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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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führen nur zu Verbitterung und Streitsucht,
dabey die Wahrheit selten gewinnet.

Ja, der Forscher gehet so weit, mich folgen-
der Gestalt anzureden: "Sollte der jetzt von Ih-
"nen gethane gar merkwürdige Schritt wohl
"wirklich ein Schritt zur Erfüllung der ehemals
"an Sie ergangenen Lavaterschen Wünsche scyn?
"Unstreitig haben Sie nach jener Veranlassung
"der Sache des Christentums näher nachge-
"dacht, und den Werth der in mannigfaltigen
"Gestalten und Modifikationen vor ihren Augen
"liegenden christlichen Religionssysteme mit der
"Unparteylichkeit eines unbestechbaren Wahr-
"heitsforschers genauer gewogen. Vielleicht sind
"Sie jetzt dem Glauben der Christen näher getre-
"ten, indem Sie der Knechtschaft eiserner Kir-
"chenbande sich entreissen, und das Freyheitssy-
"stem des vernünftigern Gottesdienstes nun-
"mehr selbst lehren, welches das eigentliche Ge-
"präge der christlichen Gottesverehrung aus-
"macht, nach welchem wir dem Zwange und lä-
"stigen Zeremonien entronnen sind, und den wah-
"ren Gottesdienst weder an Samaria noch an
"Jerusalem binden, sondern das Wesen der Re-

"ligion

fuͤhren nur zu Verbitterung und Streitſucht,
dabey die Wahrheit ſelten gewinnet.

Ja, der Forſcher gehet ſo weit, mich folgen-
der Geſtalt anzureden: „Sollte der jetzt von Ih-
„nen gethane gar merkwuͤrdige Schritt wohl
„wirklich ein Schritt zur Erfuͤllung der ehemals
„an Sie ergangenen Lavaterſchen Wuͤnſche ſcyn?
„Unſtreitig haben Sie nach jener Veranlaſſung
„der Sache des Chriſtentums naͤher nachge-
„dacht, und den Werth der in mannigfaltigen
„Geſtalten und Modifikationen vor ihren Augen
„liegenden chriſtlichen Religionsſyſteme mit der
„Unparteylichkeit eines unbeſtechbaren Wahr-
„heitsforſchers genauer gewogen. Vielleicht ſind
„Sie jetzt dem Glauben der Chriſten naͤher getre-
„ten, indem Sie der Knechtſchaft eiſerner Kir-
„chenbande ſich entreiſſen, und das Freyheitsſy-
„ſtem des vernuͤnftigern Gottesdienſtes nun-
„mehr ſelbſt lehren, welches das eigentliche Ge-
„praͤge der chriſtlichen Gottesverehrung aus-
„macht, nach welchem wir dem Zwange und laͤ-
„ſtigen Zeremonien entronnen ſind, und den wah-
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„Jeruſalem binden, ſondern das Weſen der Re-

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[24/0126] fuͤhren nur zu Verbitterung und Streitſucht, dabey die Wahrheit ſelten gewinnet. Ja, der Forſcher gehet ſo weit, mich folgen- der Geſtalt anzureden: „Sollte der jetzt von Ih- „nen gethane gar merkwuͤrdige Schritt wohl „wirklich ein Schritt zur Erfuͤllung der ehemals „an Sie ergangenen Lavaterſchen Wuͤnſche ſcyn? „Unſtreitig haben Sie nach jener Veranlaſſung „der Sache des Chriſtentums naͤher nachge- „dacht, und den Werth der in mannigfaltigen „Geſtalten und Modifikationen vor ihren Augen „liegenden chriſtlichen Religionsſyſteme mit der „Unparteylichkeit eines unbeſtechbaren Wahr- „heitsforſchers genauer gewogen. Vielleicht ſind „Sie jetzt dem Glauben der Chriſten naͤher getre- „ten, indem Sie der Knechtſchaft eiſerner Kir- „chenbande ſich entreiſſen, und das Freyheitsſy- „ſtem des vernuͤnftigern Gottesdienſtes nun- „mehr ſelbſt lehren, welches das eigentliche Ge- „praͤge der chriſtlichen Gottesverehrung aus- „macht, nach welchem wir dem Zwange und laͤ- „ſtigen Zeremonien entronnen ſind, und den wah- „ren Gottesdienſt weder an Samaria noch an „Jeruſalem binden, ſondern das Weſen der Re- „ligion

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/126>, abgerufen am 24.11.2024.