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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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dem er nicht behagte; noch seltner eine Frau
oder ein Mädchen, der er nicht, wenigstens
heimlich, gefiel. Ließ sie ihre Gesinnung ihm
merken, so verstand er gegenseitig jeden Wink,
und nüzte denselben mit bereitwilligstemHerzen.

Auch jezt hieng er seiner gewöhnlichen Lau-
ne nach; brachte wohl ein Stündchen und
drüber unten im Schenkzimmer zu; unterhielt
sich mit dem Wirth, der sonst Kriegs-Dienste
gethan; unterhielt sich noch mehr mit der
Wirthin, einem jungen, fast bildschönen, aber
jezt hoch schwangerm Weibchen; bot sich ihr
zum Gevatter für ihren Erstling an; erkun-
digte sich scherzend nach der Aufführung ihres
Mannes, nach ihrer eignen Zufriedenheit mit
dem Ehstande; prophezeite ihr einen Sohn,
oder wohl gar zwei auf einmal; mit ei-
nem Worte, erlaubte sich mancherlei Kurz-
weil, die junge Weiber von diesem Stande
und um diese Zeit gern hören, wenn sie gleich
thun, als ob sie für Schaam nicht übers Bu-
sentuch wegblicken könnten.

dem er nicht behagte; noch ſeltner eine Frau
oder ein Maͤdchen, der er nicht, wenigſtens
heimlich, gefiel. Ließ ſie ihre Geſinnung ihm
merken, ſo verſtand er gegenſeitig jeden Wink,
und nuͤzte denſelben mit bereitwilligſtemHerzen.

Auch jezt hieng er ſeiner gewoͤhnlichen Lau-
ne nach; brachte wohl ein Stuͤndchen und
druͤber unten im Schenkzimmer zu; unterhielt
ſich mit dem Wirth, der ſonſt Kriegs-Dienſte
gethan; unterhielt ſich noch mehr mit der
Wirthin, einem jungen, faſt bildſchoͤnen, aber
jezt hoch ſchwangerm Weibchen; bot ſich ihr
zum Gevatter fuͤr ihren Erſtling an; erkun-
digte ſich ſcherzend nach der Auffuͤhrung ihres
Mannes, nach ihrer eignen Zufriedenheit mit
dem Ehſtande; prophezeite ihr einen Sohn,
oder wohl gar zwei auf einmal; mit ei-
nem Worte, erlaubte ſich mancherlei Kurz-
weil, die junge Weiber von dieſem Stande
und um dieſe Zeit gern hoͤren, wenn ſie gleich
thun, als ob ſie fuͤr Schaam nicht uͤbers Bu-
ſentuch wegblicken koͤnnten.

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[446/0454] dem er nicht behagte; noch ſeltner eine Frau oder ein Maͤdchen, der er nicht, wenigſtens heimlich, gefiel. Ließ ſie ihre Geſinnung ihm merken, ſo verſtand er gegenſeitig jeden Wink, und nuͤzte denſelben mit bereitwilligſtemHerzen. Auch jezt hieng er ſeiner gewoͤhnlichen Lau- ne nach; brachte wohl ein Stuͤndchen und druͤber unten im Schenkzimmer zu; unterhielt ſich mit dem Wirth, der ſonſt Kriegs-Dienſte gethan; unterhielt ſich noch mehr mit der Wirthin, einem jungen, faſt bildſchoͤnen, aber jezt hoch ſchwangerm Weibchen; bot ſich ihr zum Gevatter fuͤr ihren Erſtling an; erkun- digte ſich ſcherzend nach der Auffuͤhrung ihres Mannes, nach ihrer eignen Zufriedenheit mit dem Ehſtande; prophezeite ihr einen Sohn, oder wohl gar zwei auf einmal; mit ei- nem Worte, erlaubte ſich mancherlei Kurz- weil, die junge Weiber von dieſem Stande und um dieſe Zeit gern hoͤren, wenn ſie gleich thun, als ob ſie fuͤr Schaam nicht uͤbers Bu- ſentuch wegblicken koͤnnten.

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/454>, abgerufen am 23.11.2024.