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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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im Oberhause sitzen; die wahrhaftig großen
Männer alle, die in England Amt und Wür-
den bekleiden, und jene 39 Artikel, die sie be-
schworen, nicht mehr so unbedingt annehmen,
als sie ihnen vorgelegt worden; Zählet sie, und
saget alsdenn noch, man könne meiner unter-
drückten Nation keine bürgerliche Freyheit ein-
räumen, weil so viele unter ihnen die Eide ge-
ring achteten! -- Ach! Gott bewahre mein
Herz vor menschenfeindlichen Gedanken! Sit
könnten bey dieser traurigen Betrachtung gar
leicht über Hand nehmen.

Nein! aus Achtung für die Menschheit,
bin ich vielmehr überredet, alle diese Männer
erkennen das nicht für Meineid, was man ih-
nen unter diesem Namen Schuld giebt. Die
gesunde Vernunft sagt ihnen vielleicht, daß nie-
mand, weder Staat noch Kirche, ein Recht ge-
habt, sie über Glaubenssachen zu beeidigen;
weder Staat noch Kirche ein Recht gehabt, mit
dem Glauben und Schwören auf gewisse Sätze,
Amt, Ehre und Würden zu verbinden, oder den
Glauben an gewisse Sätze zur Bedingung zu
machen, unter welchen diese verliehen werden.

Eine
Erster Abschnitt. F

im Oberhauſe ſitzen; die wahrhaftig großen
Maͤnner alle, die in England Amt und Wuͤr-
den bekleiden, und jene 39 Artikel, die ſie be-
ſchworen, nicht mehr ſo unbedingt annehmen,
als ſie ihnen vorgelegt worden; Zaͤhlet ſie, und
ſaget alsdenn noch, man koͤnne meiner unter-
druͤckten Nation keine buͤrgerliche Freyheit ein-
raͤumen, weil ſo viele unter ihnen die Eide ge-
ring achteten! — Ach! Gott bewahre mein
Herz vor menſchenfeindlichen Gedanken! Sit
koͤnnten bey dieſer traurigen Betrachtung gar
leicht uͤber Hand nehmen.

Nein! aus Achtung fuͤr die Menſchheit,
bin ich vielmehr uͤberredet, alle dieſe Maͤnner
erkennen das nicht fuͤr Meineid, was man ih-
nen unter dieſem Namen Schuld giebt. Die
geſunde Vernunft ſagt ihnen vielleicht, daß nie-
mand, weder Staat noch Kirche, ein Recht ge-
habt, ſie uͤber Glaubensſachen zu beeidigen;
weder Staat noch Kirche ein Recht gehabt, mit
dem Glauben und Schwoͤren auf gewiſſe Saͤtze,
Amt, Ehre und Wuͤrden zu verbinden, oder den
Glauben an gewiſſe Saͤtze zur Bedingung zu
machen, unter welchen dieſe verliehen werden.

Eine
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[81/0087] im Oberhauſe ſitzen; die wahrhaftig großen Maͤnner alle, die in England Amt und Wuͤr- den bekleiden, und jene 39 Artikel, die ſie be- ſchworen, nicht mehr ſo unbedingt annehmen, als ſie ihnen vorgelegt worden; Zaͤhlet ſie, und ſaget alsdenn noch, man koͤnne meiner unter- druͤckten Nation keine buͤrgerliche Freyheit ein- raͤumen, weil ſo viele unter ihnen die Eide ge- ring achteten! — Ach! Gott bewahre mein Herz vor menſchenfeindlichen Gedanken! Sit koͤnnten bey dieſer traurigen Betrachtung gar leicht uͤber Hand nehmen. Nein! aus Achtung fuͤr die Menſchheit, bin ich vielmehr uͤberredet, alle dieſe Maͤnner erkennen das nicht fuͤr Meineid, was man ih- nen unter dieſem Namen Schuld giebt. Die geſunde Vernunft ſagt ihnen vielleicht, daß nie- mand, weder Staat noch Kirche, ein Recht ge- habt, ſie uͤber Glaubensſachen zu beeidigen; weder Staat noch Kirche ein Recht gehabt, mit dem Glauben und Schwoͤren auf gewiſſe Saͤtze, Amt, Ehre und Wuͤrden zu verbinden, oder den Glauben an gewiſſe Saͤtze zur Bedingung zu machen, unter welchen dieſe verliehen werden. Eine Erſter Abſchnitt. F

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/87>, abgerufen am 22.11.2024.