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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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dig zeugniß. Hastu ein glaubwürdig zeugniß
spricht der Amptmann/ daß dein Frauw im
Himmel ist/ so zeig mir dein zeugniß. Von
stund an zeucht der Schuster seinen Ablaß
Brieff herfür/ vnd bitt/ das manns mög lesen.
Er nimpt den Brieff/ vnd gibt denselben dem
Dorff Priester als dem Kleger in dieser sachen/
zulesen. Da der Priester des Pabstes Ablaß
Brieff sahe/ erstarret er/ vnnd wegert sich den
zu lesen. Der Amptmann aber nötigt jhn/
daß er den Brieff laß. Da er nun denselbi-
gen gelesen/ Schemten sie sich allbeyde/
dann sie wusten nichts dagegen zu reden.
Nun wolan/ spricht der Schuster/ gebt das
Vrtheil selbsten/ ob es nicht glaubwürdig
zeugniß sey/ das meines Weibs Seele nit im
Fegfewer ist sondern ist in Himmel versetzet/
ein solch zeugniß hat sie vmb einen Goltgülden
kaufft warumb gibt denn nun vnser Priester
vor/ es sey noch eine erlösung meines Weibs
nöthig? So sein vorgeben recht ist/ so ist mein
Weib vom Pabst betrogen worden. Jst sie a-
ber von jhm nit betrogen worden/ so vnderste-
het sich vnser Priester sie zu betriegen. Hierauff
wusten weder der Amptmann noch auch den
Pfaff etwas zusagen/ liessen derwegen den
Schuster widerumb seines wegs gehen. Dann
sie dörfften des Pabstes Ablaß Brieff nicht
verdammen.

XXVII. Von einem Weihebischoff.

ES hat sich im Zuricher Landt begeben/
daß ein Wethebischoff einen Kirchhoff
vber all Wethete/ da aber hernacher
die armen Bawersleuth fragten/ wo
mann die Kinder hin begraben solte/ so ohn

Tauff

dig zeugniß. Haſtu ein glaubwuͤrdig zeugniß
ſpricht der Amptmann/ daß dein Frauw im
Himmel iſt/ ſo zeig mir dein zeugniß. Von
ſtund an zeucht der Schuſter ſeinen Ablaß
Brieff herfuͤr/ vnd bitt/ das manns moͤg leſen.
Er nimpt den Brieff/ vnd gibt denſelben dem
Dorff Prieſter als dem Kleger in dieſer ſachẽ/
zuleſen. Da der Prieſter des Pabſtes Ablaß
Brieff ſahe/ erſtarret er/ vnnd wegert ſich den
zu leſen. Der Amptmann aber noͤtigt jhn/
daß er den Brieff laß. Da er nun denſelbi-
gen geleſen/ Schemten ſie ſich allbeyde/
dann ſie wuſten nichts dagegen zu reden.
Nun wolan/ ſpricht der Schuſter/ gebt das
Vrtheil ſelbſten/ ob es nicht glaubwuͤrdig
zeugniß ſey/ das meines Weibs Seele nit im
Fegfewer iſt ſondern iſt in Himmel verſetzet/
ein ſolch zeugniß hat ſie vmb einen Goltguͤldẽ
kaufft warumb gibt denn nun vnſer Prieſter
vor/ es ſey noch eine erloͤſung meines Weibs
noͤthig? So ſein vorgeben recht iſt/ ſo iſt mein
Weib vom Pabſt betrogen worden. Jſt ſie a-
ber von jhm nit betrogen worden/ ſo vnderſte-
het ſich vnſer Prieſter ſie zu betriegen. Hierauff
wuſten weder der Amptmann noch auch den
Pfaff etwas zuſagen/ lieſſen derwegen den
Schuſter widerumb ſeines wegs gehen. Dann
ſie doͤrfften des Pabſtes Ablaß Brieff nicht
verdammen.

XXVII. Von einem Weihebiſchoff.

ES hat ſich im Zuricher Landt begeben/
daß ein Wethebiſchoff einen Kirchhoff
vber all Wethete/ da aber hernacher
die armen Bawersleuth fragten/ wo
mann die Kinder hin begraben ſolte/ ſo ohn

Tauff
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[34/0042] dig zeugniß. Haſtu ein glaubwuͤrdig zeugniß ſpricht der Amptmann/ daß dein Frauw im Himmel iſt/ ſo zeig mir dein zeugniß. Von ſtund an zeucht der Schuſter ſeinen Ablaß Brieff herfuͤr/ vnd bitt/ das manns moͤg leſen. Er nimpt den Brieff/ vnd gibt denſelben dem Dorff Prieſter als dem Kleger in dieſer ſachẽ/ zuleſen. Da der Prieſter des Pabſtes Ablaß Brieff ſahe/ erſtarret er/ vnnd wegert ſich den zu leſen. Der Amptmann aber noͤtigt jhn/ daß er den Brieff laß. Da er nun denſelbi- gen geleſen/ Schemten ſie ſich allbeyde/ dann ſie wuſten nichts dagegen zu reden. Nun wolan/ ſpricht der Schuſter/ gebt das Vrtheil ſelbſten/ ob es nicht glaubwuͤrdig zeugniß ſey/ das meines Weibs Seele nit im Fegfewer iſt ſondern iſt in Himmel verſetzet/ ein ſolch zeugniß hat ſie vmb einen Goltguͤldẽ kaufft warumb gibt denn nun vnſer Prieſter vor/ es ſey noch eine erloͤſung meines Weibs noͤthig? So ſein vorgeben recht iſt/ ſo iſt mein Weib vom Pabſt betrogen worden. Jſt ſie a- ber von jhm nit betrogen worden/ ſo vnderſte- het ſich vnſer Prieſter ſie zu betriegen. Hierauff wuſten weder der Amptmann noch auch den Pfaff etwas zuſagen/ lieſſen derwegen den Schuſter widerumb ſeines wegs gehen. Dann ſie doͤrfften des Pabſtes Ablaß Brieff nicht verdammen. XXVII. Von einem Weihebiſchoff. ES hat ſich im Zuricher Landt begeben/ daß ein Wethebiſchoff einen Kirchhoff vber all Wethete/ da aber hernacher die armen Bawersleuth fragten/ wo mann die Kinder hin begraben ſolte/ ſo ohn Tauff

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/42>, abgerufen am 20.04.2024.