Staat und Religion -- bürgerliche und geistliche Verfassung -- weltliches und kirchli- ches Ansehen -- diese Stützen des gesellschaft- lichen Lebens so gegen einander zu stellen, daß sie sich die Wage halten, daß sie nicht vielmehr Lasten des gesellschaftlichen Lebens werden, und den Grund desselben stärker drücken, als was sie tragen helfen -- dieses ist in der Politik eine der schwersten Aufgaben, die man seit Jahrhunderten schon aufzulösen bemühet ist, und hie und da vielleicht glücklicher praktisch beygelegt, als theoretisch aufgelöset hat. Man hat für gut befunden, diese verschiedene Ver- hältnisse des geselligen Menschen in moralische Wesen abzusondern, und jedem derselben [ei]n eignes Gebiet, besondere Rechte, Pflichten[,]
Gewalt
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Staat und Religion — buͤrgerliche und geiſtliche Verfaſſung — weltliches und kirchli- ches Anſehen — dieſe Stuͤtzen des geſellſchaft- lichen Lebens ſo gegen einander zu ſtellen, daß ſie ſich die Wage halten, daß ſie nicht vielmehr Laſten des geſellſchaftlichen Lebens werden, und den Grund deſſelben ſtaͤrker druͤcken, als was ſie tragen helfen — dieſes iſt in der Politik eine der ſchwerſten Aufgaben, die man ſeit Jahrhunderten ſchon aufzuloͤſen bemuͤhet iſt, und hie und da vielleicht gluͤcklicher praktiſch beygelegt, als theoretiſch aufgeloͤſet hat. Man hat fuͤr gut befunden, dieſe verſchiedene Ver- haͤltniſſe des geſelligen Menſchen in moraliſche Weſen abzuſondern, und jedem derſelben [ei]n eignes Gebiet, beſondere Rechte, Pflichten[,]
Gewalt
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[[3]/0009]
Staat und Religion — buͤrgerliche und
geiſtliche Verfaſſung — weltliches und kirchli-
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lichen Lebens ſo gegen einander zu ſtellen, daß
ſie ſich die Wage halten, daß ſie nicht vielmehr
Laſten des geſellſchaftlichen Lebens werden, und
den Grund deſſelben ſtaͤrker druͤcken, als was
ſie tragen helfen — dieſes iſt in der Politik
eine der ſchwerſten Aufgaben, die man ſeit
Jahrhunderten ſchon aufzuloͤſen bemuͤhet iſt,
und hie und da vielleicht gluͤcklicher praktiſch
beygelegt, als theoretiſch aufgeloͤſet hat. Man
hat fuͤr gut befunden, dieſe verſchiedene Ver-
haͤltniſſe des geſelligen Menſchen in moraliſche
Weſen abzuſondern, und jedem derſelben ein
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/9>, abgerufen am 16.02.2025.
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