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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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bald der Mensch zur Erkenntnis kömmt, daß er,
ausserhalb der Gesellschaft, so wenig die Pflich-
ten gegen sich selbst und gegen den Urheber sei-
nes Daseyns, als die Pflichten gegen seinen
Nächsten erfüllen, und also ohne Gefühl seines
Elends nicht länger in seinem einsamen Zustan-
de bleiben kann; so ist er verbunden, denselben
zu verlassen, mit seines gleichen in Gesellschaft
zu treten, um durch gegenseitige Hülfe ihre Be-
dürfnisse zu befriedigen, und durch gemeinsame
Vorkehrungen, ihr gemeinsames Beste zu be-
fördern. Ihr gemeinsames Beste aber begreift
das Gegenwärtige sowohl als das Zukünftige,
das Geistliche sowohl als das Irdische, in
sich. Eins ist von dem andern unzertrenn-
lich. Ohne Erfüllung unserer Obliegenheiten
ist für uns weder hie noch da; weder auf Er-
den, noch im Himmel, ein Glück zu erwar-
ten. Nun gehöret zur wahren Erfüllung un-
serer Pflichten, zweyerlei: Handlung und
Gesinnung. Durch die Handlung geschieht
das, was die Pflicht erfordert, und die Ge-
sinnung macht, daß es aus der wahren Quelle
komme, d. i. aus ächten Bewegungsgründen
geschehe.

Also

bald der Menſch zur Erkenntnis koͤmmt, daß er,
auſſerhalb der Geſellſchaft, ſo wenig die Pflich-
ten gegen ſich ſelbſt und gegen den Urheber ſei-
nes Daſeyns, als die Pflichten gegen ſeinen
Naͤchſten erfuͤllen, und alſo ohne Gefuͤhl ſeines
Elends nicht laͤnger in ſeinem einſamen Zuſtan-
de bleiben kann; ſo iſt er verbunden, denſelben
zu verlaſſen, mit ſeines gleichen in Geſellſchaft
zu treten, um durch gegenſeitige Huͤlfe ihre Be-
duͤrfniſſe zu befriedigen, und durch gemeinſame
Vorkehrungen, ihr gemeinſames Beſte zu be-
foͤrdern. Ihr gemeinſames Beſte aber begreift
das Gegenwaͤrtige ſowohl als das Zukuͤnftige,
das Geiſtliche ſowohl als das Irdiſche, in
ſich. Eins iſt von dem andern unzertrenn-
lich. Ohne Erfuͤllung unſerer Obliegenheiten
iſt fuͤr uns weder hie noch da; weder auf Er-
den, noch im Himmel, ein Gluͤck zu erwar-
ten. Nun gehoͤret zur wahren Erfuͤllung un-
ſerer Pflichten, zweyerlei: Handlung und
Geſinnung. Durch die Handlung geſchieht
das, was die Pflicht erfordert, und die Ge-
ſinnung macht, daß es aus der wahren Quelle
komme, d. i. aus aͤchten Bewegungsgruͤnden
geſchehe.

Alſo
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[18/0024] bald der Menſch zur Erkenntnis koͤmmt, daß er, auſſerhalb der Geſellſchaft, ſo wenig die Pflich- ten gegen ſich ſelbſt und gegen den Urheber ſei- nes Daſeyns, als die Pflichten gegen ſeinen Naͤchſten erfuͤllen, und alſo ohne Gefuͤhl ſeines Elends nicht laͤnger in ſeinem einſamen Zuſtan- de bleiben kann; ſo iſt er verbunden, denſelben zu verlaſſen, mit ſeines gleichen in Geſellſchaft zu treten, um durch gegenſeitige Huͤlfe ihre Be- duͤrfniſſe zu befriedigen, und durch gemeinſame Vorkehrungen, ihr gemeinſames Beſte zu be- foͤrdern. Ihr gemeinſames Beſte aber begreift das Gegenwaͤrtige ſowohl als das Zukuͤnftige, das Geiſtliche ſowohl als das Irdiſche, in ſich. Eins iſt von dem andern unzertrenn- lich. Ohne Erfuͤllung unſerer Obliegenheiten iſt fuͤr uns weder hie noch da; weder auf Er- den, noch im Himmel, ein Gluͤck zu erwar- ten. Nun gehoͤret zur wahren Erfuͤllung un- ſerer Pflichten, zweyerlei: Handlung und Geſinnung. Durch die Handlung geſchieht das, was die Pflicht erfordert, und die Ge- ſinnung macht, daß es aus der wahren Quelle komme, d. i. aus aͤchten Bewegungsgruͤnden geſchehe. Alſo

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/24>, abgerufen am 27.11.2024.