tischen Katholiken erwähnt zu werden, weil sie einen großen Einfluß auf die gebildeten und höchsten Clas¬ sen üben. Diese Partei weiß entweder nicht, was sie will, oder sie will nur die Poesie des Mittelal¬ ters wieder haben, und kennt in der Regel die poli¬ tischen Verhältnisse zu wenig, um sich in diesem Sinn zu interessiren. Sie wird daher nur ein Mittel für die Zwecke einer andern Partei, vorzüglich der Pa¬ pisten, weil in dem poetischen Bilde, das sie sich ent¬ worfen haben, der Papst nothwendig den Mittel¬ punkt einnehmen muß. Es ist ein großer Fehler der Protestanten, der aber für ihre Ehrlichkeit zu spre¬ chen scheint, daß sie die Entzweiung ihrer Gegner nicht benutzen, sondern vielmehr durch ihren Haß und Widerstand deren Einigkeit so viel als möglich be¬ fördern. Was wollen die, die ihr immer verwech¬ selt? die Einen wollen unumschränkte Despotie des Papstes, die Andern eine allgemeine friedliche Kirche, die Dritten eine religiöse Kunst. Dieß sind sehr ver¬ schiedene Dinge.
Das Papstthum ist freilich durch seine eigne Schuld in argen Verfall und noch größern Mißcre¬ dit gerathen. Welche Demüthigung hat es erfahren müssen, und wie hat es sich durch eigne Laster lange Zeit geschändet und gegen sich selbst gewüthet. Es ist also nicht zu verwundern, daß die Papisten einer¬ seits an ihre alte Idee und an die alte Achtung vor derselben appelliren, andrerseits an die Gegenwart
tiſchen Katholiken erwaͤhnt zu werden, weil ſie einen großen Einfluß auf die gebildeten und hoͤchſten Claſ¬ ſen uͤben. Dieſe Partei weiß entweder nicht, was ſie will, oder ſie will nur die Poeſie des Mittelal¬ ters wieder haben, und kennt in der Regel die poli¬ tiſchen Verhaͤltniſſe zu wenig, um ſich in dieſem Sinn zu intereſſiren. Sie wird daher nur ein Mittel fuͤr die Zwecke einer andern Partei, vorzuͤglich der Pa¬ piſten, weil in dem poetiſchen Bilde, das ſie ſich ent¬ worfen haben, der Papſt nothwendig den Mittel¬ punkt einnehmen muß. Es iſt ein großer Fehler der Proteſtanten, der aber fuͤr ihre Ehrlichkeit zu ſpre¬ chen ſcheint, daß ſie die Entzweiung ihrer Gegner nicht benutzen, ſondern vielmehr durch ihren Haß und Widerſtand deren Einigkeit ſo viel als moͤglich be¬ foͤrdern. Was wollen die, die ihr immer verwech¬ ſelt? die Einen wollen unumſchraͤnkte Despotie des Papſtes, die Andern eine allgemeine friedliche Kirche, die Dritten eine religioͤſe Kunſt. Dieß ſind ſehr ver¬ ſchiedene Dinge.
Das Papſtthum iſt freilich durch ſeine eigne Schuld in argen Verfall und noch groͤßern Mißcre¬ dit gerathen. Welche Demuͤthigung hat es erfahren muͤſſen, und wie hat es ſich durch eigne Laſter lange Zeit geſchaͤndet und gegen ſich ſelbſt gewuͤthet. Es iſt alſo nicht zu verwundern, daß die Papiſten einer¬ ſeits an ihre alte Idee und an die alte Achtung vor derſelben appelliren, andrerſeits an die Gegenwart
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tiſchen Katholiken erwaͤhnt zu werden, weil ſie einen
großen Einfluß auf die gebildeten und hoͤchſten Claſ¬
ſen uͤben. Dieſe Partei weiß entweder nicht, was
ſie will, oder ſie will nur die Poeſie des Mittelal¬
ters wieder haben, und kennt in der Regel die poli¬
tiſchen Verhaͤltniſſe zu wenig, um ſich in dieſem Sinn
zu intereſſiren. Sie wird daher nur ein Mittel fuͤr
die Zwecke einer andern Partei, vorzuͤglich der Pa¬
piſten, weil in dem poetiſchen Bilde, das ſie ſich ent¬
worfen haben, der Papſt nothwendig den Mittel¬
punkt einnehmen muß. Es iſt ein großer Fehler der
Proteſtanten, der aber fuͤr ihre Ehrlichkeit zu ſpre¬
chen ſcheint, daß ſie die Entzweiung ihrer Gegner
nicht benutzen, ſondern vielmehr durch ihren Haß und
Widerſtand deren Einigkeit ſo viel als moͤglich be¬
foͤrdern. Was wollen die, die ihr immer verwech¬
ſelt? die Einen wollen unumſchraͤnkte Despotie des
Papſtes, die Andern eine allgemeine friedliche Kirche,
die Dritten eine religioͤſe Kunſt. Dieß ſind ſehr ver¬
ſchiedene Dinge.
Das Papſtthum iſt freilich durch ſeine eigne
Schuld in argen Verfall und noch groͤßern Mißcre¬
dit gerathen. Welche Demuͤthigung hat es erfahren
muͤſſen, und wie hat es ſich durch eigne Laſter lange
Zeit geſchaͤndet und gegen ſich ſelbſt gewuͤthet. Es
iſt alſo nicht zu verwundern, daß die Papiſten einer¬
ſeits an ihre alte Idee und an die alte Achtung vor
derſelben appelliren, andrerſeits an die Gegenwart
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/113>, abgerufen am 17.02.2025.
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