unter mechanischen Spielen untergegangen ist, so hier das wahre Denken, die ächte Bildung unter dem mechanischen Auswendiglernen bloßer Formen. Ich verkenne nicht die Nothwendigkeit der Philologie, den großen Einfluß, den Sprachkenntniß auf das Denken übt; aber eine Gränze muß gezogen werden, jenseit welcher der Geist nicht mehr mit Formen, vielmehr mit Sachen genährt werden muß. Ist es aber nicht die Mehrzahl der Philologen, die bei der Erklärung der alten Classiker vorzugsweise nur auf die Grammatik sieht, und den Geist, die Schönheit, den historischen, philosophischen oder ästhetischen In¬ halt jener Alten nur in elenden Noten nebenbei be¬ rührt? Man sehe ihre Ausgaben an. Haben jene hunderte und tausende, welche die griechischen Dich¬ ter edirt und mit Noten versehn, nur das zehnte Theil von dem erläutert, was der einzige Schlegel darüber ausgesprochen? Wiegen alle jene gelehrten Lasten die wenigen Bände eines Wieland, Lessing, Herder, Winkelmann auf? Und ist nicht noch jetzt so vieles Herrliche des Alterthums für das größere Publikum ungenießbar, so oft es auch die Philolo¬ gen behandelt haben, weil noch zu wenig freie Den¬ ker und schöne Geister dafür sich interessirt haben? So unermeßlich das Feld der Philologie ist, so ist es doch verhältnißmäßig noch immer sehr unfrucht¬ bar geblieben. Der Aufwand von Menschen und An¬ stalten für die Philologie, der andern Wissenschaften
unter mechaniſchen Spielen untergegangen iſt, ſo hier das wahre Denken, die aͤchte Bildung unter dem mechaniſchen Auswendiglernen bloßer Formen. Ich verkenne nicht die Nothwendigkeit der Philologie, den großen Einfluß, den Sprachkenntniß auf das Denken uͤbt; aber eine Graͤnze muß gezogen werden, jenſeit welcher der Geiſt nicht mehr mit Formen, vielmehr mit Sachen genaͤhrt werden muß. Iſt es aber nicht die Mehrzahl der Philologen, die bei der Erklaͤrung der alten Claſſiker vorzugsweiſe nur auf die Grammatik ſieht, und den Geiſt, die Schoͤnheit, den hiſtoriſchen, philoſophiſchen oder aͤſthetiſchen In¬ halt jener Alten nur in elenden Noten nebenbei be¬ ruͤhrt? Man ſehe ihre Ausgaben an. Haben jene hunderte und tauſende, welche die griechiſchen Dich¬ ter edirt und mit Noten verſehn, nur das zehnte Theil von dem erlaͤutert, was der einzige Schlegel daruͤber ausgeſprochen? Wiegen alle jene gelehrten Laſten die wenigen Baͤnde eines Wieland, Leſſing, Herder, Winkelmann auf? Und iſt nicht noch jetzt ſo vieles Herrliche des Alterthums fuͤr das groͤßere Publikum ungenießbar, ſo oft es auch die Philolo¬ gen behandelt haben, weil noch zu wenig freie Den¬ ker und ſchoͤne Geiſter dafuͤr ſich intereſſirt haben? So unermeßlich das Feld der Philologie iſt, ſo iſt es doch verhaͤltnißmaͤßig noch immer ſehr unfrucht¬ bar geblieben. Der Aufwand von Menſchen und An¬ ſtalten fuͤr die Philologie, der andern Wiſſenſchaften
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unter mechaniſchen Spielen untergegangen iſt, ſo hier
das wahre Denken, die aͤchte Bildung unter dem
mechaniſchen Auswendiglernen bloßer Formen. Ich
verkenne nicht die Nothwendigkeit der Philologie,
den großen Einfluß, den Sprachkenntniß auf das
Denken uͤbt; aber eine Graͤnze muß gezogen werden,
jenſeit welcher der Geiſt nicht mehr mit Formen,
vielmehr mit Sachen genaͤhrt werden muß. Iſt es
aber nicht die Mehrzahl der Philologen, die bei der
Erklaͤrung der alten Claſſiker vorzugsweiſe nur auf
die Grammatik ſieht, und den Geiſt, die Schoͤnheit,
den hiſtoriſchen, philoſophiſchen oder aͤſthetiſchen In¬
halt jener Alten nur in elenden Noten nebenbei be¬
ruͤhrt? Man ſehe ihre Ausgaben an. Haben jene
hunderte und tauſende, welche die griechiſchen Dich¬
ter edirt und mit Noten verſehn, nur das zehnte
Theil von dem erlaͤutert, was der einzige Schlegel
daruͤber ausgeſprochen? Wiegen alle jene gelehrten
Laſten die wenigen Baͤnde eines Wieland, Leſſing,
Herder, Winkelmann auf? Und iſt nicht noch jetzt
ſo vieles Herrliche des Alterthums fuͤr das groͤßere
Publikum ungenießbar, ſo oft es auch die Philolo¬
gen behandelt haben, weil noch zu wenig freie Den¬
ker und ſchoͤne Geiſter dafuͤr ſich intereſſirt haben?
So unermeßlich das Feld der Philologie iſt, ſo iſt
es doch verhaͤltnißmaͤßig noch immer ſehr unfrucht¬
bar geblieben. Der Aufwand von Menſchen und An¬
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/206>, abgerufen am 23.11.2024.
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