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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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weit jhr vnzüchtigen Leuten zur Vnzucht die Fen-
ster habt auffgethan? Darumb solt jhr euch solcher
schendlichen
Predigt in ewer Hertz hinein schämen/
welche nicht in der
Kirchen/ sondern in der vnzüch-
tigen
Leut Hauß soll gehalten werden. Wer wolt
euch doch nicht gern hören? Warlich/ seyt jhr nicht
ein feiner
Prediger? Der Priester ward schamroth/
antwortete dem Scheffen kein Wort/ sondern ging
stillschweigend heim: Ohn lengst ward er seines
Dienstes entsetzet/ vnnd zum Bawern Schulthes-
sen gemacht.

CCCXXXIII. Von einem andern.

ES wolt ein Priester in der Predigt die All-
macht Gottes beweisen/ vnnd sagt:
Liebe
Brüder/ wie groß die Allmacht
GOT-
tes sey/ sehet jhr an den Hämeln/ dieselbe
Schwentz/ die
Lämmer aber kein Schwentz be-
kommen. Die Bawern sehen einander an/ vnnd
kondten sich deß lachens nicht enthalten. Nach der

Predigt vexiret der Schäfer den Prister/ vnd sagt:
Jhr jrret euch weit/ Herr/ wann jhr sprechet/ daß
Gott die Hamel mit Schwentzen/ die
Lämmer aber
ohn Schwentz gebe: Dann daß die Schaaf kein
Schwäntz haben/ das hat man nicht Gott/ sondern
den Schäfern zu zuschreiben/ welche jhnen/ wann
sie ein tag oder etlich alt sind/ die Schwentz pflegen
abzuschneiden: Damit sie vns nit verhindern/ wann
wir sie melcken. Da der
Priester das höret/ wust er
nichts darauff zu antworten/ endlich sagt er: Wel-
cher
Teuffel hat mir das gesagt? Gehet also heim
zu/ die Bawern aber lachten jhn auß.
Viel sagten/
weiß er vmb die geringe ding nichts/ wer wil dann
glauben/ daß er in Göttlichen dingen viel wissen
solle/ welch der wissen muß/ der andern in Heiliger
Schrifft lehren vnd vnderrichten soll.

Von
Z ij

weit jhr vnzuͤchtigen Leuten zur Vnzucht die Fen-
ſter habt auffgethan? Darumb ſolt jhr euch ſolcher
ſchendlichen
Predigt in ewer Hertz hinein ſchaͤmen/
welche nicht in der
Kirchen/ ſondern in der vnzuͤch-
tigen
Leut Hauß ſoll gehalten werden. Wer wolt
euch doch nicht gern hoͤren? Warlich/ ſeyt jhr nicht
ein feiner
Prediger? Der Prieſter ward ſchamroth/
antwortete dem Scheffen kein Wort/ ſondern ging
ſtillſchweigend heim: Ohn lengſt ward er ſeines
Dienſtes entſetzet/ vnnd zum Bawern Schultheſ-
ſen gemacht.

CCCXXXIII. Von einem andern.

ES wolt ein Prieſter in der Predigt die All-
macht Gottes beweiſen/ vnnd ſagt:
Liebe
Bruͤder/ wie groß die Allmacht
GOT-
tes ſey/ ſehet jhr an den Haͤmeln/ dieſelbe
Schwentz/ die
Laͤmmer aber kein Schwentz be-
kommen. Die Bawern ſehen einander an/ vnnd
kondten ſich deß lachens nicht enthalten. Nach der

Predigt vexiret der Schaͤfer den Priſter/ vnd ſagt:
Jhr jrret euch weit/ Herr/ wann jhr ſprechet/ daß
Gott die Hamel mit Schwentzen/ die
Laͤmmer aber
ohn Schwentz gebe: Dann daß die Schaaf kein
Schwaͤntz haben/ das hat man nicht Gott/ ſondern
den Schaͤfern zu zuſchreiben/ welche jhnen/ wann
ſie ein tag oder etlich alt ſind/ die Schwentz pflegen
abzuſchneiden: Damit ſie vns nit verhindern/ wañ
wir ſie melcken. Da der
Prieſter das hoͤret/ wuſt er
nichts darauff zu antworten/ endlich ſagt er: Wel-
cher
Teuffel hat mir das geſagt? Gehet alſo heim
zu/ die Bawern aber lachten jhn auß.
Viel ſagten/
weiß er vmb die geringe ding nichts/ wer wil dann
glauben/ daß er in Goͤttlichen dingen viel wiſſen
ſolle/ welch der wiſſen muß/ der andern in Heiliger
Schrifft lehren vnd vnderrichten ſoll.

Von
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[339/0347] weit jhr vnzuͤchtigen Leuten zur Vnzucht die Fen- ſter habt auffgethan? Darumb ſolt jhr euch ſolcher ſchendlichen Predigt in ewer Hertz hinein ſchaͤmen/ welche nicht in der Kirchen/ ſondern in der vnzuͤch- tigen Leut Hauß ſoll gehalten werden. Wer wolt euch doch nicht gern hoͤren? Warlich/ ſeyt jhr nicht ein feiner Prediger? Der Prieſter ward ſchamroth/ antwortete dem Scheffen kein Wort/ ſondern ging ſtillſchweigend heim: Ohn lengſt ward er ſeines Dienſtes entſetzet/ vnnd zum Bawern Schultheſ- ſen gemacht. CCCXXXIII. Von einem andern. ES wolt ein Prieſter in der Predigt die All- macht Gottes beweiſen/ vnnd ſagt: Liebe Bruͤder/ wie groß die Allmacht GOT- tes ſey/ ſehet jhr an den Haͤmeln/ dieſelbe Schwentz/ die Laͤmmer aber kein Schwentz be- kommen. Die Bawern ſehen einander an/ vnnd kondten ſich deß lachens nicht enthalten. Nach der Predigt vexiret der Schaͤfer den Priſter/ vnd ſagt: Jhr jrret euch weit/ Herr/ wann jhr ſprechet/ daß Gott die Hamel mit Schwentzen/ die Laͤmmer aber ohn Schwentz gebe: Dann daß die Schaaf kein Schwaͤntz haben/ das hat man nicht Gott/ ſondern den Schaͤfern zu zuſchreiben/ welche jhnen/ wann ſie ein tag oder etlich alt ſind/ die Schwentz pflegen abzuſchneiden: Damit ſie vns nit verhindern/ wañ wir ſie melcken. Da der Prieſter das hoͤret/ wuſt er nichts darauff zu antworten/ endlich ſagt er: Wel- cher Teuffel hat mir das geſagt? Gehet alſo heim zu/ die Bawern aber lachten jhn auß. Viel ſagten/ weiß er vmb die geringe ding nichts/ wer wil dann glauben/ daß er in Goͤttlichen dingen viel wiſſen ſolle/ welch der wiſſen muß/ der andern in Heiliger Schrifft lehren vnd vnderrichten ſoll. Von Z ij

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/347>, abgerufen am 12.05.2024.