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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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XL. Von einem Blutschender/ so sich
selbst verklagt.

EJner begehet Blutschand/ vnd gerewet jhn
dieselbe hierauff so sehr/ daß er sich selbst der
Obrigkeit anzeigte. Da man jn nun hinauß
führte/ sagt er zum Priester/ der jn tröstete:
Herr/ wie hoch meinet jhr/ daß ich mein Leben lösen
wolte/ wenn es mir gestattet würde? Der Priester
sagt/ er wuste es nit/ darauff sagt der Sünder: Jch
wolt mein Leben nit mit einem Pfennig lösen/ wen
ichs gleich könnte. Jch dancke Gott von grund mei-
nes hertzens/ das ich zum tod geführt werde/ vnnd
meine verdiente straff leide/ damit ich also von der
vnleidlichen qual des gewissens möge erlediget wer
den. Jch glaub/ daß Gott mir die ewig straff erlasen
wird wegen seines viel geliebten Sohns/ der vmb
meinet willen gestorben ist. D. Simon Pauli in expli-
cat. historiae supplicis D. N. I. C. pag.
391.

Ambrosius.

Es ist kein schwerer straff/ als wenn das gewif-
fen verwund ist.

Bernhardus.

Das gewissen ist wie ein Beth der Seelen/ dar-
auff der Mensch entweder Ruhe oder qual hat.
Dan wir sehen das ein gesunder Mensch ruhe auff
seinem Beth hat/ ein Krancker aber hatt qual auff
seinem Beth. Also ein frommer Mensch ruhet in
Gott gerühiglichen in seinem gewissen: Ein Gott-
loser Mensch aber der wird in seinem gewissen ge-
quelet. Dann es ist kein grösser vnd beschwerlicher
straff als ein böß gewissen/ welches für vnd für ge-
naget wird.

Basilius.
XL. Von einem Blutſchender/ ſo ſich
ſelbſt verklagt.

EJner begehet Blutſchand/ vnd gerewet jhn
dieſelbe hierauff ſo ſehr/ daß er ſich ſelbſt der
Obrigkeit anzeigte. Da man jn nun hinauß
fuͤhrte/ ſagt er zum Prieſter/ der jn troͤſtete:
Herꝛ/ wie hoch meinet jhr/ daß ich mein Leben loͤſen
wolte/ wenn es mir geſtattet wuͤrde? Der Prieſter
ſagt/ er wuſte es nit/ darauff ſagt der Suͤnder: Jch
wolt mein Leben nit mit einem Pfennig loͤſen/ wen
ichs gleich koͤnnte. Jch dancke Gott von grund mei-
nes hertzens/ das ich zum tod gefuͤhrt werde/ vnnd
meine verdiente ſtraff leide/ damit ich alſo von der
vnleidlichen qual des gewiſſens moͤge erlediget wer
den. Jch glaub/ daß Gott mir die ewig ſtraff erlaſen
wird wegen ſeines viel geliebten Sohns/ der vmb
meinet willen geſtorben iſt. D. Simon Pauli in expli-
cat. hiſtoriæ ſupplicis D. N. I. C. pag.
391.

Ambroſius.

Es iſt kein ſchwerer ſtraff/ als wenn das gewif-
fen verwund iſt.

Bernhardus.

Das gewiſſen iſt wie ein Beth der Seelen/ dar-
auff der Menſch entweder Ruhe oder qual hat.
Dan wir ſehen das ein geſunder Menſch ruhe auff
ſeinem Beth hat/ ein Krancker aber hatt qual auff
ſeinem Beth. Alſo ein frommer Menſch ruhet in
Gott geruͤhiglichen in ſeinem gewiſſen: Ein Gott-
loſer Menſch aber der wird in ſeinem gewiſſen ge-
quelet. Dann es iſt kein groͤſſer vnd beſchwerlicher
ſtraff als ein boͤß gewiſſen/ welches fuͤr vnd fuͤr ge-
naget wird.

Baſilius.
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[47/0051] XL. Von einem Blutſchender/ ſo ſich ſelbſt verklagt. EJner begehet Blutſchand/ vnd gerewet jhn dieſelbe hierauff ſo ſehr/ daß er ſich ſelbſt der Obrigkeit anzeigte. Da man jn nun hinauß fuͤhrte/ ſagt er zum Prieſter/ der jn troͤſtete: Herꝛ/ wie hoch meinet jhr/ daß ich mein Leben loͤſen wolte/ wenn es mir geſtattet wuͤrde? Der Prieſter ſagt/ er wuſte es nit/ darauff ſagt der Suͤnder: Jch wolt mein Leben nit mit einem Pfennig loͤſen/ wen ichs gleich koͤnnte. Jch dancke Gott von grund mei- nes hertzens/ das ich zum tod gefuͤhrt werde/ vnnd meine verdiente ſtraff leide/ damit ich alſo von der vnleidlichen qual des gewiſſens moͤge erlediget wer den. Jch glaub/ daß Gott mir die ewig ſtraff erlaſen wird wegen ſeines viel geliebten Sohns/ der vmb meinet willen geſtorben iſt. D. Simon Pauli in expli- cat. hiſtoriæ ſupplicis D. N. I. C. pag. 391. Ambroſius. Es iſt kein ſchwerer ſtraff/ als wenn das gewif- fen verwund iſt. Bernhardus. Das gewiſſen iſt wie ein Beth der Seelen/ dar- auff der Menſch entweder Ruhe oder qual hat. Dan wir ſehen das ein geſunder Menſch ruhe auff ſeinem Beth hat/ ein Krancker aber hatt qual auff ſeinem Beth. Alſo ein frommer Menſch ruhet in Gott geruͤhiglichen in ſeinem gewiſſen: Ein Gott- loſer Menſch aber der wird in ſeinem gewiſſen ge- quelet. Dann es iſt kein groͤſſer vnd beſchwerlicher ſtraff als ein boͤß gewiſſen/ welches fuͤr vnd fuͤr ge- naget wird. Baſilius.

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/51>, abgerufen am 27.04.2024.