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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
sich, gleichwie jener der Bodenbenützungen, nicht ohne die
grössten Gewaltsamkeiten auf den Preis der Productionskosten
derselben zurückführen lässt, hat rücksichtlich dieser Kategorie
von Preiserscheinungen gleichfalls zur Aufstellung besonderer
Grundsätze geführt. Die gemeinste Arbeit, wird gesagt, müsse
den Arbeiter sammt Familie ernähren, sonst könnte sie der Ge-
sellschaft nicht dauernd geleistet werden; die Arbeit könne aber
dem Arbeiter auch nicht viel mehr bieten, als die Subsistenz-
mittel, sonst würde eine Vermehrung der Arbeiter eintreten,
welche den Preis ihrer Arbeitsleistungen wieder auf das obige
Niveau herabdrücken würde. Das Subsistenzminimum im obigen
Sinne sei deshalb das Princip, nach welchem sich der Preis der
gemeinsten Arbeit regle, während der höhere Preis der übrigen
Arbeitsleistungen auf Capitalsanlagen, beziehungsweise auf Talent-
renten u. dgl. m., zurückgeführt werden müsse.

Nun lehrt uns aber die Erfahrung, dass es concrete Arbeits-
leistungen giebt, welche für die wirthschaftenden Menschen völlig
nutzlos, ja schädlich, also keine Güter sind, andere, welche trotz
ihrer Güterqualität doch keinen ökonomischen Charakter und
keinen Werth aufweisen, und somit gleichwie die ersteren (wie
wir in der Folge sehen werden) gar keinen Preis haben können.
(Hiezu gehören alle Arbeitsleistungen, welche aus irgend welchen
Gründen der Gesellschaft in so grossen Quantitäten verfügbar
sind, dass sie den nichtökonomischen Charakter erlangen, z. B.
die mit manchen unbesoldeten Aemtern verbundenen Arbeits-
leistungen etc.). Die Arbeitsleistungen sind demnach nicht an
und für sich und unter allen Umständen Güter, oder gar
ökonomische Güter, sie haben nicht nothwendigerweise Werth,
und lässt sich desshalb nicht für jede Arbeitsleistung ein Preis
überhaupt, am wenigsten aber ein bestimmter Preis erzielen.

Die Erfahrung lehrt uns denn auch, dass viele Arbeits-

fügung über Capitalnutzungen zur nothwendigen Voraussetzung, indem die-
selben sonst nicht wirksam werden können. Dieser letztere Umstand be-
schränkt die einem Volke verfügbare Unternehmerthätigkeit im Allgemeinen
und insbesondere jene, welche nur unter der Voraussetzung wirksam werden
kann, dass den bezüglichen wirthschaftenden Individuen Nutzungen grosser
Capitalien verfügbar sind, auf verhältnissmässig sehr geringe Quantitäten.
Der Credit vermehrt, Rechtsunsicherheit vermindert dieselben.

Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.
sich, gleichwie jener der Bodenbenützungen, nicht ohne die
grössten Gewaltsamkeiten auf den Preis der Productionskosten
derselben zurückführen lässt, hat rücksichtlich dieser Kategorie
von Preiserscheinungen gleichfalls zur Aufstellung besonderer
Grundsätze geführt. Die gemeinste Arbeit, wird gesagt, müsse
den Arbeiter sammt Familie ernähren, sonst könnte sie der Ge-
sellschaft nicht dauernd geleistet werden; die Arbeit könne aber
dem Arbeiter auch nicht viel mehr bieten, als die Subsistenz-
mittel, sonst würde eine Vermehrung der Arbeiter eintreten,
welche den Preis ihrer Arbeitsleistungen wieder auf das obige
Niveau herabdrücken würde. Das Subsistenzminimum im obigen
Sinne sei deshalb das Princip, nach welchem sich der Preis der
gemeinsten Arbeit regle, während der höhere Preis der übrigen
Arbeitsleistungen auf Capitalsanlagen, beziehungsweise auf Talent-
renten u. dgl. m., zurückgeführt werden müsse.

Nun lehrt uns aber die Erfahrung, dass es concrete Arbeits-
leistungen giebt, welche für die wirthschaftenden Menschen völlig
nutzlos, ja schädlich, also keine Güter sind, andere, welche trotz
ihrer Güterqualität doch keinen ökonomischen Charakter und
keinen Werth aufweisen, und somit gleichwie die ersteren (wie
wir in der Folge sehen werden) gar keinen Preis haben können.
(Hiezu gehören alle Arbeitsleistungen, welche aus irgend welchen
Gründen der Gesellschaft in so grossen Quantitäten verfügbar
sind, dass sie den nichtökonomischen Charakter erlangen, z. B.
die mit manchen unbesoldeten Aemtern verbundenen Arbeits-
leistungen etc.). Die Arbeitsleistungen sind demnach nicht an
und für sich und unter allen Umständen Güter, oder gar
ökonomische Güter, sie haben nicht nothwendigerweise Werth,
und lässt sich desshalb nicht für jede Arbeitsleistung ein Preis
überhaupt, am wenigsten aber ein bestimmter Preis erzielen.

Die Erfahrung lehrt uns denn auch, dass viele Arbeits-

fügung über Capitalnutzungen zur nothwendigen Voraussetzung, indem die-
selben sonst nicht wirksam werden können. Dieser letztere Umstand be-
schränkt die einem Volke verfügbare Unternehmerthätigkeit im Allgemeinen
und insbesondere jene, welche nur unter der Voraussetzung wirksam werden
kann, dass den bezüglichen wirthschaftenden Individuen Nutzungen grosser
Capitalien verfügbar sind, auf verhältnissmässig sehr geringe Quantitäten.
Der Credit vermehrt, Rechtsunsicherheit vermindert dieselben.
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[150/0168] Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. sich, gleichwie jener der Bodenbenützungen, nicht ohne die grössten Gewaltsamkeiten auf den Preis der Productionskosten derselben zurückführen lässt, hat rücksichtlich dieser Kategorie von Preiserscheinungen gleichfalls zur Aufstellung besonderer Grundsätze geführt. Die gemeinste Arbeit, wird gesagt, müsse den Arbeiter sammt Familie ernähren, sonst könnte sie der Ge- sellschaft nicht dauernd geleistet werden; die Arbeit könne aber dem Arbeiter auch nicht viel mehr bieten, als die Subsistenz- mittel, sonst würde eine Vermehrung der Arbeiter eintreten, welche den Preis ihrer Arbeitsleistungen wieder auf das obige Niveau herabdrücken würde. Das Subsistenzminimum im obigen Sinne sei deshalb das Princip, nach welchem sich der Preis der gemeinsten Arbeit regle, während der höhere Preis der übrigen Arbeitsleistungen auf Capitalsanlagen, beziehungsweise auf Talent- renten u. dgl. m., zurückgeführt werden müsse. Nun lehrt uns aber die Erfahrung, dass es concrete Arbeits- leistungen giebt, welche für die wirthschaftenden Menschen völlig nutzlos, ja schädlich, also keine Güter sind, andere, welche trotz ihrer Güterqualität doch keinen ökonomischen Charakter und keinen Werth aufweisen, und somit gleichwie die ersteren (wie wir in der Folge sehen werden) gar keinen Preis haben können. (Hiezu gehören alle Arbeitsleistungen, welche aus irgend welchen Gründen der Gesellschaft in so grossen Quantitäten verfügbar sind, dass sie den nichtökonomischen Charakter erlangen, z. B. die mit manchen unbesoldeten Aemtern verbundenen Arbeits- leistungen etc.). Die Arbeitsleistungen sind demnach nicht an und für sich und unter allen Umständen Güter, oder gar ökonomische Güter, sie haben nicht nothwendigerweise Werth, und lässt sich desshalb nicht für jede Arbeitsleistung ein Preis überhaupt, am wenigsten aber ein bestimmter Preis erzielen. Die Erfahrung lehrt uns denn auch, dass viele Arbeits- *) *) fügung über Capitalnutzungen zur nothwendigen Voraussetzung, indem die- selben sonst nicht wirksam werden können. Dieser letztere Umstand be- schränkt die einem Volke verfügbare Unternehmerthätigkeit im Allgemeinen und insbesondere jene, welche nur unter der Voraussetzung wirksam werden kann, dass den bezüglichen wirthschaftenden Individuen Nutzungen grosser Capitalien verfügbar sind, auf verhältnissmässig sehr geringe Quantitäten. Der Credit vermehrt, Rechtsunsicherheit vermindert dieselben.

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/168>, abgerufen am 24.11.2024.