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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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Jnnerste seines Herzens. Er betete aufs fle-
hendlichste zu Gott, ihn mit Kräften auszurü-
sten; und das Werkzeug des Tödtens entsank
aus seiner Hand. Aber der Gedanke: Was
opfere er denn eigentlich Gott, wenn er nicht
auch sein Leztes und Liebstes ihm opfern wolle?
gab ihm endlich Muth genug, Vaterherz und
Menschenschwäche zu überwinden, und der
arme Knabe sank mit zerschmettertem Haupte
zu Boden. -- Ganz gelassen hob er nun alle
drei Leichen von der Erd' empor, trug sie auf
sein Bette, und zog die Decke über solche.

Allein das Geschrei der Unglücklichen war
bis zur Mutter gedrungen; sie lief erschrocken
herzu, und verlangte, da sie die Stubenthüre
verschlossen fand, so ungestüm hereingelassen
zu werden, daß er ihr endlich, obschon mit
den Worten: Ach bleib draußen, Mutter! es
ist des Elends bereits genug drinnen! auf-
machte. Jhr Entsetzen beim Anblick des Blu-
tes in der Stube, ihr noch größeres bei Weg-
reißung der Decke, können Gedanken nur müh-

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Jnnerſte ſeines Herzens. Er betete aufs fle-
hendlichſte zu Gott, ihn mit Kraͤften auszuruͤ-
ſten; und das Werkzeug des Toͤdtens entſank
aus ſeiner Hand. Aber der Gedanke: Was
opfere er denn eigentlich Gott, wenn er nicht
auch ſein Leztes und Liebſtes ihm opfern wolle?
gab ihm endlich Muth genug, Vaterherz und
Menſchenſchwaͤche zu uͤberwinden, und der
arme Knabe ſank mit zerſchmettertem Haupte
zu Boden. — Ganz gelaſſen hob er nun alle
drei Leichen von der Erd' empor, trug ſie auf
ſein Bette, und zog die Decke uͤber ſolche.

Allein das Geſchrei der Ungluͤcklichen war
bis zur Mutter gedrungen; ſie lief erſchrocken
herzu, und verlangte, da ſie die Stubenthuͤre
verſchloſſen fand, ſo ungeſtuͤm hereingelaſſen
zu werden, daß er ihr endlich, obſchon mit
den Worten: Ach bleib draußen, Mutter! es
iſt des Elends bereits genug drinnen! auf-
machte. Jhr Entſetzen beim Anblick des Blu-
tes in der Stube, ihr noch groͤßeres bei Weg-
reißung der Decke, koͤnnen Gedanken nur muͤh-

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[489/0497] Jnnerſte ſeines Herzens. Er betete aufs fle- hendlichſte zu Gott, ihn mit Kraͤften auszuruͤ- ſten; und das Werkzeug des Toͤdtens entſank aus ſeiner Hand. Aber der Gedanke: Was opfere er denn eigentlich Gott, wenn er nicht auch ſein Leztes und Liebſtes ihm opfern wolle? gab ihm endlich Muth genug, Vaterherz und Menſchenſchwaͤche zu uͤberwinden, und der arme Knabe ſank mit zerſchmettertem Haupte zu Boden. — Ganz gelaſſen hob er nun alle drei Leichen von der Erd' empor, trug ſie auf ſein Bette, und zog die Decke uͤber ſolche. Allein das Geſchrei der Ungluͤcklichen war bis zur Mutter gedrungen; ſie lief erſchrocken herzu, und verlangte, da ſie die Stubenthuͤre verſchloſſen fand, ſo ungeſtuͤm hereingelaſſen zu werden, daß er ihr endlich, obſchon mit den Worten: Ach bleib draußen, Mutter! es iſt des Elends bereits genug drinnen! auf- machte. Jhr Entſetzen beim Anblick des Blu- tes in der Stube, ihr noch groͤßeres bei Weg- reißung der Decke, koͤnnen Gedanken nur muͤh- H h 5

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/497>, abgerufen am 23.11.2024.