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Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605.

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CXIV. Von Johannis Tezelii Ablaß
Krämerey.

ALs Tezelius in Meissen von seiner Krä-
merey Predigte/ versprach er hoch nach
Mittag etliche Reliquien von Heiligen
zuzeigen/ nemblich ein Feder von S.
Michaeln/ welche ihm der Teuffel/ vnser
Ertzfeindt außgeropfft hatte in der Schlacht
deren meldung geschihet Apoc. 12. Diese au-
genscheinliche greiffliche lügen nehmen die
Schuldiener der orths in acht/ welche damals
mit jhm zu morgen assen. Nun hatte Tezeltus
sein Kästlein/ darinn er gemelte Federn zuver-
wahren pflegte/ auß vnvorsichtigkeit vor dem
Fenster ligen lassen/ das nehmen sie thun die
Federn heimlich herauß/ vnnd füllens jhm
voller Kohlen. Da Tezelius sich zimblich voll
gesoffen hatte/ nimpt er sein Reliquien/ stei-
get abermals auff die Cantzel/ vnnd lobt die
Federn hoch/ letzlich thut er das Kästlein
auff/ will die Reliquien dem armen schlech-
ten Volck zeigen/ findt aber nicht S. Mi-
chaels Federn/ sondern an statt derselben et-
liche Kohlen. Damit er sich nun nicht schend-
lich geben muß/ erdicht er bald ein Lügen/
vnnd spricht. Geliebte/ ich hab gemeint ich
nehme das kästlein/ darinn S. Michels Fe-
dern sindt/ so hab ich das bekommen/ darinn
die kohlen sind/ daruber S. Laurentius ge-
röstet worden. Was düncket nun den günsti-
gen leser vmb ein solch vnverschämt
Lügen. Jo. Lang. de beata
vita. fol. 176.

Von
CXIV. Von Johannis Tezelii Ablaß
Kraͤmerey.

ALs Tezelius in Meiſſen von ſeiner Kraͤ-
merey Predigte/ verſprach er hoch nach
Mittag etliche Reliquien von Heiligen
zuzeigen/ nemblich ein Feder von S.
Michaeln/ welche ihm der Teuffel/ vnſer
Ertzfeindt außgeropfft hatte in der Schlacht
deren meldung geſchihet Apoc. 12. Dieſe au-
genſcheinliche greiffliche luͤgen nehmen die
Schuldiener der orths in acht/ welche damals
mit jhm zu morgen aſſen. Nun hatte Tezeltus
ſein Kaͤſtlein/ darinn er gemelte Federn zuver-
wahrẽ pflegte/ auß vnvorſichtigkeit vor dem
Fenſter ligen laſſen/ das nehmen ſie thun die
Federn heimlich herauß/ vnnd fuͤllens jhm
voller Kohlen. Da Tezelius ſich zimblich voll
geſoffen hatte/ nimpt er ſein Reliquien/ ſtei-
get abermals auff die Cantzel/ vnnd lobt die
Federn hoch/ letzlich thut er das Kaͤſtlein
auff/ will die Reliquien dem armen ſchlech-
ten Volck zeigen/ findt aber nicht S. Mi-
chaels Federn/ ſondern an ſtatt derſelben et-
liche Kohlen. Damit er ſich nun nicht ſchend-
lich geben muß/ erdicht er bald ein Luͤgen/
vnnd ſpricht. Geliebte/ ich hab gemeint ich
nehme das kaͤſtlein/ darinn S. Michels Fe-
dern ſindt/ ſo hab ich das bekommen/ darinn
die kohlen ſind/ daruber S. Laurentius ge-
roͤſtet worden. Was duͤncket nun den guͤnſti-
gen leſer vmb ein ſolch vnverſchaͤmt
Luͤgen. Jo. Lang. de beata
vita. fol. 176.

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[96/0104] CXIV. Von Johannis Tezelii Ablaß Kraͤmerey. ALs Tezelius in Meiſſen von ſeiner Kraͤ- merey Predigte/ verſprach er hoch nach Mittag etliche Reliquien von Heiligen zuzeigen/ nemblich ein Feder von S. Michaeln/ welche ihm der Teuffel/ vnſer Ertzfeindt außgeropfft hatte in der Schlacht deren meldung geſchihet Apoc. 12. Dieſe au- genſcheinliche greiffliche luͤgen nehmen die Schuldiener der orths in acht/ welche damals mit jhm zu morgen aſſen. Nun hatte Tezeltus ſein Kaͤſtlein/ darinn er gemelte Federn zuver- wahrẽ pflegte/ auß vnvorſichtigkeit vor dem Fenſter ligen laſſen/ das nehmen ſie thun die Federn heimlich herauß/ vnnd fuͤllens jhm voller Kohlen. Da Tezelius ſich zimblich voll geſoffen hatte/ nimpt er ſein Reliquien/ ſtei- get abermals auff die Cantzel/ vnnd lobt die Federn hoch/ letzlich thut er das Kaͤſtlein auff/ will die Reliquien dem armen ſchlech- ten Volck zeigen/ findt aber nicht S. Mi- chaels Federn/ ſondern an ſtatt derſelben et- liche Kohlen. Damit er ſich nun nicht ſchend- lich geben muß/ erdicht er bald ein Luͤgen/ vnnd ſpricht. Geliebte/ ich hab gemeint ich nehme das kaͤſtlein/ darinn S. Michels Fe- dern ſindt/ ſo hab ich das bekommen/ darinn die kohlen ſind/ daruber S. Laurentius ge- roͤſtet worden. Was duͤncket nun den guͤnſti- gen leſer vmb ein ſolch vnverſchaͤmt Luͤgen. Jo. Lang. de beata vita. fol. 176. Von

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Zitationshilfe: Melander, Otto: Joco-seria Das ist Schimpff vnd Ernst. Bd. 1. Lich, 1605, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/melander_jocoseria01_1605/104>, abgerufen am 02.05.2024.