Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

"Nun! rief der Kaufmann, so werd' ich
doch hoffentlich nie den Mann zu kennen ver-
lernen, dem ich Lebens-Rettung, und also
auch alles, was ich hier bin und besizze,
zu verdanken habe! Entsinnen Sie sich nicht
jenes Deserteurs, der einst in ihrer Behau-
sung vom Tode wieder erwachte; den Sie so
menschenfreundlich retteten; den Sie mit Klei-
dung und Geld beschenkten? Der -- der
bin ich!"

Junker staunte nicht wenig. Dieser Glücks-
wechsel schien ihm zu unglaublich groß. Doch
sein Wirth fuhr fort ihm zu erzälen: Wie
er sich mühseelig nach Hamburg, und auch
von da -- weil immer die Furcht der preußi-
schen Gerichte hinter ihm hergegangen -- bis
nach Amsterdam durchgeholfen habe; wie ihn
hier sein Rechnen und Schreiben, vielleicht
auch seine günstige Gesichtsbildung, in die
Dienste eines der reichsten Kaufleute gebracht;
wie er sich almälig das Wohlwollen seines
Herrn, die Kenntnis des Handels, einen ein-

„Nun! rief der Kaufmann, ſo werd' ich
doch hoffentlich nie den Mann zu kennen ver-
lernen, dem ich Lebens-Rettung, und alſo
auch alles, was ich hier bin und beſizze,
zu verdanken habe! Entſinnen Sie ſich nicht
jenes Deſerteurs, der einſt in ihrer Behau-
ſung vom Tode wieder erwachte; den Sie ſo
menſchenfreundlich retteten; den Sie mit Klei-
dung und Geld beſchenkten? Der — der
bin ich!“

Junker ſtaunte nicht wenig. Dieſer Gluͤcks-
wechſel ſchien ihm zu unglaublich groß. Doch
ſein Wirth fuhr fort ihm zu erzaͤlen: Wie
er ſich muͤhſeelig nach Hamburg, und auch
von da — weil immer die Furcht der preußi-
ſchen Gerichte hinter ihm hergegangen — bis
nach Amſterdam durchgeholfen habe; wie ihn
hier ſein Rechnen und Schreiben, vielleicht
auch ſeine guͤnſtige Geſichtsbildung, in die
Dienſte eines der reichſten Kaufleute gebracht;
wie er ſich almaͤlig das Wohlwollen ſeines
Herrn, die Kenntnis des Handels, einen ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0434" n="426"/>
          <p>&#x201E;Nun! rief der Kaufmann, &#x017F;o werd' ich<lb/>
doch hoffentlich nie den Mann zu kennen ver-<lb/>
lernen, dem ich Lebens-Rettung, und al&#x017F;o<lb/>
auch alles, was ich hier bin und be&#x017F;izze,<lb/>
zu verdanken habe! Ent&#x017F;innen Sie &#x017F;ich nicht<lb/>
jenes De&#x017F;erteurs, der ein&#x017F;t in ihrer Behau-<lb/>
&#x017F;ung vom Tode wieder erwachte; den Sie &#x017F;o<lb/>
men&#x017F;chenfreundlich retteten; den Sie mit Klei-<lb/>
dung und Geld be&#x017F;chenkten? Der &#x2014; der<lb/>
bin ich!&#x201C;</p><lb/>
          <p>Junker &#x017F;taunte nicht wenig. Die&#x017F;er Glu&#x0364;cks-<lb/>
wech&#x017F;el &#x017F;chien ihm zu unglaublich groß. Doch<lb/>
&#x017F;ein Wirth fuhr fort ihm zu erza&#x0364;len: Wie<lb/>
er &#x017F;ich mu&#x0364;h&#x017F;eelig nach Hamburg, und auch<lb/>
von da &#x2014; weil immer die Furcht der preußi-<lb/>
&#x017F;chen Gerichte hinter ihm hergegangen &#x2014; bis<lb/>
nach Am&#x017F;terdam durchgeholfen habe; wie ihn<lb/>
hier &#x017F;ein Rechnen und Schreiben, vielleicht<lb/>
auch &#x017F;eine gu&#x0364;n&#x017F;tige Ge&#x017F;ichtsbildung, in die<lb/>
Dien&#x017F;te eines der reich&#x017F;ten Kaufleute gebracht;<lb/>
wie er &#x017F;ich alma&#x0364;lig das Wohlwollen &#x017F;eines<lb/>
Herrn, die Kenntnis des Handels, einen ein-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0434] „Nun! rief der Kaufmann, ſo werd' ich doch hoffentlich nie den Mann zu kennen ver- lernen, dem ich Lebens-Rettung, und alſo auch alles, was ich hier bin und beſizze, zu verdanken habe! Entſinnen Sie ſich nicht jenes Deſerteurs, der einſt in ihrer Behau- ſung vom Tode wieder erwachte; den Sie ſo menſchenfreundlich retteten; den Sie mit Klei- dung und Geld beſchenkten? Der — der bin ich!“ Junker ſtaunte nicht wenig. Dieſer Gluͤcks- wechſel ſchien ihm zu unglaublich groß. Doch ſein Wirth fuhr fort ihm zu erzaͤlen: Wie er ſich muͤhſeelig nach Hamburg, und auch von da — weil immer die Furcht der preußi- ſchen Gerichte hinter ihm hergegangen — bis nach Amſterdam durchgeholfen habe; wie ihn hier ſein Rechnen und Schreiben, vielleicht auch ſeine guͤnſtige Geſichtsbildung, in die Dienſte eines der reichſten Kaufleute gebracht; wie er ſich almaͤlig das Wohlwollen ſeines Herrn, die Kenntnis des Handels, einen ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/434
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/434>, abgerufen am 17.05.2024.