Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.hat früher oder später immer nur den Richter selbst Wer spricht indeß von Zwang? Nur wenige Deutsche Literatur. I. 7
hat fruͤher oder ſpaͤter immer nur den Richter ſelbſt Wer ſpricht indeß von Zwang? Nur wenige Deutſche Literatur. I. 7
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="145"/> hat fruͤher oder ſpaͤter immer nur den Richter ſelbſt<lb/> beſtraft.</p><lb/> <p>Wer ſpricht indeß von Zwang? Nur wenige<lb/> wagen auf einen «politiſchen Nachdruck» bei Einfuͤh¬<lb/> rung der Union und neuen Liturgie zu dringen. Nur<lb/> die verwerflichen Schergen eines politiſchen Abſolu¬<lb/> tismus erfrechen ſich, auch unbedingt auf den reli¬<lb/> gioͤſen zu dringen, und den Grundſatz <hi rendition="#aq">cujus regio</hi>,<lb/><hi rendition="#aq">ejus religio</hi> neuerdings wieder geltend zu machen, wie<lb/> ein gewiſſer Baltzer in Stettin gethan hat. Die Ver¬<lb/> nuͤnftigen fuͤhlen, daß die Zeit ſolcher Grundſaͤtze<lb/> voruͤber ſey, daß nur die freie Entſchließung der<lb/> Glaͤubigen jenes neue Kirchenthum begruͤnden und<lb/> befeſtigen koͤnne. Aber ſie rechnen auf eine <hi rendition="#aq">douce<lb/> violence</hi> von der einen, auf eine <hi rendition="#aq">douce resistance</hi><lb/> von der andern Seite. Sie hoffen, daß der gute<lb/> Wille und die nachgiebige Vor- und Ruͤckſichtlichkeit,<lb/> die ſeit geraumer Zeit in allen weltlichen Angelegen¬<lb/> heiten herrſchende Gefuͤgigkeit auch in religioͤſen Din¬<lb/> gen jeder von oben her gebotenen Neuerung eine weite<lb/> Verbreitung ſichern werde. Sie verabſcheuen den gro¬<lb/> ben Zwang, aber der feine ſcheint ihnen deſto geneh¬<lb/> mer. Sie appelliren an den guten Willen, an den<lb/> Patriotismus der Staatsbuͤrger, als ob es ſich von<lb/> einer Collecte, von freiwilligen Steuern und Anlei¬<lb/> hen handelte, als ob die Leute geben koͤnnten, was<lb/> ſie doch nicht haben, naͤmlich den Glauben an das<lb/> Neue, die Überzeugung von deſſen Goͤttlichkeit. Man<lb/> kann wahrhaftig eben ſo wenig aus gutem Willen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Deutſche Literatur. <hi rendition="#aq">I</hi>. 7<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0155]
hat fruͤher oder ſpaͤter immer nur den Richter ſelbſt
beſtraft.
Wer ſpricht indeß von Zwang? Nur wenige
wagen auf einen «politiſchen Nachdruck» bei Einfuͤh¬
rung der Union und neuen Liturgie zu dringen. Nur
die verwerflichen Schergen eines politiſchen Abſolu¬
tismus erfrechen ſich, auch unbedingt auf den reli¬
gioͤſen zu dringen, und den Grundſatz cujus regio,
ejus religio neuerdings wieder geltend zu machen, wie
ein gewiſſer Baltzer in Stettin gethan hat. Die Ver¬
nuͤnftigen fuͤhlen, daß die Zeit ſolcher Grundſaͤtze
voruͤber ſey, daß nur die freie Entſchließung der
Glaͤubigen jenes neue Kirchenthum begruͤnden und
befeſtigen koͤnne. Aber ſie rechnen auf eine douce
violence von der einen, auf eine douce resistance
von der andern Seite. Sie hoffen, daß der gute
Wille und die nachgiebige Vor- und Ruͤckſichtlichkeit,
die ſeit geraumer Zeit in allen weltlichen Angelegen¬
heiten herrſchende Gefuͤgigkeit auch in religioͤſen Din¬
gen jeder von oben her gebotenen Neuerung eine weite
Verbreitung ſichern werde. Sie verabſcheuen den gro¬
ben Zwang, aber der feine ſcheint ihnen deſto geneh¬
mer. Sie appelliren an den guten Willen, an den
Patriotismus der Staatsbuͤrger, als ob es ſich von
einer Collecte, von freiwilligen Steuern und Anlei¬
hen handelte, als ob die Leute geben koͤnnten, was
ſie doch nicht haben, naͤmlich den Glauben an das
Neue, die Überzeugung von deſſen Goͤttlichkeit. Man
kann wahrhaftig eben ſo wenig aus gutem Willen
Deutſche Literatur. I. 7
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |