sich halten, auf ihre Ruinen sich verschanzen und ver¬ zweifelte Ausfälle thun.
Wir müssen die Idealisten des Ultramonta¬ nismus von den Materialisten desselben trennen. Jenen ist es um die Idee, diesen nur um die mate¬ rielle Existenz zu thun. Jene sind daher streng ge¬ gen die Mißbräuche der Kirche selbst, weil sie die Idee entweihen, diese dagegen geben diese Mißbräuche keineswegs zu, sondern erklären sie für so heilig, als die Idee selbst. Der Papst steht demzufolge, wie die Bourbonen zwischen Ideologen und Praktikern, von denen die Einen für das Mittelalter predigen, die Andern für die Gegenwart handeln. Man kann die Einen auch Romantiker, die Andern Jesuiten nen¬ nen, und muß sie wohl von einander unterscheiden. Jene sind unabhängige Geister, diese Sclaven. Jene trennen sehr genau Idee und Erscheinung, diese hal¬ ten sich nur an die letztre. Jene vertheidigen für den Papst die Idee der alten Kirche, gegen ihn zu¬ gleich die Freiheit des Wissens; diese bekümmern sich wenig um die Idee, wenn sie nur das freie Wissen unterdrücken können, damit man die Erscheinung bes¬ ser glaube. Kurz, jene sind die Helden einer ewigen Idee, diese die Kopffechter einer vergänglichen Er¬ scheinung. Die Gegner des Katholicismus übersehn dieses Verhältniß fast immer und bezeichnen auch die Ideologen, wie z. B. Görres, mit dem Eckelnamen Jesuit. Es sind gerade die Unfreiesten unter den Protestanten, welche die Freiheit der, katholischen
ſich halten, auf ihre Ruinen ſich verſchanzen und ver¬ zweifelte Ausfaͤlle thun.
Wir muͤſſen die Idealiſten des Ultramonta¬ nismus von den Materialiſten deſſelben trennen. Jenen iſt es um die Idee, dieſen nur um die mate¬ rielle Exiſtenz zu thun. Jene ſind daher ſtreng ge¬ gen die Mißbraͤuche der Kirche ſelbſt, weil ſie die Idee entweihen, dieſe dagegen geben dieſe Mißbraͤuche keineswegs zu, ſondern erklaͤren ſie fuͤr ſo heilig, als die Idee ſelbſt. Der Papſt ſteht demzufolge, wie die Bourbonen zwiſchen Ideologen und Praktikern, von denen die Einen fuͤr das Mittelalter predigen, die Andern fuͤr die Gegenwart handeln. Man kann die Einen auch Romantiker, die Andern Jeſuiten nen¬ nen, und muß ſie wohl von einander unterſcheiden. Jene ſind unabhaͤngige Geiſter, dieſe Sclaven. Jene trennen ſehr genau Idee und Erſcheinung, dieſe hal¬ ten ſich nur an die letztre. Jene vertheidigen fuͤr den Papſt die Idee der alten Kirche, gegen ihn zu¬ gleich die Freiheit des Wiſſens; dieſe bekuͤmmern ſich wenig um die Idee, wenn ſie nur das freie Wiſſen unterdruͤcken koͤnnen, damit man die Erſcheinung beſ¬ ſer glaube. Kurz, jene ſind die Helden einer ewigen Idee, dieſe die Kopffechter einer vergaͤnglichen Er¬ ſcheinung. Die Gegner des Katholicismus uͤberſehn dieſes Verhaͤltniß faſt immer und bezeichnen auch die Ideologen, wie z. B. Goͤrres, mit dem Eckelnamen Jeſuit. Es ſind gerade die Unfreieſten unter den Proteſtanten, welche die Freiheit der, katholiſchen
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ſich halten, auf ihre Ruinen ſich verſchanzen und ver¬
zweifelte Ausfaͤlle thun.
Wir muͤſſen die Idealiſten des Ultramonta¬
nismus von den Materialiſten deſſelben trennen.
Jenen iſt es um die Idee, dieſen nur um die mate¬
rielle Exiſtenz zu thun. Jene ſind daher ſtreng ge¬
gen die Mißbraͤuche der Kirche ſelbſt, weil ſie die
Idee entweihen, dieſe dagegen geben dieſe Mißbraͤuche
keineswegs zu, ſondern erklaͤren ſie fuͤr ſo heilig, als
die Idee ſelbſt. Der Papſt ſteht demzufolge, wie die
Bourbonen zwiſchen Ideologen und Praktikern, von
denen die Einen fuͤr das Mittelalter predigen, die
Andern fuͤr die Gegenwart handeln. Man kann die
Einen auch Romantiker, die Andern Jeſuiten nen¬
nen, und muß ſie wohl von einander unterſcheiden.
Jene ſind unabhaͤngige Geiſter, dieſe Sclaven. Jene
trennen ſehr genau Idee und Erſcheinung, dieſe hal¬
ten ſich nur an die letztre. Jene vertheidigen fuͤr
den Papſt die Idee der alten Kirche, gegen ihn zu¬
gleich die Freiheit des Wiſſens; dieſe bekuͤmmern ſich
wenig um die Idee, wenn ſie nur das freie Wiſſen
unterdruͤcken koͤnnen, damit man die Erſcheinung beſ¬
ſer glaube. Kurz, jene ſind die Helden einer ewigen
Idee, dieſe die Kopffechter einer vergaͤnglichen Er¬
ſcheinung. Die Gegner des Katholicismus uͤberſehn
dieſes Verhaͤltniß faſt immer und bezeichnen auch die
Ideologen, wie z. B. Goͤrres, mit dem Eckelnamen
Jeſuit. Es ſind gerade die Unfreieſten unter den
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/114>, abgerufen am 26.06.2024.
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