fängnis dein Loos. Und zwar nicht einGefäng- nis, wie dieses; nicht eines, wo ich weiter dein Leiden lindern kann!" -- Nicht? Nicht? Selbst dieses Gemach hier --"-- "Erbat ich dir nur bis zu einem neuen Verhöre. Blos unter einer einzigen Bedingung behieltest du es für die übrige Zeit deines Lebens!" -- Also doch unter einer! und diese wäre? Sie schwei- gen? Sie zucken mit den Achseln? Ha! ich verstehe -- verstehe alles, was Sie aus schonender Milde mir nicht sagen, und auch nicht rathen wollen!" -- R. schwieg jezt ei- nige Minuten hindurch. Daß in seinem Jn- nersten mancherlei sich durchkreuze und empor- arbeite, sah man an seinen Gesichtszügen. Dennoch verriethen diese keineswegsWuth oder Verzweiflung, nur ein unstätes Nachsinnen, das jezt erwählte, jezt zweifelte, jezt wieder zu- rücknahm. -- "Wohlan, rief er endlich, mein Entschlus ist gefaßt. Nicht, als ob ich die Folter, die ich schon zweimal ertrug, nicht auch beim drittenmal für übersteiglich hielte;
U 4
faͤngnis dein Loos. Und zwar nicht einGefaͤng- nis, wie dieſes; nicht eines, wo ich weiter dein Leiden lindern kann!“ — Nicht? Nicht? Selbſt dieſes Gemach hier —“— „Erbat ich dir nur bis zu einem neuen Verhoͤre. Blos unter einer einzigen Bedingung behielteſt du es fuͤr die uͤbrige Zeit deines Lebens!“ — Alſo doch unter einer! und dieſe waͤre? Sie ſchwei- gen? Sie zucken mit den Achſeln? Ha! ich verſtehe — verſtehe alles, was Sie aus ſchonender Milde mir nicht ſagen, und auch nicht rathen wollen!“ — R. ſchwieg jezt ei- nige Minuten hindurch. Daß in ſeinem Jn- nerſten mancherlei ſich durchkreuze und empor- arbeite, ſah man an ſeinen Geſichtszuͤgen. Dennoch verriethen dieſe keineswegsWuth oder Verzweiflung, nur ein unſtaͤtes Nachſinnen, das jezt erwaͤhlte, jezt zweifelte, jezt wieder zu- ruͤcknahm. — „Wohlan, rief er endlich, mein Entſchlus iſt gefaßt. Nicht, als ob ich die Folter, die ich ſchon zweimal ertrug, nicht auch beim drittenmal fuͤr uͤberſteiglich hielte;
U 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0319"n="311"/>
faͤngnis dein Loos. Und zwar nicht einGefaͤng-<lb/>
nis, wie dieſes; nicht eines, wo ich weiter<lb/>
dein Leiden lindern kann!“— Nicht? Nicht?<lb/>
Selbſt dieſes Gemach hier —“—„Erbat<lb/>
ich dir nur bis zu einem neuen Verhoͤre. Blos<lb/>
unter einer einzigen Bedingung behielteſt du<lb/>
es fuͤr die uͤbrige Zeit deines Lebens!“— Alſo<lb/>
doch unter einer! und dieſe waͤre? Sie ſchwei-<lb/>
gen? Sie zucken mit den Achſeln? Ha! ich<lb/>
verſtehe — verſtehe alles, was Sie aus<lb/>ſchonender Milde mir nicht ſagen, und auch<lb/>
nicht rathen wollen!“— R. ſchwieg jezt ei-<lb/>
nige Minuten hindurch. Daß in ſeinem Jn-<lb/>
nerſten mancherlei ſich durchkreuze und empor-<lb/>
arbeite, ſah man an ſeinen Geſichtszuͤgen.<lb/>
Dennoch verriethen dieſe keineswegsWuth oder<lb/>
Verzweiflung, nur ein unſtaͤtes Nachſinnen,<lb/>
das jezt erwaͤhlte, jezt zweifelte, jezt wieder zu-<lb/>
ruͤcknahm. —„Wohlan, rief er endlich, mein<lb/>
Entſchlus iſt gefaßt. Nicht, als ob ich die<lb/>
Folter, die ich ſchon zweimal ertrug, nicht<lb/>
auch beim drittenmal fuͤr uͤberſteiglich hielte;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 4</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[311/0319]
faͤngnis dein Loos. Und zwar nicht einGefaͤng-
nis, wie dieſes; nicht eines, wo ich weiter
dein Leiden lindern kann!“ — Nicht? Nicht?
Selbſt dieſes Gemach hier —“— „Erbat
ich dir nur bis zu einem neuen Verhoͤre. Blos
unter einer einzigen Bedingung behielteſt du
es fuͤr die uͤbrige Zeit deines Lebens!“ — Alſo
doch unter einer! und dieſe waͤre? Sie ſchwei-
gen? Sie zucken mit den Achſeln? Ha! ich
verſtehe — verſtehe alles, was Sie aus
ſchonender Milde mir nicht ſagen, und auch
nicht rathen wollen!“ — R. ſchwieg jezt ei-
nige Minuten hindurch. Daß in ſeinem Jn-
nerſten mancherlei ſich durchkreuze und empor-
arbeite, ſah man an ſeinen Geſichtszuͤgen.
Dennoch verriethen dieſe keineswegsWuth oder
Verzweiflung, nur ein unſtaͤtes Nachſinnen,
das jezt erwaͤhlte, jezt zweifelte, jezt wieder zu-
ruͤcknahm. — „Wohlan, rief er endlich, mein
Entſchlus iſt gefaßt. Nicht, als ob ich die
Folter, die ich ſchon zweimal ertrug, nicht
auch beim drittenmal fuͤr uͤberſteiglich hielte;
U 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/319>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.