Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

Bild:
<< vorherige Seite

der armselige Loritus hieruber/ daruber
sich andere gelerte Leut/ so eben in diesem ho-
spital kranck lagen/ zum höchsten frewten. Die
aber solcher gestalt gesinnet seyn/ mögen be-
dencken was Christus sagt wer sich meiner
vnnd meines worts schämen wird vor der
Welt/ deß wird sich auch schämen des Men-
schen Sohn/ wenn er kommen wird in seiner
herrligkeit.

CXLIII. Von jtzt genanntem
Lorito.

WEr gemelten Loritum kennt hat/
der sagt/ er sey nicht sonderlich ver-
stendig gewesen/ daher sich viel
Leuth verwundern/ wie er zu sol-
cher grossen geschicklichkeit hab kommen kön-
nen. Rodolphus Gualtherus hat auff ein zeit
gesagt: Er hab sein lebenlang keinen gelertern
Narren gesehen. Als diß Henricus Loritus
erfahren/ hats jhn vbel verdrossen: vnnd hat
Gualtherum hardt angeredt. Er aber hat
ihm also vnder andern geantwortet: Die Al-
ten haben vorzeiten lang vnnd viel einen wei-
sen mann gesucht/ aber sie haben kaum einen
leydlichen halbweisen funden: Wenn mann a-
ber jtzt sagt/ einer sey nicht weiß/ so vergreifft
er sich so viel mit schmähworten an demsel-
ben/ daß er das leben soll verwircket haben.
O jhr arme alte Leuth/ warumb habt jr doch
damals einen weisen gesucht/ da keiner gewe-
sen ist? So jhr zu dieser zeit gelebt hettet/ so
musset ihr so fleiss'g einen Narren suchen/ als
vor zeiten einen weisen. Vnnd wann jhr

sagen

der armſelige Loritus hieruber/ daruber
ſich andere gelerte Leut/ ſo eben in dieſem ho-
ſpital kranck lagen/ zum hoͤchſten frewten. Die
aber ſolcher geſtalt geſinnet ſeyn/ moͤgen be-
dencken was Chriſtus ſagt wer ſich meiner
vnnd meines worts ſchaͤmen wird vor der
Welt/ deß wird ſich auch ſchaͤmen des Men-
ſchen Sohn/ wenn er kommen wird in ſeiner
herrligkeit.

CXLIII. Von jtzt genanntem
Lorito.

WEr gemelten Loritum kennt hat/
der ſagt/ er ſey nicht ſonderlich ver-
ſtendig geweſen/ daher ſich viel
Leuth verwundern/ wie er zu ſol-
cher groſſen geſchicklichkeit hab kommen koͤn-
nen. Rodolphus Gualtherus hat auff ein zeit
geſagt: Er hab ſein lebenlang keinen gelertern
Narren geſehen. Als diß Henricus Loritus
erfahren/ hats jhn vbel verdroſſen: vnnd hat
Gualtherum hardt angeredt. Er aber hat
ihm alſo vnder andern geantwortet: Die Al-
ten haben vorzeiten lang vnnd viel einen wei-
ſen mann geſucht/ aber ſie haben kaum einen
leydlichen halbweiſen funden: Wenn mann a-
ber jtzt ſagt/ einer ſey nicht weiß/ ſo vergreifft
er ſich ſo viel mit ſchmaͤhworten an demſel-
ben/ daß er das leben ſoll verwircket haben.
O jhr arme alte Leuth/ warumb habt jr doch
damals einen weiſen geſucht/ da keiner gewe-
ſen iſt? So jhr zu dieſer zeit gelebt hettet/ ſo
muſſet ihr ſo fleiſſ’g einen Narren ſuchen/ als
vor zeiten einen weiſen. Vnnd wann jhr

ſagen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="122"/>
der arm&#x017F;elige Loritus hieruber/ daruber<lb/>
&#x017F;ich andere gelerte Leut/ &#x017F;o eben in die&#x017F;em ho-<lb/>
&#x017F;pital kranck lagen/ zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten frewten. Die<lb/>
aber &#x017F;olcher ge&#x017F;talt ge&#x017F;innet &#x017F;eyn/ mo&#x0364;gen be-<lb/>
dencken was Chri&#x017F;tus &#x017F;agt wer &#x017F;ich meiner<lb/>
vnnd meines worts &#x017F;cha&#x0364;men wird vor der<lb/>
Welt/ deß wird &#x017F;ich auch &#x017F;cha&#x0364;men des Men-<lb/>
&#x017F;chen Sohn/ wenn er kommen wird in &#x017F;einer<lb/>
herrligkeit.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CXLIII</hi>.</hi> Von jtzt genanntem<lb/>
Lorito.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>Er gemelten Loritum kennt hat/<lb/>
der &#x017F;agt/ er &#x017F;ey nicht &#x017F;onderlich ver-<lb/>
&#x017F;tendig gewe&#x017F;en/ daher &#x017F;ich viel<lb/>
Leuth verwundern/ wie er zu &#x017F;ol-<lb/>
cher gro&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;chicklichkeit hab kommen ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Rodolphus Gualtherus hat auff ein zeit<lb/>
ge&#x017F;agt: Er hab &#x017F;ein lebenlang keinen gelertern<lb/>
Narren ge&#x017F;ehen. Als diß Henricus Loritus<lb/>
erfahren/ hats jhn vbel verdro&#x017F;&#x017F;en: vnnd hat<lb/>
Gualtherum hardt angeredt. Er aber hat<lb/>
ihm al&#x017F;o vnder andern geantwortet: Die Al-<lb/>
ten haben vorzeiten lang vnnd viel einen wei-<lb/>
&#x017F;en mann ge&#x017F;ucht/ aber &#x017F;ie haben kaum einen<lb/>
leydlichen halbwei&#x017F;en funden: Wenn mann a-<lb/>
ber jtzt &#x017F;agt/ einer &#x017F;ey nicht weiß/ &#x017F;o vergreifft<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;o viel mit &#x017F;chma&#x0364;hworten an dem&#x017F;el-<lb/>
ben/ daß er das leben &#x017F;oll verwircket haben.<lb/>
O jhr arme alte Leuth/ warumb habt jr doch<lb/>
damals einen wei&#x017F;en ge&#x017F;ucht/ da keiner gewe-<lb/>
&#x017F;en i&#x017F;t? So jhr zu die&#x017F;er zeit gelebt hettet/ &#x017F;o<lb/>
mu&#x017F;&#x017F;et ihr &#x017F;o flei&#x017F;&#x017F;&#x2019;g einen Narren &#x017F;uchen/ als<lb/>
vor zeiten einen wei&#x017F;en. Vnnd wann jhr<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;agen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0130] der armſelige Loritus hieruber/ daruber ſich andere gelerte Leut/ ſo eben in dieſem ho- ſpital kranck lagen/ zum hoͤchſten frewten. Die aber ſolcher geſtalt geſinnet ſeyn/ moͤgen be- dencken was Chriſtus ſagt wer ſich meiner vnnd meines worts ſchaͤmen wird vor der Welt/ deß wird ſich auch ſchaͤmen des Men- ſchen Sohn/ wenn er kommen wird in ſeiner herrligkeit. CXLIII. Von jtzt genanntem Lorito. WEr gemelten Loritum kennt hat/ der ſagt/ er ſey nicht ſonderlich ver- ſtendig geweſen/ daher ſich viel Leuth verwundern/ wie er zu ſol- cher groſſen geſchicklichkeit hab kommen koͤn- nen. Rodolphus Gualtherus hat auff ein zeit geſagt: Er hab ſein lebenlang keinen gelertern Narren geſehen. Als diß Henricus Loritus erfahren/ hats jhn vbel verdroſſen: vnnd hat Gualtherum hardt angeredt. Er aber hat ihm alſo vnder andern geantwortet: Die Al- ten haben vorzeiten lang vnnd viel einen wei- ſen mann geſucht/ aber ſie haben kaum einen leydlichen halbweiſen funden: Wenn mann a- ber jtzt ſagt/ einer ſey nicht weiß/ ſo vergreifft er ſich ſo viel mit ſchmaͤhworten an demſel- ben/ daß er das leben ſoll verwircket haben. O jhr arme alte Leuth/ warumb habt jr doch damals einen weiſen geſucht/ da keiner gewe- ſen iſt? So jhr zu dieſer zeit gelebt hettet/ ſo muſſet ihr ſo fleiſſ’g einen Narren ſuchen/ als vor zeiten einen weiſen. Vnnd wann jhr ſagen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/130
Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/130>, abgerufen am 02.05.2024.