von ihrem Werthe möchte zu Schulden kom- men lassen.
Zum Beschlusse dieses Abschnitts will ich das Resultat wiederholen, auf das mich meine Betrachtungen geführt haben.
Staat und Kirche haben zur Absicht, die menschliche Glückseligkeit in diesem und jenem Leben, durch öffentliche Vorkehrungen, zu be- fördern.
Beide wirken auf Gesinnung und Hand- lung der Menschen, auf Grundsätze und An- wendung: der Staat, vermittelst solcher Gründe, die auf Verhältnissen zwischen Mensch und Mensch, oder Mensch und Natur, und die Kirche, die Religion des Staats, vermittelst solcher Gründe, die auf Verhältnissen zwischen Mensch und Gott beruhen. Der Staat be- handelt den Menschen als unsterblichen Sohn der Erde; die Religion als Ebenbild seines Schöpfers.
Grundsätze sind frey. Gesinnungen leiden ihrer Natur nach keinen Zwang, keine Be- stechung. Sie gehören für das Erkenntnißver- mögen des Menschen, und müssen nach dem
Richt-
von ihrem Werthe moͤchte zu Schulden kom- men laſſen.
Zum Beſchluſſe dieſes Abſchnitts will ich das Reſultat wiederholen, auf das mich meine Betrachtungen gefuͤhrt haben.
Staat und Kirche haben zur Abſicht, die menſchliche Gluͤckſeligkeit in dieſem und jenem Leben, durch oͤffentliche Vorkehrungen, zu be- foͤrdern.
Beide wirken auf Geſinnung und Hand- lung der Menſchen, auf Grundſaͤtze und An- wendung: der Staat, vermittelſt ſolcher Gruͤnde, die auf Verhaͤltniſſen zwiſchen Menſch und Menſch, oder Menſch und Natur, und die Kirche, die Religion des Staats, vermittelſt ſolcher Gruͤnde, die auf Verhaͤltniſſen zwiſchen Menſch und Gott beruhen. Der Staat be- handelt den Menſchen als unſterblichen Sohn der Erde; die Religion als Ebenbild ſeines Schoͤpfers.
Grundſaͤtze ſind frey. Geſinnungen leiden ihrer Natur nach keinen Zwang, keine Be- ſtechung. Sie gehoͤren fuͤr das Erkenntnißver- moͤgen des Menſchen, und muͤſſen nach dem
Richt-
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von ihrem Werthe moͤchte zu Schulden kom-
men laſſen.
Zum Beſchluſſe dieſes Abſchnitts will ich
das Reſultat wiederholen, auf das mich meine
Betrachtungen gefuͤhrt haben.
Staat und Kirche haben zur Abſicht, die
menſchliche Gluͤckſeligkeit in dieſem und jenem
Leben, durch oͤffentliche Vorkehrungen, zu be-
foͤrdern.
Beide wirken auf Geſinnung und Hand-
lung der Menſchen, auf Grundſaͤtze und An-
wendung: der Staat, vermittelſt ſolcher
Gruͤnde, die auf Verhaͤltniſſen zwiſchen Menſch
und Menſch, oder Menſch und Natur, und die
Kirche, die Religion des Staats, vermittelſt
ſolcher Gruͤnde, die auf Verhaͤltniſſen zwiſchen
Menſch und Gott beruhen. Der Staat be-
handelt den Menſchen als unſterblichen Sohn
der Erde; die Religion als Ebenbild ſeines
Schoͤpfers.
Grundſaͤtze ſind frey. Geſinnungen leiden
ihrer Natur nach keinen Zwang, keine Be-
ſtechung. Sie gehoͤren fuͤr das Erkenntnißver-
moͤgen des Menſchen, und muͤſſen nach dem
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/90>, abgerufen am 16.02.2025.
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