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Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

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man dann den vor vngelerter halten/ der so bäwri-
sche grobe Sitten an sich hat/ vnnd von einem gro-
ben Schmutz nicht kan vnderschieden werden. M.
Petrus Vincentius pflegte zu Marpurg fleissig
zu sagen/ Qui non sunt assuefacti honestis mori-
bus, ii a sue facti sunt.
Das ist/ welche nicht zu guten
Sitten sind gewehnet worden/ die sind von einer
groben Saw gemacht worden. Man glaubts nit/
wie viel ein gelehrter Mann an seiner Authoritet
verlust hat/ wann er nicht von höfflichen zierlichen
Sitten ist: Dann die Hoffdiener verspotten jhn der
Wort/ vnd haben jhr kurtzweil mit jhm. Darumb/
wer zu Hoff seine Anthoritet erhalten wil/ der soll
gantz vnnd gar dahin dencken/ daß er nicht allein in
studüs/ sondern auch in guten Sitten völle ver-
sirt vnd geschickt sey.

CCLXXVII. Von Doctore An-
tonio.

WJe Antonius ein Rechtsgelerter war/
also war er auch von Sitten. Dann als
er auff ein zeit mit eines Hertzogen Wit-
wen zu morgen aß/ vnd der Fürst in für-
legen wolte/ sagt er: G. Fraw/ ich wolt euch gern et-
was guts fürlegen/ so ist nichts guts in der Schüs-
seln. Daher war er hinfür nit mehr durch die Für-
stin zum essen beruffen. Eben also stelt er sich gegen
einen Fürsten/ der jm ein stück von einem Wilden-
schwein schicket: Dann/ als jhm desselb vberliessert
ward/ hat er dem Fürsten nicht mit dem geringsten
Wort dancksagen lassen/ welches dann den Fürsten
hart verdroß/ gedocht jhm deßwegen einen tich zu
geben/ vnd sprach: Was sagt jr vns für einen danck
für das Schweinenwildprät/ so wir euch newlich
geschickt haben. Er antwortet: Gn. Herr/ es war so
gar mager/ daß ichs nicht essen mögen: habs derhal-

ben

man dann den vor vngelerter halten/ der ſo baͤwri-
ſche grobe Sitten an ſich hat/ vnnd von einem gro-
ben Schmutz nicht kan vnderſchieden werden. M.
Petrus Vincentius pflegte zu Marpurg fleiſſig
zu ſagen/ Qui non ſunt aſſuefacti honeſtis mori-
bus, ii a ſue facti ſunt.
Das iſt/ welche nicht zu gutẽ
Sitten ſind gewehnet worden/ die ſind von einer
groben Saw gemacht worden. Man glaubts nit/
wie viel ein gelehrter Mann an ſeiner Authoritet
verluſt hat/ wann er nicht von hoͤfflichen zierlichen
Sitten iſt: Dann die Hoffdiener verſpotten jhn der
Wort/ vnd haben jhr kurtzweil mit jhm. Darumb/
wer zu Hoff ſeine Anthoritet erhalten wil/ der ſoll
gantz vnnd gar dahin dencken/ daß er nicht allein in
ſtudüs/ ſondern auch in guten Sitten voͤlle ver-
ſirt vnd geſchickt ſey.

CCLXXVII. Von Doctore An-
tonio.

WJe Antonius ein Rechtsgelerter war/
alſo war er auch von Sitten. Dann als
er auff ein zeit mit eines Hertzogẽ Wit-
wen zu morgen aß/ vnd der Fuͤrſt in fuͤr-
legen wolte/ ſagt er: G. Fraw/ ich wolt euch gern et-
was guts fuͤrlegen/ ſo iſt nichts guts in der Schuͤſ-
ſeln. Daher war er hinfuͤr nit mehr durch die Fuͤr-
ſtin zum eſſen beruffen. Eben alſo ſtelt er ſich gegen
einen Fuͤrſten/ der jm ein ſtuͤck von einem Wilden-
ſchwein ſchicket: Dann/ als jhm deſſelb vberlieſſert
ward/ hat er dem Fuͤrſten nicht mit dem geringſten
Wort danckſagen laſſen/ welches dann den Fuͤꝛſten
hart verdroß/ gedocht jhm deßwegen einen tich zu
geben/ vnd ſprach: Was ſagt jr vns fuͤr einen danck
fuͤr das Schweinenwildpraͤt/ ſo wir euch newlich
geſchickt haben. Er antwortet: Gn. Herr/ es war ſo
gar mager/ daß ichs nicht eſſen moͤgẽ: habs derhal-

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[293/0319] man dann den vor vngelerter halten/ der ſo baͤwri- ſche grobe Sitten an ſich hat/ vnnd von einem gro- ben Schmutz nicht kan vnderſchieden werden. M. Petrus Vincentius pflegte zu Marpurg fleiſſig zu ſagen/ Qui non ſunt aſſuefacti honeſtis mori- bus, ii a ſue facti ſunt. Das iſt/ welche nicht zu gutẽ Sitten ſind gewehnet worden/ die ſind von einer groben Saw gemacht worden. Man glaubts nit/ wie viel ein gelehrter Mann an ſeiner Authoritet verluſt hat/ wann er nicht von hoͤfflichen zierlichen Sitten iſt: Dann die Hoffdiener verſpotten jhn der Wort/ vnd haben jhr kurtzweil mit jhm. Darumb/ wer zu Hoff ſeine Anthoritet erhalten wil/ der ſoll gantz vnnd gar dahin dencken/ daß er nicht allein in ſtudüs/ ſondern auch in guten Sitten voͤlle ver- ſirt vnd geſchickt ſey. CCLXXVII. Von Doctore An- tonio. WJe Antonius ein Rechtsgelerter war/ alſo war er auch von Sitten. Dann als er auff ein zeit mit eines Hertzogẽ Wit- wen zu morgen aß/ vnd der Fuͤrſt in fuͤr- legen wolte/ ſagt er: G. Fraw/ ich wolt euch gern et- was guts fuͤrlegen/ ſo iſt nichts guts in der Schuͤſ- ſeln. Daher war er hinfuͤr nit mehr durch die Fuͤr- ſtin zum eſſen beruffen. Eben alſo ſtelt er ſich gegen einen Fuͤrſten/ der jm ein ſtuͤck von einem Wilden- ſchwein ſchicket: Dann/ als jhm deſſelb vberlieſſert ward/ hat er dem Fuͤrſten nicht mit dem geringſten Wort danckſagen laſſen/ welches dann den Fuͤꝛſten hart verdroß/ gedocht jhm deßwegen einen tich zu geben/ vnd ſprach: Was ſagt jr vns fuͤr einen danck fuͤr das Schweinenwildpraͤt/ ſo wir euch newlich geſchickt haben. Er antwortet: Gn. Herr/ es war ſo gar mager/ daß ichs nicht eſſen moͤgẽ: habs derhal- ben

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Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/319>, abgerufen am 25.11.2024.