wieder ſo feurig und gewaltig, un¬ uͤberwindlich gegen eine Welt voll Feinde, die hoͤchſte Seelenſtaͤrke weckend, die ungeheuerſten Opfer freu¬ dig duldend? Von ihrem ſanfteſten Reiz, vom erſten Begegnen des Auges, vom erſten leiſen Herzſchlag bis zum erſchuͤtternden Sturm aller Gefuͤhle, bis zur uͤberraſchenden Heldenthat des jungfraͤulichen Mu¬ thes, bis zum erhabenen Opfertod der Liebenden ent¬ faltet die Liebe hier den unermeßlichen Reichthum
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ſich ewig neu verjuͤngt. Ohne die Gluth edler Lei¬
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und im Gedichte. Jeder Genius traͤgt dieſes himm¬
liſche Feuer, und alle ſeine Schoͤpfungen ſind davon
durchdrungen. Schiller's Poeſie iſt ein ſtarker und
feuriger Wein; alle ſeine Worte ſind Flammen der
edelſten Empfindung. Die Ideale, die er uns ge¬
ſchaffen, ſind echte Kinder ſeines gluͤhenden Herzens,
und getheilte Strahlen ſeines eigenen Feuers. Vor
allen Dichtern behauptet Schiller aber den Vorzug
der reinſten und zugleich der ſtaͤrkſten Leidenſchaft.
Keiner von ſo reinem Herzen trug dieſes Feuer, kei¬
ner von ſolchem Feuer beſaß dieſe Reinheit. So
ſehn wir den reinſten unter den irdiſchen Stoffen,
den Diamant, wenn er entzuͤndet wird, auch in ei¬
nem Glanz und einer innern Gluthkraft brennen, ge¬
gen die jedes andre Feuer matt und truͤb erſcheint.
Fragen wir uns, ob es eine keuſchere, heiligere
Liebe geben mag, als ſie Schiller empfunden, und
ſeinen Liebenden in die Seele gehaucht? Und wo
finden wir ſie wieder ſo feurig und gewaltig, un¬
uͤberwindlich gegen eine Welt voll Feinde, die hoͤchſte
Seelenſtaͤrke weckend, die ungeheuerſten Opfer freu¬
dig duldend? Von ihrem ſanfteſten Reiz, vom erſten
Begegnen des Auges, vom erſten leiſen Herzſchlag
bis zum erſchuͤtternden Sturm aller Gefuͤhle, bis zur
uͤberraſchenden Heldenthat des jungfraͤulichen Mu¬
thes, bis zum erhabenen Opfertod der Liebenden ent¬
faltet die Liebe hier den unermeßlichen Reichthum
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/137>, abgerufen am 24.11.2024.
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