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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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und der Jugend, daß, was für sie selbst neu ist,
auch für die ganze Welt neu seyn müsse. Es entste¬
hen täglich neue wissenschaftliche Bücher, worin auch
nicht ein neuer Gedanke für die Welt ist, so neu
auch alle dem Autor gewesen seyn mögen. Vor den
Gedichten aber ist fast keine Rettung mehr. Wenn
ein Jüngling liebt, meint er, die ganze Welt liebe
zum erstenmal. Er macht Verse und wähnt, niemand
habe dergleichen noch gehört.

Die Schreibwuth der Naturalisten hat diejenige
der Gelehrten keineswegs verdrängt, sondern nur noch
lebhafter angefacht. Die Universitäten machen es sich
zur Pflicht, zu schreiben, was die Presse vermag,
und gelehrte Bücher bilden die Stufen, auf welchen
der Candidat in höhere Ämter schreitet. Wie küm¬
merlich fristet sich manches gelehrte Journal, aber es
gilt die Ehre der Universität, und das ganze akade¬
mische Volk wird besteuert. Wie sauer wird es man¬
chem Neuling, ein Buch zusammenzuschreiben, aber
es gilt die Ehre und das Amt, und Noth bricht auch
den eisernen Schädel. Die Arbeiten sind aber auch
darnach, und man sieht ihnen alle die Mühe an,
deren sie nicht werth sind.

Man beschäftigt sich je mehr und mehr, popu¬
lär
zu schreiben, der größern Masse des Publikums
alles Nützliche und Belehrende mitzutheilen, was von
Fremden oder durch die Gelehrsamkeit gewonnen wird.
Selbst die strengsten Wissenschaften werden so zube¬
reitet, daß auch der Ungebildete einen Geschmack da¬

und der Jugend, daß, was fuͤr ſie ſelbſt neu iſt,
auch fuͤr die ganze Welt neu ſeyn muͤſſe. Es entſte¬
hen taͤglich neue wiſſenſchaftliche Buͤcher, worin auch
nicht ein neuer Gedanke fuͤr die Welt iſt, ſo neu
auch alle dem Autor geweſen ſeyn moͤgen. Vor den
Gedichten aber iſt faſt keine Rettung mehr. Wenn
ein Juͤngling liebt, meint er, die ganze Welt liebe
zum erſtenmal. Er macht Verſe und waͤhnt, niemand
habe dergleichen noch gehoͤrt.

Die Schreibwuth der Naturaliſten hat diejenige
der Gelehrten keineswegs verdraͤngt, ſondern nur noch
lebhafter angefacht. Die Univerſitaͤten machen es ſich
zur Pflicht, zu ſchreiben, was die Preſſe vermag,
und gelehrte Buͤcher bilden die Stufen, auf welchen
der Candidat in hoͤhere Ämter ſchreitet. Wie kuͤm¬
merlich friſtet ſich manches gelehrte Journal, aber es
gilt die Ehre der Univerſitaͤt, und das ganze akade¬
miſche Volk wird beſteuert. Wie ſauer wird es man¬
chem Neuling, ein Buch zuſammenzuſchreiben, aber
es gilt die Ehre und das Amt, und Noth bricht auch
den eiſernen Schaͤdel. Die Arbeiten ſind aber auch
darnach, und man ſieht ihnen alle die Muͤhe an,
deren ſie nicht werth ſind.

Man beſchaͤftigt ſich je mehr und mehr, popu¬
laͤr
zu ſchreiben, der groͤßern Maſſe des Publikums
alles Nuͤtzliche und Belehrende mitzutheilen, was von
Fremden oder durch die Gelehrſamkeit gewonnen wird.
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[70/0080] und der Jugend, daß, was fuͤr ſie ſelbſt neu iſt, auch fuͤr die ganze Welt neu ſeyn muͤſſe. Es entſte¬ hen taͤglich neue wiſſenſchaftliche Buͤcher, worin auch nicht ein neuer Gedanke fuͤr die Welt iſt, ſo neu auch alle dem Autor geweſen ſeyn moͤgen. Vor den Gedichten aber iſt faſt keine Rettung mehr. Wenn ein Juͤngling liebt, meint er, die ganze Welt liebe zum erſtenmal. Er macht Verſe und waͤhnt, niemand habe dergleichen noch gehoͤrt. Die Schreibwuth der Naturaliſten hat diejenige der Gelehrten keineswegs verdraͤngt, ſondern nur noch lebhafter angefacht. Die Univerſitaͤten machen es ſich zur Pflicht, zu ſchreiben, was die Preſſe vermag, und gelehrte Buͤcher bilden die Stufen, auf welchen der Candidat in hoͤhere Ämter ſchreitet. Wie kuͤm¬ merlich friſtet ſich manches gelehrte Journal, aber es gilt die Ehre der Univerſitaͤt, und das ganze akade¬ miſche Volk wird beſteuert. Wie ſauer wird es man¬ chem Neuling, ein Buch zuſammenzuſchreiben, aber es gilt die Ehre und das Amt, und Noth bricht auch den eiſernen Schaͤdel. Die Arbeiten ſind aber auch darnach, und man ſieht ihnen alle die Muͤhe an, deren ſie nicht werth ſind. Man beſchaͤftigt ſich je mehr und mehr, popu¬ laͤr zu ſchreiben, der groͤßern Maſſe des Publikums alles Nuͤtzliche und Belehrende mitzutheilen, was von Fremden oder durch die Gelehrſamkeit gewonnen wird. Selbſt die ſtrengſten Wiſſenſchaften werden ſo zube¬ reitet, daß auch der Ungebildete einen Geſchmack da¬

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/80>, abgerufen am 24.11.2024.