Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

digen, verbarg sie schlau genug den erstern.
Unterm Vorwand, daß sie den Mörder ihres
Gemals nicht öffentlich begünstigen dürfe, ver-
sprach sie ihm in einem Garten, der dicht an
ein Nonnenkloster stieß, eine heimliche, nächt-
liche Zusammenkunft. Der freudetrunkne
Gasperino unterließ nicht sich einzufinden.
Auch Christine kam, doch -- von zwei Ban-
diten begleitet. Auf ein gegebnes Zeichen stürz-
ten beide über den Unglücklichen her. Verge-
bens wehrte er sich wie ein Löwe; von vielfa-
chen Wunden durchbort, sank er endlich zu
Boden. Da er sterbend noch einige laute,
tiefgeholte Seufzer ausstieß, stopfte Christine,
aus Furcht, man könne dies in der Nachbar-
schaft hören, ihr eignes weisses Schnupftuch
ihm in Mund; dann schleifte man seinen Leich-
nam in die andre Ecke des Gartens und warf
ihn in einen Brunnen.

Würklich hatten die Nonnen im Kloster ein
Degengeklirre gehört, und schickten des andern
Morgens nach dem bewußten Ort. Man fand

digen, verbarg ſie ſchlau genug den erſtern.
Unterm Vorwand, daß ſie den Moͤrder ihres
Gemals nicht oͤffentlich beguͤnſtigen duͤrfe, ver-
ſprach ſie ihm in einem Garten, der dicht an
ein Nonnenkloſter ſtieß, eine heimliche, naͤcht-
liche Zuſammenkunft. Der freudetrunkne
Gaſperino unterließ nicht ſich einzufinden.
Auch Chriſtine kam, doch — von zwei Ban-
diten begleitet. Auf ein gegebnes Zeichen ſtuͤrz-
ten beide uͤber den Ungluͤcklichen her. Verge-
bens wehrte er ſich wie ein Loͤwe; von vielfa-
chen Wunden durchbort, ſank er endlich zu
Boden. Da er ſterbend noch einige laute,
tiefgeholte Seufzer ausſtieß, ſtopfte Chriſtine,
aus Furcht, man koͤnne dies in der Nachbar-
ſchaft hoͤren, ihr eignes weiſſes Schnupftuch
ihm in Mund; dann ſchleifte man ſeinen Leich-
nam in die andre Ecke des Gartens und warf
ihn in einen Brunnen.

Wuͤrklich hatten die Nonnen im Kloſter ein
Degengeklirre gehoͤrt, und ſchickten des andern
Morgens nach dem bewußten Ort. Man fand

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="344"/>
digen, verbarg &#x017F;ie &#x017F;chlau genug den er&#x017F;tern.<lb/>
Unterm Vorwand, daß &#x017F;ie den Mo&#x0364;rder ihres<lb/>
Gemals nicht o&#x0364;ffentlich begu&#x0364;n&#x017F;tigen du&#x0364;rfe, ver-<lb/>
&#x017F;prach &#x017F;ie ihm in einem Garten, der dicht an<lb/>
ein Nonnenklo&#x017F;ter &#x017F;tieß, eine heimliche, na&#x0364;cht-<lb/>
liche Zu&#x017F;ammenkunft. Der freudetrunkne<lb/>
Ga&#x017F;perino unterließ nicht &#x017F;ich einzufinden.<lb/>
Auch Chri&#x017F;tine kam, doch &#x2014; von zwei Ban-<lb/>
diten begleitet. Auf ein gegebnes Zeichen &#x017F;tu&#x0364;rz-<lb/>
ten beide u&#x0364;ber den Unglu&#x0364;cklichen her. Verge-<lb/>
bens wehrte er &#x017F;ich wie ein Lo&#x0364;we; von vielfa-<lb/>
chen Wunden durchbort, &#x017F;ank er endlich zu<lb/>
Boden. Da er &#x017F;terbend noch einige laute,<lb/>
tiefgeholte Seufzer aus&#x017F;tieß, &#x017F;topfte Chri&#x017F;tine,<lb/>
aus Furcht, man ko&#x0364;nne dies in der Nachbar-<lb/>
&#x017F;chaft ho&#x0364;ren, ihr eignes wei&#x017F;&#x017F;es Schnupftuch<lb/>
ihm in Mund; dann &#x017F;chleifte man &#x017F;einen Leich-<lb/>
nam in die andre Ecke des Gartens und warf<lb/>
ihn in einen Brunnen.</p><lb/>
          <p>Wu&#x0364;rklich hatten die Nonnen im Klo&#x017F;ter ein<lb/>
Degengeklirre geho&#x0364;rt, und &#x017F;chickten des andern<lb/>
Morgens nach dem bewußten Ort. Man fand<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0352] digen, verbarg ſie ſchlau genug den erſtern. Unterm Vorwand, daß ſie den Moͤrder ihres Gemals nicht oͤffentlich beguͤnſtigen duͤrfe, ver- ſprach ſie ihm in einem Garten, der dicht an ein Nonnenkloſter ſtieß, eine heimliche, naͤcht- liche Zuſammenkunft. Der freudetrunkne Gaſperino unterließ nicht ſich einzufinden. Auch Chriſtine kam, doch — von zwei Ban- diten begleitet. Auf ein gegebnes Zeichen ſtuͤrz- ten beide uͤber den Ungluͤcklichen her. Verge- bens wehrte er ſich wie ein Loͤwe; von vielfa- chen Wunden durchbort, ſank er endlich zu Boden. Da er ſterbend noch einige laute, tiefgeholte Seufzer ausſtieß, ſtopfte Chriſtine, aus Furcht, man koͤnne dies in der Nachbar- ſchaft hoͤren, ihr eignes weiſſes Schnupftuch ihm in Mund; dann ſchleifte man ſeinen Leich- nam in die andre Ecke des Gartens und warf ihn in einen Brunnen. Wuͤrklich hatten die Nonnen im Kloſter ein Degengeklirre gehoͤrt, und ſchickten des andern Morgens nach dem bewußten Ort. Man fand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/352
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/352>, abgerufen am 18.05.2024.