Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich verlasse meine spekulativen Betrachtun-
gen, und komme in mein voriges Geleis zurück;
muß aber vorher die Bedingungen festsetzen, un-
ter welchen nach obigen Grundsätzen ein Ver-
trag gültig sey, und gehalten werden müsse.

1) Cajus besitzet ein Gut (irgend ein Mittel
zur Glückseligkeit: den Gebrauch seiner na-
türlichen Fähigkeiten selbst, oder das Recht
auf die Früchte seines Fleißes, und die
damit verbundenen Güter der Natur, oder
was sonst auf eine gerechte Weise ihm zu
eigen geworden; es sey solches ein körper-
liches oder unkörperliches Ding, als näm-
lich Gerechtsame, Freyheiten u. d. g.)

2) Die-
Gewissensrflicht zu folgen. Was ich vorhin
im Gewissen verbunden gewesen, von meinen
Gütern zum Besten meiner Nebenmenschen
überhaupt hinzugeben, bin ich durch die bey
diesem Subjekt ins besondere erregte Erwar-
tung
, im Gewissen verbunden, ihm zukommen
zu lassen. Wodurch aber ist diese Gewissens-
pflicht
in eine Zwangspflicht übergegangen?
Mich dünkt, hierzu gehören unumgänglich die
allhier ausgeführten Grundsätze der Abtretung
überhaupt, und ins besondere der Entschei-
dungsrechte in Collisionsfällen.
D 3

Ich verlaſſe meine ſpekulativen Betrachtun-
gen, und komme in mein voriges Geleis zuruͤck;
muß aber vorher die Bedingungen feſtſetzen, un-
ter welchen nach obigen Grundſaͤtzen ein Ver-
trag guͤltig ſey, und gehalten werden muͤſſe.

1) Cajus beſitzet ein Gut (irgend ein Mittel
zur Gluͤckſeligkeit: den Gebrauch ſeiner na-
tuͤrlichen Faͤhigkeiten ſelbſt, oder das Recht
auf die Fruͤchte ſeines Fleißes, und die
damit verbundenen Guͤter der Natur, oder
was ſonſt auf eine gerechte Weiſe ihm zu
eigen geworden; es ſey ſolches ein koͤrper-
liches oder unkoͤrperliches Ding, als naͤm-
lich Gerechtſame, Freyheiten u. d. g.)

2) Die-
Gewiſſensrflicht zu folgen. Was ich vorhin
im Gewiſſen verbunden geweſen, von meinen
Guͤtern zum Beſten meiner Nebenmenſchen
uͤberhaupt hinzugeben, bin ich durch die bey
dieſem Subjekt ins beſondere erregte Erwar-
tung
, im Gewiſſen verbunden, ihm zukommen
zu laſſen. Wodurch aber iſt dieſe Gewiſſens-
pflicht
in eine Zwangspflicht uͤbergegangen?
Mich duͤnkt, hierzu gehoͤren unumgaͤnglich die
allhier ausgefuͤhrten Grundſaͤtze der Abtretung
uͤberhaupt, und ins beſondere der Entſchei-
dungsrechte in Colliſionsfaͤllen.
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0059" n="53"/>
      <p>Ich verla&#x017F;&#x017F;e meine &#x017F;pekulativen Betrachtun-<lb/>
gen, und komme in mein voriges Geleis zuru&#x0364;ck;<lb/>
muß aber vorher die Bedingungen fe&#x017F;t&#x017F;etzen, un-<lb/>
ter welchen nach obigen Grund&#x017F;a&#x0364;tzen ein Ver-<lb/>
trag gu&#x0364;ltig &#x017F;ey, und gehalten werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
      <p>1) Cajus be&#x017F;itzet ein Gut (irgend ein Mittel<lb/>
zur Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit: den Gebrauch &#x017F;einer na-<lb/>
tu&#x0364;rlichen Fa&#x0364;higkeiten &#x017F;elb&#x017F;t, oder das Recht<lb/>
auf die Fru&#x0364;chte &#x017F;eines Fleißes, und die<lb/>
damit verbundenen Gu&#x0364;ter der Natur, oder<lb/>
was &#x017F;on&#x017F;t auf eine gerechte Wei&#x017F;e ihm zu<lb/>
eigen geworden; es &#x017F;ey &#x017F;olches ein ko&#x0364;rper-<lb/>
liches oder unko&#x0364;rperliches Ding, als na&#x0364;m-<lb/>
lich Gerecht&#x017F;ame, Freyheiten u. d. g.)</p><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw>
      <fw place="bottom" type="catch">2) Die-</fw><lb/>
      <p>
        <note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="*)">Gewi&#x017F;&#x017F;ensrflicht zu folgen. Was ich vorhin<lb/>
im Gewi&#x017F;&#x017F;en verbunden gewe&#x017F;en, von meinen<lb/>
Gu&#x0364;tern zum Be&#x017F;ten meiner Nebenmen&#x017F;chen<lb/>
u&#x0364;berhaupt hinzugeben, bin ich durch die bey<lb/>
die&#x017F;em Subjekt ins be&#x017F;ondere erregte <hi rendition="#fr">Erwar-<lb/>
tung</hi>, im Gewi&#x017F;&#x017F;en verbunden, ihm zukommen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en. Wodurch aber i&#x017F;t die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Gewi&#x017F;&#x017F;ens-<lb/>
pflicht</hi> in eine <hi rendition="#fr">Zwangspflicht</hi> u&#x0364;bergegangen?<lb/>
Mich du&#x0364;nkt, hierzu geho&#x0364;ren unumga&#x0364;nglich die<lb/>
allhier ausgefu&#x0364;hrten Grund&#x017F;a&#x0364;tze der Abtretung<lb/>
u&#x0364;berhaupt, und ins be&#x017F;ondere der Ent&#x017F;chei-<lb/>
dungsrechte in Colli&#x017F;ionsfa&#x0364;llen.</note>
      </p><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0059] Ich verlaſſe meine ſpekulativen Betrachtun- gen, und komme in mein voriges Geleis zuruͤck; muß aber vorher die Bedingungen feſtſetzen, un- ter welchen nach obigen Grundſaͤtzen ein Ver- trag guͤltig ſey, und gehalten werden muͤſſe. 1) Cajus beſitzet ein Gut (irgend ein Mittel zur Gluͤckſeligkeit: den Gebrauch ſeiner na- tuͤrlichen Faͤhigkeiten ſelbſt, oder das Recht auf die Fruͤchte ſeines Fleißes, und die damit verbundenen Guͤter der Natur, oder was ſonſt auf eine gerechte Weiſe ihm zu eigen geworden; es ſey ſolches ein koͤrper- liches oder unkoͤrperliches Ding, als naͤm- lich Gerechtſame, Freyheiten u. d. g.) 2) Die- *) *) Gewiſſensrflicht zu folgen. Was ich vorhin im Gewiſſen verbunden geweſen, von meinen Guͤtern zum Beſten meiner Nebenmenſchen uͤberhaupt hinzugeben, bin ich durch die bey dieſem Subjekt ins beſondere erregte Erwar- tung, im Gewiſſen verbunden, ihm zukommen zu laſſen. Wodurch aber iſt dieſe Gewiſſens- pflicht in eine Zwangspflicht uͤbergegangen? Mich duͤnkt, hierzu gehoͤren unumgaͤnglich die allhier ausgefuͤhrten Grundſaͤtze der Abtretung uͤberhaupt, und ins beſondere der Entſchei- dungsrechte in Colliſionsfaͤllen. D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/59
Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/59>, abgerufen am 18.05.2024.