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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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Die Umstände tragen vieles bei, daß eine so
große Menge unberufener Autoren auftritt. Die Kunst
ist profanirt worden. Man glaubt keiner Meister¬
schaft mehr zu bedürfen. Jeder achtet sich für eben
so befugt, zu schreiben, als zu reden. Die Gelehr¬
samkeit der Kaste ist so ins Absurde gerathen, daß
die gesunde Vernunft der Laien eine Revolution da¬
gegen erheben und einen leichten Sieg davon tragen
konnte. Plötzlich brachen aus der Hefe des Laien¬
volks Publicisten und Romanschreiber, als andre Mar¬
seiller und Septembriseurs, unter die alten gelehrten
Perüken, und auch die Poissarden fehlten nicht. Wie
hätten die Weiber, bei denen der gesunde Menschen¬
verstand immer wie an der Wurzel hält, ihre Sen¬
timens und natürlichen Erfahrungen nicht geltend ma¬
chen sollen, wie hätten sie nicht mit ihren Talenten
glänzen wollen, da die Bahn des Ruhms ihnen offen
stund. So sehn wir jetzt eine närrische Armee von
Weibern und Kindern das Ballhaus zur literarischen
Nationalversammlung machen, und dem deutschen
Publikum Gesetze geben.

Der Gelehrte schreibt, weil er weiser zu seyn
glaubt, als andre, und weil er die Schriftstellerei
zu seinen Rechten und Pflichten zählt. Die Profanen
schreiben, weil sie sich für gescheiter und gesünder
achten, als die Gelehrten, und weil sie, indem sie
uns zur Natur zurückführen wollen, zunächst ihre
eigne für die rechte halten. Endlich ist es ein immer
wiederkehrender Wahn der Einfältigen, der Eitlen

Die Umſtaͤnde tragen vieles bei, daß eine ſo
große Menge unberufener Autoren auftritt. Die Kunſt
iſt profanirt worden. Man glaubt keiner Meiſter¬
ſchaft mehr zu beduͤrfen. Jeder achtet ſich fuͤr eben
ſo befugt, zu ſchreiben, als zu reden. Die Gelehr¬
ſamkeit der Kaſte iſt ſo ins Abſurde gerathen, daß
die geſunde Vernunft der Laien eine Revolution da¬
gegen erheben und einen leichten Sieg davon tragen
konnte. Ploͤtzlich brachen aus der Hefe des Laien¬
volks Publiciſten und Romanſchreiber, als andre Mar¬
ſeiller und Septembriſeurs, unter die alten gelehrten
Peruͤken, und auch die Poiſſarden fehlten nicht. Wie
haͤtten die Weiber, bei denen der geſunde Menſchen¬
verſtand immer wie an der Wurzel haͤlt, ihre Sen¬
timens und natuͤrlichen Erfahrungen nicht geltend ma¬
chen ſollen, wie haͤtten ſie nicht mit ihren Talenten
glaͤnzen wollen, da die Bahn des Ruhms ihnen offen
ſtund. So ſehn wir jetzt eine naͤrriſche Armee von
Weibern und Kindern das Ballhaus zur literariſchen
Nationalverſammlung machen, und dem deutſchen
Publikum Geſetze geben.

Der Gelehrte ſchreibt, weil er weiſer zu ſeyn
glaubt, als andre, und weil er die Schriftſtellerei
zu ſeinen Rechten und Pflichten zaͤhlt. Die Profanen
ſchreiben, weil ſie ſich fuͤr geſcheiter und geſuͤnder
achten, als die Gelehrten, und weil ſie, indem ſie
uns zur Natur zuruͤckfuͤhren wollen, zunaͤchſt ihre
eigne fuͤr die rechte halten. Endlich iſt es ein immer
wiederkehrender Wahn der Einfaͤltigen, der Eitlen

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[69/0079] Die Umſtaͤnde tragen vieles bei, daß eine ſo große Menge unberufener Autoren auftritt. Die Kunſt iſt profanirt worden. Man glaubt keiner Meiſter¬ ſchaft mehr zu beduͤrfen. Jeder achtet ſich fuͤr eben ſo befugt, zu ſchreiben, als zu reden. Die Gelehr¬ ſamkeit der Kaſte iſt ſo ins Abſurde gerathen, daß die geſunde Vernunft der Laien eine Revolution da¬ gegen erheben und einen leichten Sieg davon tragen konnte. Ploͤtzlich brachen aus der Hefe des Laien¬ volks Publiciſten und Romanſchreiber, als andre Mar¬ ſeiller und Septembriſeurs, unter die alten gelehrten Peruͤken, und auch die Poiſſarden fehlten nicht. Wie haͤtten die Weiber, bei denen der geſunde Menſchen¬ verſtand immer wie an der Wurzel haͤlt, ihre Sen¬ timens und natuͤrlichen Erfahrungen nicht geltend ma¬ chen ſollen, wie haͤtten ſie nicht mit ihren Talenten glaͤnzen wollen, da die Bahn des Ruhms ihnen offen ſtund. So ſehn wir jetzt eine naͤrriſche Armee von Weibern und Kindern das Ballhaus zur literariſchen Nationalverſammlung machen, und dem deutſchen Publikum Geſetze geben. Der Gelehrte ſchreibt, weil er weiſer zu ſeyn glaubt, als andre, und weil er die Schriftſtellerei zu ſeinen Rechten und Pflichten zaͤhlt. Die Profanen ſchreiben, weil ſie ſich fuͤr geſcheiter und geſuͤnder achten, als die Gelehrten, und weil ſie, indem ſie uns zur Natur zuruͤckfuͤhren wollen, zunaͤchſt ihre eigne fuͤr die rechte halten. Endlich iſt es ein immer wiederkehrender Wahn der Einfaͤltigen, der Eitlen

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/79>, abgerufen am 24.11.2024.