nicht nur, um sie andern mittheilen, sondern um sie für sich selbst festhalten, und so oft es nö- thig ist, wieder beachten zu können Die ersten Schritte zur Absonderung allgemeiner Merkmale wird er zwar ohne Zeichen thun können, und thun müssen; denn noch itzt müssen alle neue abstrakte Begriffe ohne Hülfe der Zeichen gebil- det, und sodann erst mit einem Namen belegt werden. Das gemeinsame Merkmal muß zu- vörderst, durch die Kraft der Aufmerksamkeit, aus dem Gewebe, in welchem es verflochten ist, her- ausgehoben, und hervorstechend gemacht wer- den. Hierzu verhilft von der einen Seite die objektive Gewalt des Eindruks, den dieses Merkmal auf uns zu machen fähig ist; so wie von unserer Seite, das subjektive Interesse, das wir an demselben haben. Aber dieses Heraus- heben und Beachten des gemeinsamen Merk- mals kostet der Seele einige Anstrengung. Nicht lange, so verschwindet das Licht wieder, das die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt des Gegen- standes gesammelt hatte, und er verlieret sich in den Schatten der ganzen Masse, mit welcher er vereinigt ist. Die Seele ist nicht im Stande
viel
Zweiter Abschn. E
nicht nur, um ſie andern mittheilen, ſondern um ſie fuͤr ſich ſelbſt feſthalten, und ſo oft es noͤ- thig iſt, wieder beachten zu koͤnnen Die erſten Schritte zur Abſonderung allgemeiner Merkmale wird er zwar ohne Zeichen thun koͤnnen, und thun muͤſſen; denn noch itzt muͤſſen alle neue abſtrakte Begriffe ohne Huͤlfe der Zeichen gebil- det, und ſodann erſt mit einem Namen belegt werden. Das gemeinſame Merkmal muß zu- voͤrderſt, durch die Kraft der Aufmerkſamkeit, aus dem Gewebe, in welchem es verflochten iſt, her- ausgehoben, und hervorſtechend gemacht wer- den. Hierzu verhilft von der einen Seite die objektive Gewalt des Eindruks, den dieſes Merkmal auf uns zu machen faͤhig iſt; ſo wie von unſerer Seite, das ſubjektive Intereſſe, das wir an demſelben haben. Aber dieſes Heraus- heben und Beachten des gemeinſamen Merk- mals koſtet der Seele einige Anſtrengung. Nicht lange, ſo verſchwindet das Licht wieder, das die Aufmerkſamkeit auf dieſen Punkt des Gegen- ſtandes geſammelt hatte, und er verlieret ſich in den Schatten der ganzen Maſſe, mit welcher er vereinigt iſt. Die Seele iſt nicht im Stande
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Zweiter Abſchn. E
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nicht nur, um ſie andern mittheilen, ſondern
um ſie fuͤr ſich ſelbſt feſthalten, und ſo oft es noͤ-
thig iſt, wieder beachten zu koͤnnen Die erſten
Schritte zur Abſonderung allgemeiner Merkmale
wird er zwar ohne Zeichen thun koͤnnen, und
thun muͤſſen; denn noch itzt muͤſſen alle neue
abſtrakte Begriffe ohne Huͤlfe der Zeichen gebil-
det, und ſodann erſt mit einem Namen belegt
werden. Das gemeinſame Merkmal muß zu-
voͤrderſt, durch die Kraft der Aufmerkſamkeit, aus
dem Gewebe, in welchem es verflochten iſt, her-
ausgehoben, und hervorſtechend gemacht wer-
den. Hierzu verhilft von der einen Seite die
objektive Gewalt des Eindruks, den dieſes
Merkmal auf uns zu machen faͤhig iſt; ſo wie
von unſerer Seite, das ſubjektive Intereſſe, das
wir an demſelben haben. Aber dieſes Heraus-
heben und Beachten des gemeinſamen Merk-
mals koſtet der Seele einige Anſtrengung. Nicht
lange, ſo verſchwindet das Licht wieder, das die
Aufmerkſamkeit auf dieſen Punkt des Gegen-
ſtandes geſammelt hatte, und er verlieret ſich
in den Schatten der ganzen Maſſe, mit welcher
er vereinigt iſt. Die Seele iſt nicht im Stande
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/167>, abgerufen am 16.02.2025.
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