einem Zustande der Dinge führte, bei welchem die obige Schwie- rigkeit vollständig beseitigt erscheint.
Die directe Deckung des Bedarfes ist das Endziel aller wirthschaftlichen Bestrebungen der Menschen. Dieselben ver- folgen bei ihren Tauschoperationen demnach ganz naturgemäss den Endzweck, sich für ihre Waaren solche Güter auszu- tauschen, welche für sie Gebrauchswerth haben, und ist dies Bestreben auf allen Culturstufen gleichmässig vorhanden und ökonomisch durchaus berechtigt. Die wirthschaftenden Individuen würden indess offenbar sehr unökonomisch handeln falls sie überall dort, wo dies Endziel nicht sofort und unmittelbar zu erreichen ist, es verschmähen würden, sich demselben über- haupt zu nähern.
Ein Waffenschmied des homerischen Zeitalters hat zwei kupferne Rüstungen verfertigt und gedenkt dieselben gegen Kupfer, Brennmaterialien und gegen Nahrungsmittel auszutau- schen. Er begibt sich auf den Markt, bietet seine Waare gegen die obigen Güter aus und ist sicherlich sehr befriedigt, wenn er daselbst mit Personen zusammentrifft, die Rüstungen einzutauschen beabsichtigen und zugleich sämmtliche ihm noth- wendige Rohmaterialien und Nahrungsmittel feilbieten. Es müsste indess offenbar als ein besonders glücklicher Zufall betrachtet werden, falls er unter der jeweilig geringen Zahl von Personen, welche ein so wenig absatzfähiges Gut, wie dies seine Rüstungen sind, einzutauschen beabsichtigen, gerade solche fände, welche jene Güter insgesammt ausbieten, deren er benöthigt. Er würde demnach auf den Austsusch seiner Waaren verzichten, zum min- desten aber denselben nur mit bedeutendem Zeitverluste be- werkstelligen können, falls er so unökonomisch handeln würde, eben nur die ihm nöthigen Gebrauchsgüter im Austausche gegen seine Waaren annehmen zu wollen und nicht auch andere Güter, die zwar für ihn gleichfalls den Waarencharakter haben, aber von grösserer Absatzfähigkeit sind als die seinen, Waaren deren Besitz ihm demnach das Auffinden von Personen, welche eben jene Güter besitzen, deren er bedarf, bedeutend erleichtert. In den Zeiten, von welchen wir hier sprechen, ist das Vieh, wie wir weiter unten sehen werden, die absatzfähigste aller Waaren. Der Waffenschmied müsste nun, sagen wir, selbst
Ueber das Wesen und den Ursprung des Geldes.
einem Zustande der Dinge führte, bei welchem die obige Schwie- rigkeit vollständig beseitigt erscheint.
Die directe Deckung des Bedarfes ist das Endziel aller wirthschaftlichen Bestrebungen der Menschen. Dieselben ver- folgen bei ihren Tauschoperationen demnach ganz naturgemäss den Endzweck, sich für ihre Waaren solche Güter auszu- tauschen, welche für sie Gebrauchswerth haben, und ist dies Bestreben auf allen Culturstufen gleichmässig vorhanden und ökonomisch durchaus berechtigt. Die wirthschaftenden Individuen würden indess offenbar sehr unökonomisch handeln falls sie überall dort, wo dies Endziel nicht sofort und unmittelbar zu erreichen ist, es verschmähen würden, sich demselben über- haupt zu nähern.
Ein Waffenschmied des homerischen Zeitalters hat zwei kupferne Rüstungen verfertigt und gedenkt dieselben gegen Kupfer, Brennmaterialien und gegen Nahrungsmittel auszutau- schen. Er begibt sich auf den Markt, bietet seine Waare gegen die obigen Güter aus und ist sicherlich sehr befriedigt, wenn er daselbst mit Personen zusammentrifft, die Rüstungen einzutauschen beabsichtigen und zugleich sämmtliche ihm noth- wendige Rohmaterialien und Nahrungsmittel feilbieten. Es müsste indess offenbar als ein besonders glücklicher Zufall betrachtet werden, falls er unter der jeweilig geringen Zahl von Personen, welche ein so wenig absatzfähiges Gut, wie dies seine Rüstungen sind, einzutauschen beabsichtigen, gerade solche fände, welche jene Güter insgesammt ausbieten, deren er benöthigt. Er würde demnach auf den Austsusch seiner Waaren verzichten, zum min- desten aber denselben nur mit bedeutendem Zeitverluste be- werkstelligen können, falls er so unökonomisch handeln würde, eben nur die ihm nöthigen Gebrauchsgüter im Austausche gegen seine Waaren annehmen zu wollen und nicht auch andere Güter, die zwar für ihn gleichfalls den Waarencharakter haben, aber von grösserer Absatzfähigkeit sind als die seinen, Waaren deren Besitz ihm demnach das Auffinden von Personen, welche eben jene Güter besitzen, deren er bedarf, bedeutend erleichtert. In den Zeiten, von welchen wir hier sprechen, ist das Vieh, wie wir weiter unten sehen werden, die absatzfähigste aller Waaren. Der Waffenschmied müsste nun, sagen wir, selbst
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Ueber das Wesen und den Ursprung des Geldes.
einem Zustande der Dinge führte, bei welchem die obige Schwie-
rigkeit vollständig beseitigt erscheint.
Die directe Deckung des Bedarfes ist das Endziel aller
wirthschaftlichen Bestrebungen der Menschen. Dieselben ver-
folgen bei ihren Tauschoperationen demnach ganz naturgemäss
den Endzweck, sich für ihre Waaren solche Güter auszu-
tauschen, welche für sie Gebrauchswerth haben, und ist dies
Bestreben auf allen Culturstufen gleichmässig vorhanden und
ökonomisch durchaus berechtigt. Die wirthschaftenden Individuen
würden indess offenbar sehr unökonomisch handeln falls sie
überall dort, wo dies Endziel nicht sofort und unmittelbar
zu erreichen ist, es verschmähen würden, sich demselben über-
haupt zu nähern.
Ein Waffenschmied des homerischen Zeitalters hat zwei
kupferne Rüstungen verfertigt und gedenkt dieselben gegen
Kupfer, Brennmaterialien und gegen Nahrungsmittel auszutau-
schen. Er begibt sich auf den Markt, bietet seine Waare
gegen die obigen Güter aus und ist sicherlich sehr befriedigt,
wenn er daselbst mit Personen zusammentrifft, die Rüstungen
einzutauschen beabsichtigen und zugleich sämmtliche ihm noth-
wendige Rohmaterialien und Nahrungsmittel feilbieten. Es müsste
indess offenbar als ein besonders glücklicher Zufall betrachtet
werden, falls er unter der jeweilig geringen Zahl von Personen,
welche ein so wenig absatzfähiges Gut, wie dies seine Rüstungen
sind, einzutauschen beabsichtigen, gerade solche fände, welche
jene Güter insgesammt ausbieten, deren er benöthigt. Er würde
demnach auf den Austsusch seiner Waaren verzichten, zum min-
desten aber denselben nur mit bedeutendem Zeitverluste be-
werkstelligen können, falls er so unökonomisch handeln würde,
eben nur die ihm nöthigen Gebrauchsgüter im Austausche gegen
seine Waaren annehmen zu wollen und nicht auch andere Güter,
die zwar für ihn gleichfalls den Waarencharakter haben, aber
von grösserer Absatzfähigkeit sind als die seinen,
Waaren deren Besitz ihm demnach das Auffinden von Personen,
welche eben jene Güter besitzen, deren er bedarf, bedeutend
erleichtert. In den Zeiten, von welchen wir hier sprechen, ist
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aller Waaren. Der Waffenschmied müsste nun, sagen wir, selbst
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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/270>, abgerufen am 31.07.2024.
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