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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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waren vermögend gewesen; alle dreie hatte er
zu beerben, und dann nach einer neuen sich
umsehn zu können, gewünscht. Deswegen legt'
er nicht eher Hand an sie, bis sie ein leben-
des
Kind ihm geboren hatten; und auch nur
um diese Zeit schien es ihm möglich seinen ver-
ruchten Plan unentdeckt auszuführen. Mit
einem dünnen, dreischneidigen Eisen -- einer
Ahle, wie sie die Schuster brauchen -- durch-
stach er ihnen dann den Ort unter der linken
Brust, wo das Herz liegt; stieß das Eisen
selbst mit hinein. Die dreieckigte Wunde schloß
sich sogleich wieder. Der um diese Zeit fast
übervolle, durch sein Gewicht herabhängende,
weibliche Busen verdeckte jezt selbst das fast un-
merkliche, und doch tödtlich gewesene Fleckgen.
Da er sich immer dann, wann sie schliefen, an
ihr Lager schlich, so war diese entsezliche That
das Werk eines Augenblicks. Die ersten bei-
den Frauen waren mit einem einzigen halblau-
ten Ausruf gestorben. Die leztere, sagte er
nachher aus, habe etwas mehr gelitten; habe

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waren vermoͤgend geweſen; alle dreie hatte er
zu beerben, und dann nach einer neuen ſich
umſehn zu koͤnnen, gewuͤnſcht. Deswegen legt'
er nicht eher Hand an ſie, bis ſie ein leben-
des
Kind ihm geboren hatten; und auch nur
um dieſe Zeit ſchien es ihm moͤglich ſeinen ver-
ruchten Plan unentdeckt auszufuͤhren. Mit
einem duͤnnen, dreiſchneidigen Eiſen — einer
Ahle, wie ſie die Schuſter brauchen — durch-
ſtach er ihnen dann den Ort unter der linken
Bruſt, wo das Herz liegt; ſtieß das Eiſen
ſelbſt mit hinein. Die dreieckigte Wunde ſchloß
ſich ſogleich wieder. Der um dieſe Zeit faſt
uͤbervolle, durch ſein Gewicht herabhaͤngende,
weibliche Buſen verdeckte jezt ſelbſt das faſt un-
merkliche, und doch toͤdtlich geweſene Fleckgen.
Da er ſich immer dann, wann ſie ſchliefen, an
ihr Lager ſchlich, ſo war dieſe entſezliche That
das Werk eines Augenblicks. Die erſten bei-
den Frauen waren mit einem einzigen halblau-
ten Ausruf geſtorben. Die leztere, ſagte er
nachher aus, habe etwas mehr gelitten; habe

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[505/0513] waren vermoͤgend geweſen; alle dreie hatte er zu beerben, und dann nach einer neuen ſich umſehn zu koͤnnen, gewuͤnſcht. Deswegen legt' er nicht eher Hand an ſie, bis ſie ein leben- des Kind ihm geboren hatten; und auch nur um dieſe Zeit ſchien es ihm moͤglich ſeinen ver- ruchten Plan unentdeckt auszufuͤhren. Mit einem duͤnnen, dreiſchneidigen Eiſen — einer Ahle, wie ſie die Schuſter brauchen — durch- ſtach er ihnen dann den Ort unter der linken Bruſt, wo das Herz liegt; ſtieß das Eiſen ſelbſt mit hinein. Die dreieckigte Wunde ſchloß ſich ſogleich wieder. Der um dieſe Zeit faſt uͤbervolle, durch ſein Gewicht herabhaͤngende, weibliche Buſen verdeckte jezt ſelbſt das faſt un- merkliche, und doch toͤdtlich geweſene Fleckgen. Da er ſich immer dann, wann ſie ſchliefen, an ihr Lager ſchlich, ſo war dieſe entſezliche That das Werk eines Augenblicks. Die erſten bei- den Frauen waren mit einem einzigen halblau- ten Ausruf geſtorben. Die leztere, ſagte er nachher aus, habe etwas mehr gelitten; habe J i 5

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/513>, abgerufen am 05.05.2024.