ins Licht zu setzen, erlaube man mir zu den ersten Begriffen hinaufzusteigen, und den Ursprung der Zwangsrechte und Gültig- keit der Verträge unter den Menschen etwas genauer zu untersuchen. Ich bin in Ge- fahr, für manche Leser zu spekulativ zu werden. Allein hat doch jeder die Freyheit das zu über- schlagen, was nicht nach seinem Geschmacke ist. Den Freunden des Naturrechts dürfte es nicht unangenehm seyn, zu sehen, wie ich mir die ersten Grundsätze desselben zu erörtern gesucht habe. --
Die Befugniß (das sittliche Vermögen) sich eines Dinges als Mittels zu seiner Glückseligkeit zu bedienen, heißt ein Recht. Das Vermögen aber heißt sittlich, wenn es mit den Gesetzen der Weisheit und Güte bestehen kann, und die Dinge, die als Mit- tel zur Glückseligkeit dienen können, wer- den Güter genannt. Der Mensch hat also ein Recht auf gewisse Güter oder Mittel zur Glückseligkeit, in so weit solches den Gesetzen der Weisheit und Güte nicht widerspricht.
Was
ins Licht zu ſetzen, erlaube man mir zu den erſten Begriffen hinaufzuſteigen, und den Urſprung der Zwangsrechte und Guͤltig- keit der Vertraͤge unter den Menſchen etwas genauer zu unterſuchen. Ich bin in Ge- fahr, fuͤr manche Leſer zu ſpekulativ zu werden. Allein hat doch jeder die Freyheit das zu uͤber- ſchlagen, was nicht nach ſeinem Geſchmacke iſt. Den Freunden des Naturrechts duͤrfte es nicht unangenehm ſeyn, zu ſehen, wie ich mir die erſten Grundſaͤtze deſſelben zu eroͤrtern geſucht habe. —
Die Befugniß (das ſittliche Vermoͤgen) ſich eines Dinges als Mittels zu ſeiner Gluͤckſeligkeit zu bedienen, heißt ein Recht. Das Vermoͤgen aber heißt ſittlich, wenn es mit den Geſetzen der Weisheit und Guͤte beſtehen kann, und die Dinge, die als Mit- tel zur Gluͤckſeligkeit dienen koͤnnen, wer- den Guͤter genannt. Der Menſch hat alſo ein Recht auf gewiſſe Guͤter oder Mittel zur Gluͤckſeligkeit, in ſo weit ſolches den Geſetzen der Weisheit und Guͤte nicht widerſpricht.
Was
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ins Licht zu ſetzen, erlaube man mir zu den
erſten Begriffen hinaufzuſteigen, und den
Urſprung der Zwangsrechte und Guͤltig-
keit der Vertraͤge unter den Menſchen
etwas genauer zu unterſuchen. Ich bin in Ge-
fahr, fuͤr manche Leſer zu ſpekulativ zu werden.
Allein hat doch jeder die Freyheit das zu uͤber-
ſchlagen, was nicht nach ſeinem Geſchmacke iſt.
Den Freunden des Naturrechts duͤrfte es nicht
unangenehm ſeyn, zu ſehen, wie ich mir die
erſten Grundſaͤtze deſſelben zu eroͤrtern geſucht
habe. —
Die Befugniß (das ſittliche Vermoͤgen)
ſich eines Dinges als Mittels zu ſeiner
Gluͤckſeligkeit zu bedienen, heißt ein Recht.
Das Vermoͤgen aber heißt ſittlich, wenn es
mit den Geſetzen der Weisheit und Guͤte
beſtehen kann, und die Dinge, die als Mit-
tel zur Gluͤckſeligkeit dienen koͤnnen, wer-
den Guͤter genannt. Der Menſch hat alſo
ein Recht auf gewiſſe Guͤter oder Mittel
zur Gluͤckſeligkeit, in ſo weit ſolches den
Geſetzen der Weisheit und Guͤte nicht
widerſpricht.
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/35>, abgerufen am 16.07.2024.
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