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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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"Er sey, gestand er, nicht nur Mörder,
nüchterner Mörder, sondern sogar ein Böse-
wicht, der nach dem kältesten, überdachtesten
Plane gehandelt habe. Schon seit zwölf Jah-
ren sey er im Geheim des Erschlagnen (der ihn
einst bey einemLiebeshandel ausgestochen) Tod-
feind gewesen; hab' ihm oft genug im Herzen
den gewißen Untergang geschworen; nur über
die Mittel hierzu hätt' er mit sich selbst nicht
einig werden können. Jhn vorwärts, im of-
nen Streite anzugreifen, dazu hab' er sich zu
schwach und, frei gestanden, auch zu verzagt
gefühlt. An andrer Gelegenheit, ihm unbemerkt
beizukommen, hab' es ihm stets gemangelt.
Endlich sei ihm eingefallen: Ob er nicht viel-
leicht seinen Feind bei der lezten Schmauserei
zum Zank mit einem Dritten reizen, und dann
den Verdacht des Mordes auf einen Unschul-
digen wälzen könne. Aufs vollkommenste sei
ihm dies gelungen. Denn durch ihn heimlich
angereizt hätten Jnquisit und jener Ermordete
zusammen einen Wortwechsel angefangen, der

„Er ſey, geſtand er, nicht nur Moͤrder,
nuͤchterner Moͤrder, ſondern ſogar ein Boͤſe-
wicht, der nach dem kaͤlteſten, uͤberdachteſten
Plane gehandelt habe. Schon ſeit zwoͤlf Jah-
ren ſey er im Geheim des Erſchlagnen (der ihn
einſt bey einemLiebeshandel ausgeſtochen) Tod-
feind geweſen; hab' ihm oft genug im Herzen
den gewißen Untergang geſchworen; nur uͤber
die Mittel hierzu haͤtt' er mit ſich ſelbſt nicht
einig werden koͤnnen. Jhn vorwaͤrts, im of-
nen Streite anzugreifen, dazu hab' er ſich zu
ſchwach und, frei geſtanden, auch zu verzagt
gefuͤhlt. An andrer Gelegenheit, ihm unbemerkt
beizukommen, hab' es ihm ſtets gemangelt.
Endlich ſei ihm eingefallen: Ob er nicht viel-
leicht ſeinen Feind bei der lezten Schmauſerei
zum Zank mit einem Dritten reizen, und dann
den Verdacht des Mordes auf einen Unſchul-
digen waͤlzen koͤnne. Aufs vollkommenſte ſei
ihm dies gelungen. Denn durch ihn heimlich
angereizt haͤtten Jnquiſit und jener Ermordete
zuſammen einen Wortwechſel angefangen, der

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[70/0078] „Er ſey, geſtand er, nicht nur Moͤrder, nuͤchterner Moͤrder, ſondern ſogar ein Boͤſe- wicht, der nach dem kaͤlteſten, uͤberdachteſten Plane gehandelt habe. Schon ſeit zwoͤlf Jah- ren ſey er im Geheim des Erſchlagnen (der ihn einſt bey einemLiebeshandel ausgeſtochen) Tod- feind geweſen; hab' ihm oft genug im Herzen den gewißen Untergang geſchworen; nur uͤber die Mittel hierzu haͤtt' er mit ſich ſelbſt nicht einig werden koͤnnen. Jhn vorwaͤrts, im of- nen Streite anzugreifen, dazu hab' er ſich zu ſchwach und, frei geſtanden, auch zu verzagt gefuͤhlt. An andrer Gelegenheit, ihm unbemerkt beizukommen, hab' es ihm ſtets gemangelt. Endlich ſei ihm eingefallen: Ob er nicht viel- leicht ſeinen Feind bei der lezten Schmauſerei zum Zank mit einem Dritten reizen, und dann den Verdacht des Mordes auf einen Unſchul- digen waͤlzen koͤnne. Aufs vollkommenſte ſei ihm dies gelungen. Denn durch ihn heimlich angereizt haͤtten Jnquiſit und jener Ermordete zuſammen einen Wortwechſel angefangen, der

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/78>, abgerufen am 28.04.2024.