Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605.

Bild:
<< vorherige Seite
CLXXXVII Von Petro. N. N. ei-
nem versoffenen Studenten.

WArumb sicht man doch den Petrum N.
N. nimmermehr in der Kirchen? War-
umb sicht man jhn nicht spatziren in der
Stadt vmb her/ auch nicht auff dem
Marck? Meynet jhr daß er so fleissig studire? Ey
nein/ er solt/ wann er so fleissig studirte/ den Kopff
wol darüber zerbrechen. Was thut er dann/ wann
er so stetigs in seinem Museo oder studier stuben
beschlossen sitzet? Er trincket.

CLXXXVIII. Von einem Weinsauf-
fer der sterben solte.

ALls ein Weinsauffer jetzundt in zügen lag
vnd sterben solt/ sagt er also? Ey GOTT/ so
kompt mir allzeit für der grosse Durst/ dann
der Tantalus leiden muß/ vnd erbarmt mich
seiner/ dann ich köndte solchen Durst nicht ertra-
gen noch leiden ein eintzige stund/ den er leiden muß.
Da stund einer bey jhm/ der jhn tröstete/ vnd sprach:
Es ist nur ein eintziger Tantalus/ der solchen Durst
hat/ die ander empfinden keinen Durst. Darauff
sagte der Krancke: Wann ich einen durstigen Ge-
sellen nur ansehe/ so dürstet mich auch: Da sagt der
ander hergegen: Der Tantalus hat nichts dann
Wasser oder See vmb sich/ darumb dürstet jhn.
Ey wolan/ antwortet der Krancke widerumb/ so
wil ich nur desto lieber von hinnen fahren/ weil
ich weiß/ daß ich keinen Durst Weins hal-
ben leiden werde.

Von
CLXXXVII Von Petro. N. N. ei-
nem verſoffenen Studenten.

WArumb ſicht man doch den Petrum N.
N. nimmermehr in der Kirchen? War-
umb ſicht man jhn nicht ſpatziren in der
Stadt vmb her/ auch nicht auff dem
Marck? Meynet jhr daſz er ſo fleiſſig ſtudire? Ey
nein/ er ſolt/ wann er ſo fleiſſig ſtudirte/ den Kopff
wol daruͤber zerbrechen. Was thut er dann/ wann
er ſo ſtetigs in ſeinem Muſeo oder ſtudier ſtuben
beſchloſſen ſitzet? Er trincket.

CLXXXVIII. Von einem Weinſauf-
fer der ſterben ſolte.

ALls ein Weinſauffer jetzundt in zuͤgen lag
vnd ſterben ſolt/ ſagt er alſo? Ey GOTT/ ſo
kompt mir allzeit fuͤr der groſſe Durſt/ dann
der Tantalus leiden muſz/ vnd erbarmt mich
ſeiner/ dann ich koͤndte ſolchen Durſt nicht ertra-
gen noch leiden ein eintzige ſtund/ den er leidẽ muſz.
Da ſtund einer bey jhm/ der jhn troͤſtete/ vñ ſprach:
Es iſt nur ein eintziger Tantalus/ der ſolchẽ Durſt
hat/ die ander empfinden keinen Durſt. Darauff
ſagte der Krancke: Wann ich einen durſtigen Ge-
ſellen nur anſehe/ ſo duͤrſtet mich auch: Da ſagt der
ander hergegen: Der Tantalus hat nichts dann
Waſſer oder See vmb ſich/ darumb duͤrſtet jhn.
Ey wolan/ antwortet der Krancke widerumb/ ſo
wil ich nur deſto lieber von hinnen fahren/ weil
ich weiſz/ daſz ich keinen Durſt Weins hal-
ben leiden werde.

Von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0191" n="167"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CLXXXVII</hi> Von Petro. N. N. ei-<lb/>
nem ver&#x017F;offenen Studenten.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>Arumb &#x017F;icht man doch den Petrum N.<lb/>
N. nimmermehr in der Kirchen? War-<lb/>
umb &#x017F;icht man jhn nicht &#x017F;patziren in der<lb/>
Stadt vmb her/ auch nicht auff dem<lb/>
Marck? Meynet jhr da&#x017F;z er &#x017F;o flei&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;tudire? Ey<lb/>
nein/ er &#x017F;olt/ wann er &#x017F;o flei&#x017F;&#x017F;ig &#x017F;tudirte/ den Kopff<lb/>
wol daru&#x0364;ber zerbrechen. Was thut er dann/ wann<lb/>
er &#x017F;o &#x017F;tetigs in &#x017F;einem Mu&#x017F;eo oder &#x017F;tudier &#x017F;tuben<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;itzet? Er trincket.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">CLXXXVIII.</hi> Von einem Wein&#x017F;auf-<lb/>
fer der &#x017F;terben &#x017F;olte.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>Lls ein Wein&#x017F;auffer jetzundt in zu&#x0364;gen lag<lb/>
vnd &#x017F;terben &#x017F;olt/ &#x017F;agt er al&#x017F;o? Ey GOTT/ &#x017F;o<lb/>
kompt mir allzeit fu&#x0364;r der gro&#x017F;&#x017F;e Dur&#x017F;t/ dann<lb/>
der Tantalus leiden mu&#x017F;z/ vnd erbarmt mich<lb/>
&#x017F;einer/ dann ich ko&#x0364;ndte &#x017F;olchen Dur&#x017F;t nicht ertra-<lb/>
gen noch leiden ein eintzige &#x017F;tund/ den er leide&#x0303; mu&#x017F;z.<lb/>
Da &#x017F;tund einer bey jhm/ der jhn tro&#x0364;&#x017F;tete/ vn&#x0303; &#x017F;prach:<lb/>
Es i&#x017F;t nur ein eintziger Tantalus/ der &#x017F;olche&#x0303; Dur&#x017F;t<lb/>
hat/ die ander empfinden keinen Dur&#x017F;t. Darauff<lb/>
&#x017F;agte der Krancke: Wann ich einen dur&#x017F;tigen Ge-<lb/>
&#x017F;ellen nur an&#x017F;ehe/ &#x017F;o du&#x0364;r&#x017F;tet mich auch: Da &#x017F;agt der<lb/>
ander hergegen: Der Tantalus hat nichts dann<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er oder See vmb &#x017F;ich/ darumb du&#x0364;r&#x017F;tet jhn.<lb/>
Ey wolan/ antwortet der Krancke widerumb/ &#x017F;o<lb/><hi rendition="#c">wil ich nur de&#x017F;to lieber von hinnen fahren/ weil<lb/>
ich wei&#x017F;z/ da&#x017F;z ich keinen Dur&#x017F;t Weins hal-<lb/>
ben leiden werde.</hi></p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Von</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0191] CLXXXVII Von Petro. N. N. ei- nem verſoffenen Studenten. WArumb ſicht man doch den Petrum N. N. nimmermehr in der Kirchen? War- umb ſicht man jhn nicht ſpatziren in der Stadt vmb her/ auch nicht auff dem Marck? Meynet jhr daſz er ſo fleiſſig ſtudire? Ey nein/ er ſolt/ wann er ſo fleiſſig ſtudirte/ den Kopff wol daruͤber zerbrechen. Was thut er dann/ wann er ſo ſtetigs in ſeinem Muſeo oder ſtudier ſtuben beſchloſſen ſitzet? Er trincket. CLXXXVIII. Von einem Weinſauf- fer der ſterben ſolte. ALls ein Weinſauffer jetzundt in zuͤgen lag vnd ſterben ſolt/ ſagt er alſo? Ey GOTT/ ſo kompt mir allzeit fuͤr der groſſe Durſt/ dann der Tantalus leiden muſz/ vnd erbarmt mich ſeiner/ dann ich koͤndte ſolchen Durſt nicht ertra- gen noch leiden ein eintzige ſtund/ den er leidẽ muſz. Da ſtund einer bey jhm/ der jhn troͤſtete/ vñ ſprach: Es iſt nur ein eintziger Tantalus/ der ſolchẽ Durſt hat/ die ander empfinden keinen Durſt. Darauff ſagte der Krancke: Wann ich einen durſtigen Ge- ſellen nur anſehe/ ſo duͤrſtet mich auch: Da ſagt der ander hergegen: Der Tantalus hat nichts dann Waſſer oder See vmb ſich/ darumb duͤrſtet jhn. Ey wolan/ antwortet der Krancke widerumb/ ſo wil ich nur deſto lieber von hinnen fahren/ weil ich weiſz/ daſz ich keinen Durſt Weins hal- ben leiden werde. Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/191
Zitationshilfe: Melander, Otto: [Joco-seria] Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Bd. 2. Lich, 1605, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria02_1605/191>, abgerufen am 27.11.2024.