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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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lischer Eigenschaften keine Dinge bequemer und
bedeutender finden, als die Thiere. Die Ursa-
chen sind eben dieselben, die mein Freund Les-
sing
, in seiner Abhandlung von der Fabel, an-
giebt, warum Aesop die Thiere zu seinen han-
delnden Wesen in der Apologue gewählt hat.
Jedes Thier hat seinen bestimmten, auszeich-
nenden Charakter, und kündiget sich dem ersten
Anblicke gleich von dieser Seite an, indem die
ganze Bildung desselben mehrentheils auf dieses
eigentümliche Unterscheidungszeichen hinweiset.
Dieses Thier ist behende, jenes scharfsichtig; die-
ses stark, jenes gelassen; dieses treu, und den
Menschen ergeben, jenes falsch, oder liebt die
Freyheit u. s. w. Ja die leblosen Dinge selbst
haben in ihrem Aeußern mehr Bestimmtheit, als
der Mensch dem Menschen. Dieser sagt, dem
ersten Anblicke nach, nichts, oder vielmehr al-
les. Er besitzet diese Eigenschaften alle, schließt
keine derselben wenigstens völlig aus, und das
Mehr oder Weniger davon zeigt er nicht sogleich
an der Oberfläche. Sein unterscheidender Cha-
rakter fällt also nicht in die Augen, und er ist

zu
Zweiter Abschn. F

liſcher Eigenſchaften keine Dinge bequemer und
bedeutender finden, als die Thiere. Die Urſa-
chen ſind eben dieſelben, die mein Freund Leſ-
ſing
, in ſeiner Abhandlung von der Fabel, an-
giebt, warum Aeſop die Thiere zu ſeinen han-
delnden Weſen in der Apologue gewaͤhlt hat.
Jedes Thier hat ſeinen beſtimmten, auszeich-
nenden Charakter, und kuͤndiget ſich dem erſten
Anblicke gleich von dieſer Seite an, indem die
ganze Bildung deſſelben mehrentheils auf dieſes
eigentuͤmliche Unterſcheidungszeichen hinweiſet.
Dieſes Thier iſt behende, jenes ſcharfſichtig; die-
ſes ſtark, jenes gelaſſen; dieſes treu, und den
Menſchen ergeben, jenes falſch, oder liebt die
Freyheit u. ſ. w. Ja die lebloſen Dinge ſelbſt
haben in ihrem Aeußern mehr Beſtimmtheit, als
der Menſch dem Menſchen. Dieſer ſagt, dem
erſten Anblicke nach, nichts, oder vielmehr al-
les. Er beſitzet dieſe Eigenſchaften alle, ſchließt
keine derſelben wenigſtens voͤllig aus, und das
Mehr oder Weniger davon zeigt er nicht ſogleich
an der Oberflaͤche. Sein unterſcheidender Cha-
rakter faͤllt alſo nicht in die Augen, und er iſt

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[81/0183] liſcher Eigenſchaften keine Dinge bequemer und bedeutender finden, als die Thiere. Die Urſa- chen ſind eben dieſelben, die mein Freund Leſ- ſing, in ſeiner Abhandlung von der Fabel, an- giebt, warum Aeſop die Thiere zu ſeinen han- delnden Weſen in der Apologue gewaͤhlt hat. Jedes Thier hat ſeinen beſtimmten, auszeich- nenden Charakter, und kuͤndiget ſich dem erſten Anblicke gleich von dieſer Seite an, indem die ganze Bildung deſſelben mehrentheils auf dieſes eigentuͤmliche Unterſcheidungszeichen hinweiſet. Dieſes Thier iſt behende, jenes ſcharfſichtig; die- ſes ſtark, jenes gelaſſen; dieſes treu, und den Menſchen ergeben, jenes falſch, oder liebt die Freyheit u. ſ. w. Ja die lebloſen Dinge ſelbſt haben in ihrem Aeußern mehr Beſtimmtheit, als der Menſch dem Menſchen. Dieſer ſagt, dem erſten Anblicke nach, nichts, oder vielmehr al- les. Er beſitzet dieſe Eigenſchaften alle, ſchließt keine derſelben wenigſtens voͤllig aus, und das Mehr oder Weniger davon zeigt er nicht ſogleich an der Oberflaͤche. Sein unterſcheidender Cha- rakter faͤllt alſo nicht in die Augen, und er iſt zu Zweiter Abſchn. F

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/183>, abgerufen am 22.11.2024.