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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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dem Wust einer unverdauten Philosophie. Auf der
andern Seite finden wir einige an Erfahrung ge¬
reifte und hochgelehrte Männer, die von der Philo¬
sophie wenig oder nichts wissen wollen, die sie gele¬
gentlich verachten und höhnen, weil sie die Wider¬
sprüche derselben nicht vereinigen können und oft sehr
wohl wissen, auf welche schwankende Grundlagen
manche Speculation ihre Luftschlösser baut. Diesen
schließen sich sodann die Pedanten und Kleinkrämer
an, die in der großen Rechenkunst des Lebens nur
bis zum Addiren gekommen sind und nur je die ein¬
zelnen Thatsachen der Erfahrung zusammenhäufen. Sie
sammeln und erzählen, bekümmern sich aber um kei¬
nen Grund und keine Folge. Sie nennen sich die
Praktischen und üben eine große Herrschaft in Schu¬
len und Staatsämtern. Auch viele geniale, poeti¬
sche, fromme, und lustige Naturen widerstreben der
Philosophie, weil die Strenge derselben oder die
systematische Form sie abschreckt. Endlich lebt die
Orthodoxie aller Confessionen in einem beständigen
kleinen Kriege mit den Philosophen. Man darf sich
daher nicht wundern, wenn man findet, daß die
Philosophie so manche Verunglimpfung, so mancher
Spott getroffen. Witzige, gescheite Leute haben den
Stoff dazu aus den Mängeln der Philosophie ent¬
lehnt, die Dummen und Bösen unbewußt aus ihren
eignen Mängeln.

Göthe's Faust und anderwärts viele Aussprüche
dieses Dichters haben der Philosophie in den Augen

dem Wuſt einer unverdauten Philoſophie. Auf der
andern Seite finden wir einige an Erfahrung ge¬
reifte und hochgelehrte Maͤnner, die von der Philo¬
ſophie wenig oder nichts wiſſen wollen, die ſie gele¬
gentlich verachten und hoͤhnen, weil ſie die Wider¬
ſpruͤche derſelben nicht vereinigen koͤnnen und oft ſehr
wohl wiſſen, auf welche ſchwankende Grundlagen
manche Speculation ihre Luftſchloͤſſer baut. Dieſen
ſchließen ſich ſodann die Pedanten und Kleinkraͤmer
an, die in der großen Rechenkunſt des Lebens nur
bis zum Addiren gekommen ſind und nur je die ein¬
zelnen Thatſachen der Erfahrung zuſammenhaͤufen. Sie
ſammeln und erzaͤhlen, bekuͤmmern ſich aber um kei¬
nen Grund und keine Folge. Sie nennen ſich die
Praktiſchen und uͤben eine große Herrſchaft in Schu¬
len und Staatsaͤmtern. Auch viele geniale, poeti¬
ſche, fromme, und luſtige Naturen widerſtreben der
Philoſophie, weil die Strenge derſelben oder die
ſyſtematiſche Form ſie abſchreckt. Endlich lebt die
Orthodoxie aller Confeſſionen in einem beſtaͤndigen
kleinen Kriege mit den Philoſophen. Man darf ſich
daher nicht wundern, wenn man findet, daß die
Philoſophie ſo manche Verunglimpfung, ſo mancher
Spott getroffen. Witzige, geſcheite Leute haben den
Stoff dazu aus den Maͤngeln der Philoſophie ent¬
lehnt, die Dummen und Boͤſen unbewußt aus ihren
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[181/0191] dem Wuſt einer unverdauten Philoſophie. Auf der andern Seite finden wir einige an Erfahrung ge¬ reifte und hochgelehrte Maͤnner, die von der Philo¬ ſophie wenig oder nichts wiſſen wollen, die ſie gele¬ gentlich verachten und hoͤhnen, weil ſie die Wider¬ ſpruͤche derſelben nicht vereinigen koͤnnen und oft ſehr wohl wiſſen, auf welche ſchwankende Grundlagen manche Speculation ihre Luftſchloͤſſer baut. Dieſen ſchließen ſich ſodann die Pedanten und Kleinkraͤmer an, die in der großen Rechenkunſt des Lebens nur bis zum Addiren gekommen ſind und nur je die ein¬ zelnen Thatſachen der Erfahrung zuſammenhaͤufen. Sie ſammeln und erzaͤhlen, bekuͤmmern ſich aber um kei¬ nen Grund und keine Folge. Sie nennen ſich die Praktiſchen und uͤben eine große Herrſchaft in Schu¬ len und Staatsaͤmtern. Auch viele geniale, poeti¬ ſche, fromme, und luſtige Naturen widerſtreben der Philoſophie, weil die Strenge derſelben oder die ſyſtematiſche Form ſie abſchreckt. Endlich lebt die Orthodoxie aller Confeſſionen in einem beſtaͤndigen kleinen Kriege mit den Philoſophen. Man darf ſich daher nicht wundern, wenn man findet, daß die Philoſophie ſo manche Verunglimpfung, ſo mancher Spott getroffen. Witzige, geſcheite Leute haben den Stoff dazu aus den Maͤngeln der Philoſophie ent¬ lehnt, die Dummen und Boͤſen unbewußt aus ihren eignen Maͤngeln. Goͤthe's Fauſt und anderwaͤrts viele Ausſpruͤche dieſes Dichters haben der Philoſophie in den Augen

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/191>, abgerufen am 23.11.2024.